Kampf gegen Hasskommentare: Keine klare Linie bei SPD-Ministern

Foto: epa/Gian Ehrenzeller
Foto: epa/Gian Ehrenzeller

BERLIN (dpa) - Durcheinander in der Bundesregierung beim Kampf gegen Hasskommentare und Falschnachrichten im Internet: Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hat jetzt ihrem Parteifreund und Justizminister Heiko Maas (SPD) dazwischengefunkt.

Maas soll eigentlich im Auftrag der Koalition soziale Netzwerke wie Facebook notfalls per Gesetz dazu bringen, nach Beschwerden innerhalb von 24 Stunden auf Hetze, Beleidigungen und Lügen zu reagieren. Nun warnte Zypries in einem Schreiben an die EU-Kommission vor einer zu weitreichenden Regulierung von Plattformen wie Facebook - denn das würde auch deutsche Betreiber treffen.

Sie bedauere Forderungen, «die Verantwortlichkeit der Plattformbetreiber derart auszuweiten, dass sie einer Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gleichkommt. Dies halte ich ökonomisch, vor allem aber gesellschaftspolitisch für besorgniserregend», zitierte «Spiegel Online» am Freitag aus dem Brief. Ziel einer geplanten EU-Richtlinie sollten freiwillige Maßnahmen der Unternehmen sein.

Zypries schlägt weiter ein «einheitliches europäisches Beschwerdeverfahren» vor, um eine drohende Fragmentierung des Rechts und der Märkte durch «mögliche nationale Gesetzgebungsmaßnahmen» zu verhindern. Eine deutsche Regelung hatten die Fraktionschefs der Koalition, Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD), von Maas ausdrücklich gefordert. Maas drohte unlängst Facebook: «Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen.»

Nun erklärte eine Maas-Sprecherin, vor der Bekanntgabe eigener Pläne warte man noch eine Auswertung ab, wie die Unternehmen bei der zugesagten Löschung vorankommen. Ein Sprecher von Zypries betonte, die Ministerin unterstütze die Initiative von Maas gegen Hate Speech und Fake News. «Mit dem Brief flankiert die Ministerin die Initiative auf europäischer Ebene.»

Die Grünen kritisierten das Auftreten der Regierung: «Erst lässt Bundesmister Maas uns alle auf sein Gesetz gegen "illegale Inhalte" warten, und nun fährt ihm seine SPD-Kollegin auch noch in die Parade», sagte die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast, der dpa. Fake News könnten nicht - wie Zypries sich das vorstelle - allein durch freiwillige Maßnahmen der Konzerne eingedämmt werden.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ernst Schwartz 05.03.17 14:01
Solang die Mainstream Medien
nicht selbst recherchierte Fakten und/oder ungeprüfte Agenturmeldungen verbreiten, sollte kein Staat den Internet-Nutzern einen Maulkorb anlegen. Es wird in den offiziellen, anerkannten Medien, ja gar von staatlichen Organisationen, so viel Unwahres - Fake News, wenn Sie wollen - verbreitet, dass ich fast gar nichts unkritisch annehme. Seit 300 Jahren sind ein Teil der Europäer und von dort stammende Amerikaner so weit aufgeklärt und gebildet, dass sie auch mit Fake News umgehen können sollten. Leider sind es zu wenige. Sogar richtige Internet-Meldungen werden oft "debunked", d.h. durch Kommentare, teils bezahlte, verunglimpft, lächerlich und unglaubwürdeig gemacht, wenn sie den USA nicht passen. So ist das, Nun wollen die Regierungen das Internet straff zensieren, weltweit, wie durch China geübt. Wollen wir das? Müssen wir danach in den Sand, an die Wände und Bäume schreiben?