Karsai übt Kritik an den USA

 Hamid Karsai. Foto: epa/Rajat Gupta
Hamid Karsai. Foto: epa/Rajat Gupta

BERLIN (dpa) - Der frühere afghanische Präsident Hamid Karsai hat die USA für den andauernden Krieg und auch das Erstarken der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in seinem Land mitverantwortlich gemacht. Die geplante Aufstockung der US-Truppen in Afghanistan sei keine Lösung, sagte Karsai in einem Interview des Publizisten Jürgen Todenhöfer, das am Samstag von der «Berliner Zeitung» abgedruckt wurde.

Karsai war von 2001 bis 2014 Präsident Afghanistans und hatte dabei mit den USA im Krieg gegen die Taliban kooperiert. Nun wirft er Washington vor, gar keine echten Pläne für ein «nation building» - den Aufbau eines funktionierenden Staates am Hindukusch - gehabt zu haben. «Ihr Hauptinteresse in Afghanistan liegt im globalen Wettbewerb um die Vorherrschaft in unserer Region», sagte er. Die USA blickten dabei auf die Atommächte China, Russland, Indien und Pakistan sowie auf den Iran, die alle in der Region eine Rolle spielten.

Sein Land sei «Schauplatz der Konfrontation ausländischer Mächte», sagte Karsai. «Die größten Hürden für den innerafghanischen Friedensprozess sind die USA und Pakistan.» Der Krieg der USA erzeuge Wut im Land und sei kontraproduktiv. Um im Krieg gegen den Terror erfolgreich zu sein, müssten die USA «die Zusammenarbeit mit maßgeblichen Mächten wie Russland, China und dem Iran suchen».

Die USA werfen in diesem Jahr etwa dreimal so viele Bomben und Raketen auf Afghanistan ab wie 2016. Dabei häuft sich die Anzahl der zivilen Opfer. Auf Drängen der USA wollen die Nato-Staaten die Anzahl ihrer Soldaten im Afghanistaneinsatz von 13.000 auf 16.000 steigern, wobei die USA den Löwenanteil der Verstärkung stellen. Außerdem haben die USA unabhängig vom Nato-Ausbildungseinsatz Kampftruppen in Afghanistan. Die Taliban haben in diesem Jahr ihren Herrschaftsbereich im Land ausgebaut.

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Jürgen Franke 26.12.17 09:13
Herr Schwartz, bedauerlicherweise hat
keine Partei vor der Wahl den Mut gehabt, den Austritt aus der Nato auf ihre Fahnen zu schreiben, da allen Bürgern geschickt vorgegaukelt wurde, dass es ihnen doch eigentlich gut gehe. Erst das Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Bürger doch nicht so zufrieden sind, mit der Regierung, in dem sie Parteien am Rand des Spektrums gewählt haben. Doch grundsätzlich haben die Bürger die Regierung verdient, die sie auch gewählt haben. So traurig das Ergebnis auch sein mag.
Jürgen Franke 26.12.17 09:09
Die Kritik von Karsai ist
vollkommen berechtigt. Diese Konsequenzen aus der Planlosigkeit der USA haben jetzt die Militärs auszubaden.
Ernst Schwartz 27.11.17 20:42
Es ist mir klar, Herr Franke,
dass sich Deutschland de facto nach wie vor besetzt fühlt von den USA und sich die Regierung auch so benimmt. Nur sehen dies wenige, und die, die es sehen, wehren sich nicht. Wir sollten nicht nur zuschauen, müssen Leute in die Politik wählen, die sich von den USA nicht massregeln lassen. Leider sehe ich keine Partei, die dies auf die Fahne geschrieben hat.
Jürgen Franke 27.11.17 16:00
Herr Schwartz, Europa läßt sich auch
nicht von den USA an der Leine führen. Ganz im Gegenteil Deutschland ist in jeder Beziehung ein Satellit der USA. In Deutschland, genauer in Ramstein befindet sich ein großer militärischer Stutzpunkt der USA, der wichtig ist für die Intervention in Asien ist. Das Atomwaffenlager der USA in Deutschland ist auch nicht zu verachten.
Ernst Schwartz 27.11.17 15:44
Herr Franke, Sie scheinen nicht erkannt zu haben,
dass es sich um rhetorische Fragen handelt, auf die keine informative Antwort erwartet wird. Es ist mir bewusst, dass meine Fragen teils Behauptungen sind, denen Sie zustimmen oder die Sie ablehnen oder Ihren Senf dazu geben können. In Ihrem Kommentar, ab 2. Satz, erkenne ich Ihre Zustimmung zu einem Teil. Sie beschreiben die Situation so, als ob Sie sie hinnehmen und als normal oder gar richtig betrachteten. Europa braucht sich vor den USA nicht zu fürchten. Dazu habe ich mich auch geäussert, Sie aber nicht. Die Bevölkerung Europas darf nicht tatenlos zusehen, wie sich die europäischen Regierungen von den USA an der Leine führen lassen.
Jürgen Franke 27.11.17 12:10
Herr Schwartz, Ihre Fragen sind teilweise
derart naiv, dass man sich wirklich fragen muß, ob sie überhaupt ernst gemeint sind. Der Zusammenbruch der Sowjetunion war für die USA das schlimmste Ereignis der vergangenen Jahre, denn mit einem Schlag war ein Feind nicht mehr vorhanden, der die exorbitanten Militärausgaben der USA rechtfertigte. Also mußte ein neues Feindbild geschaffen werden. Das war dann der 9/11, denn jeder hat den in Hollywood fabrizierten Film, wie zwei Flugzeuge in die Türme geflogen sind, geglaubt. Unter diesem Vorwand werden nun laufend Kriege geführt. Deutschland ist, dank der Nato, immer mit dabei. Was früher "Krieg" genannt wurde, heißt heute in den Medien "friedensbildende Maßnahmen". Und als Vorwand dient immer der Islamische Terrorismus
Ernst Schwartz 27.11.17 09:11
Die USA lassen es nicht zu!
Das eben ist es ja. Europa lässt sich von den USA gängeln, und dies sollte nicht sein. Warum lässt sich Europa sagen, was geht und was nicht? Wovor haben die Regierenden Angst? Brauchen wir die USA, um uns gegen Russland zu schützen? Lange genug haben die Amerikaner den Mythos des bösen Feindes Russland am Leben erhalten, und seit dies nicht mehr so stark zieht, wurde der Islamismus als Mutter allen Terrors erschaffen. "Nicht zulassen", ja wie denn? Militärischer Angriff auf Europa durch die USA? Braucht sich Europa vor Sanktionen der USA zu fürchten? Warum werden keine Sanktionen gegen die USA gefordert, damit deren Tyrannei aufhört?
Ernst Schwartz 26.11.17 19:18
Überall, oder beinahe überall,
wo sich das Imperium USA in die lokalen Angelegenheiten mischt, ist es zur Stärkung seiner Macht, seiner Vorherrschaft. Dies trifft auch für die Einflussnahme der USA in Europa zu. Europa sollte sich etwas von den USA distanzieren, die Stellung der USA in der NATO herunterfahren und sich Russland annähern, das ja historisch und geografisch zu Europa gehört, auch wenn seine Ostgrenze am Japanischen Meer liegt.