Keine Demo ohne standesgemäße Accessoires

Von der Trillerpfeife bis zum Designer-Protesthemd ist alles zu haben

Wohlhabend und patriotisch. Ohne ein Accessoire in Nationalfarben geht in Bangkok niemand auf die Demo. Fotos: epa
Wohlhabend und patriotisch. Ohne ein Accessoire in Nationalfarben geht in Bangkok niemand auf die Demo. Fotos: epa

Auf den ersten Blick betrachtet unterscheiden sich die auf den Demonstrationen des Democratic Reform Committee (PDRC) erhältlichen Accessoires kaum vom Angebot bei den politischen Unruhen der Rothemden in 2010. Schaut man jedoch genauer hin fällt auf, dass die gegenwärtigen Protest-Souvenirs für ein zahlungskräftigeres Publikum zugeschnitten sind, das über tiefere Taschen verfügt als die Rothemden.

Das Angebot beginnt im unteren Preisgefüge mit armygrünen T-Shirts mit dem Aufdruck „We're People of the King“ für 120 Baht, erhältlich an Marktständen nahe der Ratchaprasong-Kreuzung. Doch auch Revolutionäre wissen genau: wer richtig schick sein will, kauft seine Designer-Protest-Accessoires im teuren Siam Center.

Mit Designer-T-Shirt auf die Demo

Für 3.200 Baht gibt’s dort ein cooles T-Shirt mit langen Ärmeln, das Mode, Reichtum und Patriotismus vereint. Designt vom trendigen thailändischen Modelabel Ab-Normal, setzt sich das fesche Shirt aus verschiedenen Stoffen zusammen, angelehnt an die thailändische Staatsflagge, erklärt ein Verkäufer.

Wem Designer-Shirts nicht ausreichen, um sich von der Masse wohlhabender Patrioten abzusetzen, dem wird in der Herrenabteilung des Einkaufszentrums Siam Paragon weitergeholfen, wo es für etwas über 3.000 Baht einen Swarovski-Ring mit klitzekleinen Kristallen gibt, die ebenfalls in den Nationalfarben rot-weiß-blau gehalten sind. Die Luxus-Mall, die den Beinamen „The Pride of Bangkok“ trägt, schließt seit Beginn der Massenproteste täglich zwei Stunden früher, nachdem der Mob, der an der nahegelegenen Pathum-Wan-Kreuzung demonstriert, das Einkaufszentrum als sein Hauptquartier betrachtet. „Der Ring sei eine lohnende Investition“, erklärt der Verkäufer, „schließlich sind die Proteste unbefristet“.

Nach dem Protest in die Schicki-Micki-Bar

Bis auf den letzten Platz belegt mit wohlhabenden Demonstranten präsentieren sich auch die Cafés und Fine-Dining-Restaurants in der Nähe zu den Protesten, wo ein Bier die Hälfte des thailändischen Mindestlohnes kostet.

Etwas verloren sitzt in einer Bar ein Mann mittleren Alters und studiert ein Magazin für modisch-junge Herrenbekleidung. Er selbst trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem Schriftzug eingestickt: „Bangkok showdown, popular uprising vs. lame-duck government“, zu Deutsch: „Bangkok Showdown, Volksaufstand vs. lahme Ente Regierung“. Vielleicht will er Touristen wissen lassen, dass er nicht untätig sei.

Ja, der gegenwärtige Aufstand spricht eine besser betuchte Klasse von Demonstranten an als bei den politischen Unruhen in 2010.

Proteste als Geschäftsfeld

Clevere Händler bieten auf den Protesten in Hülle und Fülle an, was das Herz der Revolutionäre begehrt.
Clevere Händler bieten auf den Protesten in Hülle und Fülle an, was das Herz der Revolutionäre begehrt.

Die Demonstrationen haben sich zu einem regelrechten Geschäftsfeld entwickelt, in dem Händler Protest-Shirts, Nationalflaggen, Armbänder in Nationalfarben sowie Accessoires und Souvenirs, wie Suthep-Schlüsselanhänger, Regenschirme und Aufkleber an den Mann bringen. Den Bestseller stellen ohne Zweifel Trillerpfeifen dar. Während des ersten Tages des sogenannten „Bangkok Shutdown“ waren alle Souvenirstände an den Protestgebieten innerhalb weniger Stunden komplett ausverkauft. Eine 37-jährige Händlerin, die normalerweise Frauenkleidung auf dem Flohmarkt verkauft, hat ihr Sortiment auf T-Shirts und Haarschmuck in den Nationalfarben umgestellt. „Ich verdiene Geld und genieße die Proteste“, erzählt sie stolz.

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