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Foto: vege / Fotolia.com
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Der Wirtschaftsnobelpreis ging in diesem Jahr an zwei Wirtschaftswissenschaftler, welche sich um das Thema der Vertragstheorie verdient gemacht haben. Als ich dies gelesen habe, musste ich erst einmal tief Luft holen. Zwei Wirtschaftswissenschaftler erhalten einen der höchst angesehensten Preise der Wissenschaften in einer Domäne, welche von Juristen weltweit beansprucht wird. Ist dies der Untergang des Abendlandes? Nein, denn alles was hilft etwas zu verbessern, ist willkommen.

Die Forschungsarbeit der beiden Preisträger beschäftigt sich mit der einfachen Frage, wie muss ein Vertrag formuliert werden, damit alle Beteiligten sich gerecht behandelt fühlen. Wenn es dies geben würde, wären wir ein großes Stück weiter. Aber, obwohl mein Ausbilder bei der Staatsanwaltschaft immer behauptet hat, dass es das „perfekte Verbrechen“ nicht gibt, wird es wohl auch in Zukunft eine Menge Streit über „perfekte“ Verträge geben, denn was „gerecht“ ist, wird in vielen Fällen vom subjektiven Empfinden definiert.

Jeder, der sich in Thailand rechtlich bindet – und sei es nur durch einen Mietvertrag – sollte sich im Klaren sein, dass eine zivilrechtliche Streitigkeit viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen kann. Vielen Ausländern ist nicht bekannt, dass das thailändische Recht kein Mahnbescheidsverfahren kennt, d.h., ein einfaches Verfahren, um an einen vollstreckbaren Titel zu kommen, ohne ein Klageverfahren durchführen zu müssen. Thailand kennt zwar das Gericht für geringfügige Forderungen (bis 300.000 Baht Streitwert), man ist dennoch an die Vorschriften der Zivilprozessordnung gebunden. Viele ausländische Mandanten müssen dann eine Abwägung treffen, ob man die Kosten zum Schaden ins Verhältnis setzen kann, weshalb nach unserer Einschätzung viele Verfahren nicht rechtshängig gemacht werden, da es den Einsatz nicht rechtfertigt.

Schlichtungs- statt Gerichtsverfahren

Dies gilt insbesondere in den ganzen „kleinen“ Darlehensgeschäften mit wenigen tausend Euro. Deshalb nur Geld gegen verwertbare Sicherheiten verleihen. Doch es gibt immer Fälle, in denen es anders kommt als man denkt und um die Gerichte zu entlasten, hat man 2008 ein obligatorisches Schlichtungsverfahren dem eigentlichen Hauptverfahren vorangestellt. Der Terminus „Schlichtung“ wird auch manchmal durch „Mediation“ ersetzt – im Ergebnis aber das gleiche. Bei diesem Verfahren handelt es sich im ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mit Hilfe eines Schlichters eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben. Im Unterscheid zu einem Gerichtsverfahren wird das Schlichtungsverfahren von einer unabhängigen und neutralen Person geleitet, die keine Entscheidungsbefugnis besitzt. Ambitioniertes Ziel der Schlichtung ist es eine Lösung für die Parteien zu erarbeiten, wobei der Vorteil hier ist, dass die Interessen der Parteien im Vordergrund stehen. Durch das systematische Bearbeiten der hinter den rechtlichen Positionen stehenden Interessen wird zugleich der Konflikt geklärt und auf diese Weise nachhaltig bereinigt.

Ein weiterer Vorteil einer Einigung im Schlichtungsverfahren sind die Kosten. Wenn der Kläger als Verbraucher zu qualifizieren ist, fallen keine Gerichtsgebühren an. In allen anderen Verfahren betragen die Gerichtsgebühren 2,00 Prozent vom Streitwert, maximal jedoch 200.000 Baht. Wird ein Verfahren durch Schlichtung erledigt, bekommt man bis zu 90,00 Prozent der Gerichtsgebühren zurückerstattet. Obwohl durch eine erfolgreiche Schlichtung im Regelfall ein besseres Verhältnis zwischen den Parteien entsteht, ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Vereinbarung eingehalten wird, auf welche man sich geeinigt hat. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass man die Vereinbarung im gerichtlichen Verfahren protokolliert, um so einen vollstreckbaren Titel zu bekommen, um im Zweifel dann doch seine Forderung vollstrecken zu können.

Aber wie so vieles im Leben ist leider nicht alles Gold was glänzt und wir hatten leider auch schon Schlichtungsverfahren erlebt, welche nur Zeit gekostet haben, aber keiner Seite auch nur ansatzweise etwas gebracht haben. Ein erfolgreiches Schlichtungsverfahren hängt zu großen Teilen von einem geübten Schlichter ab. Dieser muss im Regelfall einen mehr oder weniger komplizierten Sachverhalt sowie die Standpunkte der Parteien in kurzer Zeit verstehen und auf diese einwirken können. Bei dem Schlichtungsverfahren handelt es sich nicht um eine Rechtsberatung – dies wird durch die jeweiligen Anwälte übernommen. Es gab aber schon Fälle in der Vergangenheit, in welchen die Schlichter über das Ziel geschossen sind und plötzlich einen juristischen Vortrag über den Sachverhalt vorgenommen haben, was zwar nicht sachdienlich ist, aber wenn der Vortrag dann schlichtweg falsch ist, dann kommen einem schon Bedenken, ob dies alles zielführend ist. Dann gibt es eigentlich nur noch die Möglichkeit, die Schlichtung für gescheitert zu erklären und warten, bis der Richter die Termine für die Beweisaufnahme festlegt.

Eine letzte Alternative zum klassischen Verfahren ist die Anrufung eines Schiedsgerichts. Dies ist aufgrund der hohen Kosten jedoch nur etwas für einen ganz ausgewählten Kreis mit sehr hohen Streitwerten. Die Verfechter der Schiedsgerichtsbarkeit führen zwar immer die kurze Verfahrensdauer an, vergessen jedoch dann zu erwähnen, dass das Schiedsgerichtsurteil von einem ordentlichen Gericht anerkannt werden muss, um zu einer vollstreckbaren Urkunde zu führen. Dieser Anerkennungsprozess kann die gewonnene Zeit jedoch in einigen Fällen wieder aushebeln. Egal, für welches Verfahren man sich entscheidet, allen sind Kosten und Zeit gemeinsam und deshalb sollte man die Zeit zu Beginn nutzen, bevor man sich rechtlich bindet.


Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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