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Foto: vege / Fotolia.com
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Einige ausländische Mieter in Thailand haben nach der Erkenntnis, dass die maximale gesetzliche Mietvertragsdauer zu Wohnungszwecken nur 30 Jahre beträgt, die Parole für sich ausgegeben, „das ist nur die halbe Miete“ und kurzerhand über rechtliche Konstruktionen 90 Jahre daraus gemacht. Dieser Einführungssatz lehrt uns zwei Dinge. Erstens, die Redewendung „das ist nur die halbe Miete“ stammt ausweislich des etymologischen Wörterbuchs der deutschen Sprache aus den Sprachgewohnheiten der Skatspieler und meint zunächst „die Hälfte der zum Spielgewinn nötigen Punkte bringen“ (von einem Stich mit 31 Augen) und zweitens, wo 30 Jahre drauf steht sind auch 30 Jahre drin.

Der Mietvertrag ist für hier lebende Ausländer ein wichtiges Rechtsinstitut, da man sich in manchen Fällen eine thailändische Firma zum Landerwerb nicht leisten will oder andere Bedenken hat. Es ist hinlänglich bekannt, dass ein Mietvertrag, welcher eine Laufzeit von drei Jahren überschreitet auf dem Grundbuchamt gegen Gebühren zu registrieren ist, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Vermieter den Mietvertrag nach drei Jahren kündigt. Die maximale Laufzeit eines Mietvertrages bei Immobilien zu Wohnzwecken ist 30 Jahre. Dies ist erst einmal eine ziemlich lange Dauer, aber einigen reicht dies nicht. Es gibt zwar regelmäßig Anstrengungen diverser Lobbyvereinigungen, diese maximale Frist auf bis zu 90 Jahre anzuheben, aber im Moment – und wohl auch noch für eine ganze Weile – sind es 30 Jahre.

In manchen Fällen liest man in Werbeanzeigen, dass eine Mietzeit von 90 Jahren garantiert wird. Wie soll das gehen und wo ist der Haken? In der Praxis werden dem Mieter drei Mietverträge von jeweils 30 Jahren mit identischem Inhalt vorgelegt. Nur die versprochene Laufzeit ist gestückelt auf jeweils 30 Jahre, d.h. 2015 – 2045, 2045 – 2075 und der letzte bis 2105. Da der Inhalt identisch ist, muss zwar bei Beginn der zweiten Laufzeit der Vertrag neu auf dem Grundbuchamt registriert werden, aber es erfolgt keine weitere Mietzinszahlung. Doch hier beginnen die Probleme. Die Registrierung des zweiten Mietvertrages ohne weitere Mietzinszahlungen kann nur erfolgen, wenn der Eigentümer noch der gleiche ist wie zu Beginn des ersten Mietvertrages. Und wenn man einen loyalen Vermieter als Vertragspartner hat, dürfte dies auch kein Problem sein, wenn nun nicht das Gericht in Phuket diese Verträge zu Jahresbeginn als nichtig erklärt hat. Die Nichtigkeit wird wie Folgt begründet: Die Absicht der Parteien, einen Mietvertrag mit zwei solchen Optionen zu schaffen um auf 90 Jahre zu kommen, entspricht nicht mehr der Absicht zum Abschluss eines Mietvertrages. Es soll vielmehr „faktisches Eigentum“ geschaffen werden. Da somit also die Mietvertragsvorschriften verwendet werden, um quasi Eigentum zu schaffen, wurde dies von den Richtern als Umgehensgeschäft betrachtet und die Rechtsfolge eines Umgehensgeschäftes ist die Nichtigkeit desselben. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Optionen auf Vertragsverlängerung bzw. -erneuerung sind nicht verwerflich und auch nicht angreifbar, wenn diese richtig formuliert sind. In diesem Fall hätte man die Wortwahl dahingehend ergreifen sollen, dass man eine Option auf nochmalige 30 Jahre hat und wenn man nach Ablauf der ersten 30 Jahre noch Interesse hat, sich gemeinsam unterhält, zu welchen Konditionen der neue Mietvertrag abgeschlossen wird. Die Vereinbarung einer mietzinslosen Zahlung war schichtweg falsch und in diesem Fall auch das Verhängnis.

Die wenigen Auserwählten, welche die ersten 30 Jahre erleben und die zweite Laufzeit antreten dürfen, stellen sich dann die Frage nach der Vererbbarkeit des Mietvertrages. Dabei muss wie Folgt unterschieden werden: Sollte der Landeigentümer versterben, erlöscht dadurch nicht der regis­trierte Mietvertrag und bleibt wirksam im Verhältnis zwischen den Erben des Landeigentümers und dem Mieter. Dies regelt §569 CCC. Dort ist ausdrücklich normiert, dass eine Übertragung des Eigentums – hier erfolgt der Eigentumsübertrag im Wege der Erbfolge – keine Auswirkungen auf den Mietvertrag hat. Sollte der Landeigentümer sterben, so treten dessen Erben lediglich in die Stellung der tatsächlichen Ansprüche aus den Eigentums- und Mietrechten. Weitergehende vertragliche Ansprüche, welche von dem ursprünglichen Eigentümer und Mieter vereinbart wurden, werden juristisch als vertragliche Ansprüche beurteilt und sind nicht vererbbar. Darunter fällt auch die Option auf eine weitere Verlängerung von 30 Jahren. Diese Option erlischt mit dem Tod des Eigentümers. Tod des Mieters: Dieser Punkt ist im Regelfall problematischer in Bezug auf die Ansprüche der Erben. Aber auch dies ist in Ihrem Sinne regelbar, wenn man neben der Gesetzesgrundlage die Rechtsprechung des „Supreme Court“ (der thailändische Bundesgerichtshof) kennt. Sie finden viele Artikel im Internet, welche nur die gesetzliche Grundlage darstellen. Diese lautet wie Folgt: Die Erben eines Mieters treten nicht automatisch die Erbfolge bzgl. des Mietvertrages an. Die rechtliche Begründung hierfür lautet: Da Mietverträge in dem Zivilgesetzbuch unter der Rubrik „Verträge“ geregelt sind, handelt es sich um ein persönliches Recht (welches nicht vererbbar ist) und nicht um ein Vermögensgegenstand (welcher vererbbar ist).

Der „Supreme Court“ hat vor Jahren seine ursprüngliche Haltung aufgegeben und die Vererbbarkeit eines registrierten Mietvertrages ermöglicht unter den folgenden Voraussetzungen: Wenn im Mietvertrag nachgewiesen wird, dass der Mieter ein erhebliches Investment geleis­tet hat (bspw. Hausbau) und dadurch den Wert des Grundstücks erheblich erhöht hat, welches am Ende der Mietzeit dem Landeigentümer zugutekommt, so erlöscht der Mietvertrag NICHT beim Tod des Mieters und ist vererbbar. Sollten Sie den Mietvertrag vererben, gibt es aber auch noch einen ganz einfachen praktischen Tipp: Sie und Ihr Erbe werden zum Zeitpunkt beide schon als Mieter registriert. Durch Ihren Tod erlischt der Mietvertrag nicht, da der Erbe (in diesem Fall der Mieter 2) noch lebt. Je nachdem, wie das Grundstück im Flächennutzungsplan gewidmet ist, besteht auch die Möglichkeit, ein sog. Oberflächennutzungsrecht zu registrieren. Die Grundbuchämter sind dabei aber ein wenig restriktiv, da dies eigentlich für landwirtschaftliche Flächen reserviert ist. Ein Oberflächennutzungsrecht ist rechtlich aber ein Vermögensgegenstand, welcher problemlos vererbt werden kann.

Über den Autor dieser Kolumne

Der deutsche Rechtsanwalt Markus Klemm, zugelassen am Landgericht Stuttgart, schreibt die FARANG-Rechtsberatungs-Kolumne. Zusammen mit Amnat Thiengtham ist er gleichberechtigter Geschäftsführer der Kanzlei Asia LawWorks an der Thepprasit Road in Pattaya, welche auf der Anwaltsliste der deutschen Botschaft aufgeführt ist. Immer wieder geraten Residenten in Streitangelegenheiten mit rechtlichen Folgen. DER FARANG möchte mit dieser Kolumne aufklären, um das Leben in Thailand leichter zu gestalten. Die Law Lounge-Kolumne ersetzt jedoch keine persönliche Beratung. Ebenfalls erfolgt keine Rechtsberatung per Telefon!

Rechtsanwalt Klemm kann per E-Mail: talk2us@asialawworks.com oder telefonisch unter +66 38 411 591 kontaktiert werden.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Detlef Seeland 12.09.16 12:46
Angewendetes Recht
Sehr guter Artikel der die neunmal Klugen, die der Meinung sind alle Rechtvorschriften dieser Welt gelten nur für die anderen, vor folgenschweren Fehlern bewahrt. Im übrigen - und das ist Schadenfreude pur - gut zu sehen das die thailändischen Kollegen der Fakultät "stud iur" ebenfalls mit den Folterinstrumenten der Auslegung gequält werden.