«Ku'damm 59» als ZDF-Dreiteiler ab 18. März

In Frau Schöllacks Tanzschule

Foto: dpa/Gregor Fischer
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BERLIN (dpa) - Der erste Teil war ein Publikumserfolg, jetzt besucht das ZDF wieder die Tanzschule Schöllack im alten West-Berlin: «Ku'damm 59» ist die Familienstory zur #MeToo-Debatte.

Unverheiratete Frauen werden Fräulein genannt, Führerschein ist Männersache und das Fernsehen schwarz-weiß: In «Ku'damm 59» steigt die alte Bundesrepublik wieder aus der Versenkung. Nach dem Erfolg von «Ku'damm 56» kehrt das ZDF in die Tanzschule «Galant» auf den Kurfürstendamm zurück. Wir begegnen ihnen nochmal: der strengen Frau Schöllack, ihrer widerspenstigen Tochter Monika mit den Schwestern Helga und Eva, Rocker Freddy Donath und Professor Fassbender - alle etwas älter, einige noch fieser.

Am Sonntag, Montag und Mittwoch, (18. 19. und 21. März) jeweils um 20.15 Uhr blickt das Zweite damit wieder in pastellfarbenen Bildern auf das alte West-Berlin. Was sich in «Ku'damm 56» andeutete, wird in «Ku'damm 59» zur Gewissheit.

Monika Schöllack (Sonja Gerhardt) bringt eine Tochter zur Welt, nachdem sie vom Fabrikantensohn Joachim Frank (Sabin Tambrea) vergewaltigt wurde. Weil sie ein «Schandfleck» für die Familie sei, hat ihr Mutter Caterina (Claudia Michelsen) Hausverbot erteilt. Mit Tochter Helga (Maria Ehrich) heckt sie den Plan aus, der ledigen Monika das Sorgerecht für das Kind zu entziehen. Als Ersatzmutter will Helga eine glückliche Ehe mit ihrem verkappt schwulen Ehemann Wolfgang (August Wittgenstein) vortäuschen.

Derweil trifft Caterina Schöllack auf den leicht übergriffigen Moderator und einstigen NS-Regisseur Kurt Moser (Ulrich Noethen), der in ihrer Tanzschule eine TV-Show aufzeichnet - und nebenbei Monika als Rock'n-Roll-Talent und Schauspielerin entdeckt. Und Eva Schöllack (Emilia Schüle)? Ihr Mann, der deutlich ältere Professor Jürgen Fassbender (Heino Ferch), driftet vom Eifersuchtsanfall bis zur häuslichen Gewalt an den Abgrund.

Auch im neuen Dreiteiler hat Drehbuchautorin Annette Hess («Weissensee») ein Sittengemälde der biederen Republik Deutschland gezeichnet. Aber die einst wie in Zement gegossenen Sitten und Zwänge beginnen sich nun aufzuweichen. Monika gelingt es, dass sich ihr Jugendschwarm und Bandpartner Freddy (Trystan Pütter) zur Vaterschaft der Tochter bekennt (sie wird es zeitweilig bereuen), Helgas Mann bekennt sich zu seiner Homosexualität und Helga kann doch den Führerschein machen. Das wird sie allerdings teuer zu stehen kommen.

Die Produzenten Benjamin Benedict und Nico Hofmann («Unsere Mütter, unsere Väter») haben an diesem Dreiteiler nicht gespart. Blank geputzte Limousinen und Cabrios fahren vor, hinter den Mauern der Grunewald-Villen erleben wir eine exquisite Möbelschau, vom Petticoat bis zum Zweireiher sitzen die Kostüme wie angegossen. Und der Ku'damm Anno 1959 mit der Gedächtniskirche im Hintergrund glänzt im Regen geradezu hinreißend.

Tapfer kämpft sich «Ku'damm 59» gegen den Erzähltakt durch, der aus Serien von Streaming-Diensten wie Netflix bekannt ist. Statt mit schnellen Schnitten, einem stringenten Plot und überraschenden Wendungen fließt «Ku'damm 59» wie die Spree gemächlich dahin. Die Episoden aus dem Leben der Protagonisten werden zu einem großen Panorama aneinandergereiht, die Übergänge erscheinen zuweilen etwas holprig.

Doch klar ist von Beginn an, wer das Geschehen voranbringt. Es sind die Frauen, die im Kleinen die Modernisierung der Republik beschleunigen und sich allmählich vom Mief und dem Griff der im Krieg gestählten - und beschädigten - Männer befreien. Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben treibt auch die Schöllack-Schwestern an. Das Mantra von Mutti Caterina, der Mann werde es schon richten, will der Töchter-Generation nicht mehr einleuchten.

So ist «Ku'damm 59» vor allem ein Schauspielereignis. Claudia Michelsen als penetrant-herrische (und dann doch eines besseren belehrte) Tanzschulen-Domina, Sonja Gerhardt in der Rolle der rebellisch-zweifelnden Monika und all die verdutzten Männer, die manchmal nur brachial auf die neue Zeit reagieren - erst sie geben «Ku'damm 59» die Glaubwürdigkeit und Tiefe, die der Story zuweilen abhanden kommt.

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