Kims Cheerleader der Blickfang bei Olympia-Auftakt

Foto: epa/Javier Etxezarreta
Foto: epa/Javier Etxezarreta

PYEONGCHANG (dpa) - Sportlich geht der Olympia-Auftakt für die gesamtkoreanische Eishockey-Mannschaft der Frauen daneben. Denkwürdig war ihr Match gegen die Schweiz dennoch. Dafür sorgen auch etwa 200 Cheerleader aus Nordkorea und hoher Besuch aus Pjöngjang.

Das als historisch angekündigte Match fand auf dem Eis des Kwandong Hockey Centres statt. Doch auf den Rängen stahl die «Truppe der Schönen» und höchster, zuvor nie gesehener Besuch den süd- und nordkoreanischen Eishockey-Spielerinnen die Schau. Für Stimmung beim ersten Spiel des gemeinsamen Olympia-Teams gegen die Schweiz sorgte die Jubelgruppe junger Frauen aus Nordkorea mit ihren minuziös einstudierten Gesängen, Anfeuerungsrufen und Bewegungen.

Neben der Ehrentribüne drängelten sich Südkoreaner, um mit ihren Handys die einflussreiche Schwester von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu fotografieren. Die 30-jährige Kim Yo Jong und das 90 Jahre alte protokollarische Staatsoberhaupt Kim Yong Nam saßen neben IOC-Präsident Thomas Bach. Beide unterstrichen wie der ebenfalls gekommene südkoreanische Präsident Moon Jae In mit ihrem Besuch die Bedeutung der Partie und nährten die Hoffnung auf eine Annäherung.

Dass die erste gesamtkoreanische Olympia-Mannschaft in einer Sportart am Samstag mit 0:8 (0:3, 0:3, 0:2) unterging, tat der Stimmung auf den Rängen keinen großen Abbruch. Nicht nur die Südkoreaner feuerten das kurzfristig für die Winterspiele in Pyeongchang zusammengestellte Team Korea immer wieder lautstark an.

Auch die Besucherinnen aus Nordkorea - Frauen von Anfang oder Mitte 20 - sangen als Kontrast zum übrigen Unterhaltungsprogramm mit amerikanischem Flair und südkoreanischem Rap bis zum Schluss ihre Lieder. «Wir sind eins!», riefen sie nach dem Match in der mit 3600 Zuschauern überraschend nicht ausverkauften Halle und winkten immer wieder mit einer kleinen Vereinigungsflagge. Diese zeigt die koreanische Halbinsel in blau auf weißem Hintergrund.

Die Nordkoreanerinnen, die in vier Blöcken verteilt saßen, trugen einheitlich rote Sportkleidung und rot-weiße Mützen. An beiden Seiten saßen ernste, schweigsame männliche Betreuer in rot-weißen Mänteln. Als das Spektakel auf und neben dem Eis vorbei war, verließen die Frauen lächelnd hinter ihren Aufpassern wieder die Halle.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un schickte die Cheerleader kurz vor Beginn der Spiele nach Südkorea, wo sich ähnliche Anfeuerungsgruppen aus dem Norden schon bei früheren Großveranstaltungen der Aufmerksamkeit der Medien sicher sein konnten. Auch beim parallel stattfindenden Shorttrack jubelten Nordkoreanerinnen am Samstagabend Läufern aus Nord und Süd zu.

Die Entsendung der Fangruppe, eines großen Orchesters und eines Taekwondo-Showteams gilt als Geste der isolierten kommunistischen Regierung in Nordkorea, die seit Anfang des Jahres betriebene Annäherung an Südkorea fortsetzen zu wollen. Kritiker sehen darin aber auch den Versuch Pjöngjangs, die Olympia-Zusammenarbeit mit Südkorea zu Propagandazwecken ausnutzen zu wollen.

Am Ende des Spiels sprachen Bach und die Ehrengäste den eher betrübt wirkenden 23 Spielerinnen aus beiden Teilen der Halbinsel von der Bank aus minutenlang Mut zu. Moon habe ihnen gesagt, dass sie gut gekämpft hätten, sagte ein Sprecher des Organisationskomitees. «Sie haben alles gegeben, und morgen werden Sie die volle Bedeutung von allem hier verstehen», wurde der Präsident zitiert. Viele Spielerinnen verneigten sich, auch vor Kims Schwester.

Dabei waren nicht alle Südkoreaner glücklich mit der Fusion, weil auch bisher gesetzte Spielerinnen ihren Platz im Stammkader verloren. Trainerin Sarah Murray fürchtete zunächst auch Probleme, bezeichnet die Stimmung intern inzwischen aber als «fantastisch». Sportlich ist Koreas Eishockey-Team krasser Außenseiter. «Wir sind an unseren Nerven gescheitert», räumte Murray auch angesichts der historisch aufgeladenen Bedeutung der Partie ein.

Am Montag geht es weiter gegen starke Schwedinnen. Trainerin Murray sieht die Chance, etwas gutzumachen: «Das passiert nicht noch mal, und wir freuen uns auf das Spiel», sagte sie trotz des herben 0:8. Dann wird auch wieder die Jubelgruppe aus dem Norden dabei sein.

Die Enttäuschung der Fans war eh nicht groß. «Kämpft weiter», rief der Südkoreaner Yoo Jin Hoo wie viele andere den Spielerinnen zu. Yoo kam mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern aus der Nachbarprovinz Gyeonggi, um Zeuge des Spektakels zu sein. «Unser Team mag zwar verlieren, doch freuen wir uns über die Atmosphäre. Ich denke, das ist eine Inspiration für die Wiedervereinigung», sagte Yoo.

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