Klare Worte in Richtung Türkei

Foto: epa/Turkish President Press Office
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BERLIN (dpa) - Ist Angriff letztlich die beste Verteidigung? Wie reagiert man darauf, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan der Kanzlerin Nazi-Methoden vorhält?

ARD-Talkmasterin Anne Will verlangte von ihren Gästen am Sonntagabend immer wieder klare Ansagen, wenn es um ein mögliches Auftrittsverbot für türkische Politiker in Deutschland ging. Sollte man es den Niederlanden gleich tun? In der Runde war man sich einig: deutliche Worte ja, strikte Verbote nein. Zum dritten Mal in Folge diskutierte Will über die Türkei, viele hätten in der Sendung an diesem Abend wohl eher Merkels Treffen mit Trump oder die Kür von Martin Schulz zum SPD-Chef als Thema vermutet.

«Ich möchte diese Leute hier nicht sehen, aber meine Vernunft ist stärker», sagte der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker. Die Frage sei eher, wie man die türkische Opposition in Deutschland stärken könne. Es dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte gleich zu tun, der dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Landeerlaubnis in den Niederlanden entzogen hatte, hält er für falsch - und unnötig: «Wir sind ein freies Land, wir ertragen doch sowas.»

Auch Norbert Röttgen (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, plädierte lediglich für «klare» Worte in Richtung Türkei. Schließlich sei das Nato-Land noch immer ein wichtiger Partner im Nahen Osten, der «in Flammen» stehe.

Das Diskussionsthema am Sonntag nach den Wahlen in den Niederlanden: «Klare Kante statt leiser Töne - Bekämpft man so die Populisten?» - oder anders gefragt: Zwingen Populisten wie Geert Wilders und Erdogan Europas Politiker zu anderen Mitteln? Mit eindeutigem Vorsprung hatte die rechtsliberale Partei des amtierenden niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte bei den Parlamentswahlen am vergangenen Mittwoch vor der des Rechtspopulisten Geert Wilders gesiegt.

Solche Verbote nun auch für Deutschland zu diskutieren, sei eine «Scheindebatte», sagte Ska Keller, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Europäischen Parlament. Man müsse die Opposition in der Türkei stärken - mehr als 50 Prozent seien gegen das Referendum. «Ein echter Hebel» gegen Erdogan sei es, die Zollunion nicht zu erweitern, die Rüstungsexporte einzustellen oder keine Wirtschaftshilfen zu leisten.

Der «Welt»-Journalist Dirk Schümer sah die Sache nicht ganz so streng: Wenn solche Auftritte wirklich die öffentliche Ordnung gefährden würden, «dann kann man auch mal sagen - nö». Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz warnte davor, Öl ins Feuer zu gießen. Es spreche nicht für «politsche Klugheit», über Dinge zu reden, die vielleicht gar nicht einträten.

Eine ganz klare Ansage machte dann noch Norbert Röttgen: Er drohte mit dem Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen, sollte das Land ein Präsidialsystem einführen. Die Türken müssten vor dem Referendum über eine Verfassungsreform zugunsten Erdogans wissen, dass sie auch über das Verhältnis der Türkei zur Europäischen Union abstimmen.

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