«Irma» verwüstet Karibikinseln - Florida wappnet sich

Foto: epa/Gerben Van Es
Foto: epa/Gerben Van Es

SINT-MAARTEN/MIAMI (dpa) - Wie ein «Rasenmäher vom Himmel» sei der Hurrikan gewesen, als er durch die Karibik eine Schneise der Verwüstung zog. Nun nimmt der gewaltige Sturm Kurs auf Florida. Es droht eine große Katastrophe.

Nach seinem verheerenden Zug über die Karibik nimmt Hurrikan «Irma» Kurs auf Florida und droht Zerstörungen beispiellosen Ausmaßes anzurichten. «Die Frage ist nicht mehr, ob Florida getroffen wird, sondern wie hart», erklärte am Freitag der US-Katastrophenschutz. Millionen Menschen wappneten sich für «Irmas» Eintreffen am späten Samstag oder am Sonntag. Es ist einer der stärksten jemals gemessenen Stürme im Atlantik. Dass er von Kategorie 5 auf 4 heruntergestuft wurde, macht ihn kein bisschen weniger gefährlich.

In der Nacht zum Freitag kostete der Hurrikan in der Karibik nach Informationen des Senders CNN mindestens 24 Menschen das Leben. «Es ist, als wäre jemand mit einem Rasenmäher vom Himmel über die Insel gegangen», sagte eine Augenzeugin in Sint Maarten, dem niederländischen Teil der Insel St. Martin dem Rundfunk NOS.

«Irma» verursachte nach Berechnungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) in der Karibik Schäden von rund 10 Milliarden Dollar. «Gemessen an der Schadenssumme war dies der schlimmste Sturm in der Karibik aller Zeiten», sagte James Daniell vom «Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology» (CEDIM) am Freitag in Karlsruhe. Besonders schwer getroffen seien die Überseegebiete Großbritanniens, Frankreichs und der Niederlande.

Die Schneise der Verwüstung - Insel für Insel, und ein Ausblick auf Florida:

SINT MAARTEN und SAINT-MARTIN: Die zwischen den Niederlanden und Frankreich geteilte Insel wurde schwer getroffen. Der französische Teil sei «zu 95 Prozent zerstört», zitierte der «Guardian» einen örtlichen Beamten. Der französische Innenminister Gérard Collomb bezifferte die Zahl der Toten dort und in den anderen französischen Überseegebieten auf acht. 23 Menschen seien verletzt worden. Bereits zuvor war je ein Mensch auf Anguilla (Großbritannien) und Barbuda gestorben. Es gab Berichte über Plünderungen. Auf Sint Maarten sorgen rund 200 niederländische Soldaten für Ordnung. 70 Prozent der Infrastruktur sind nach Schätzungen der Marine zerstört.

PUERTO RICO: Auf der zu den USA gehörenden Insel Puerto Rico und den amerikanischen Jungferninseln starben mindestens sieben Menschen. Bis zu neun Meter hohe Wellen schlugen über die Insel. Mehr als eine Million Menschen seien ohne Strom. Es wird erwartet, dass die Zahl der Toten weiter steigt, da hinter «Irma» bereits der nächste Hurrikan «José» heranzieht. Er wurde zur Kategorie 4 hochgestuft.

DOMINIKANISCHE REPUBLIK und HAITI: Entgegen den Befürchtungen kam das bitterarme Haiti mit einem blauen Auge davon. Ein Mensch galt am Freitag als vermisst, wie der Leiter des Zivilschutzes, Jerry Chandler, mitteilte. «Es gibt im Norden einige Überschwemmungen, aber es ist weniger schlimm als erwartet», sagte die Vize-Länderdirektorin der Hilfsorganisation Care, Laura Sewell, der Deutschen Presse-Agentur. «Die größte Gefahr sind nun Krankheiten. Wir werden die Menschen in der Region mit sauberem Trinkwasser versorgen.»

In Haiti leiden die Menschen noch immer unter den Auswirkungen des Erdbebens von 2010 und Hurrikan «Matthew» 2016. Viele Haitianer leben in provisorischen Unterkünften. Jeder Tropensturm wirft sie zurück. Hilfsorganisationen brachten sich schon vor «Irma» in Stellung.

BAHAMAS: Über die südlichen Ausläufer der Inselgruppe zog der Hurrikan am frühen Freitagmorgen (Ortszeit), wie das nationale US-Hurrikan-Warnzentrum in Miami mitteilte. Es gab die größte Evakuierung in der Geschichte der Bahamas.

KUBA: Die Ausläufer von Hurrikan «Irma» zogen am Freitagmorgen über Punta de Maisí im Osten von Kuba hinweg. Der Sturm brachte starken Wind, heftigen Regen und bis zu vier Meter hohe Wellen. Von der Nordküste Kubas wurden Tausende Touristen in sicherere Gebiete gebracht. «Da sucht man Sonne und Ruhe und dann wird man von so etwas überrascht», sagte der kanadische Tourist Michael Brent der Deutschen Presse-Agentur bei einem Zwischenstopp in Villa Clara.

Die kubanischen Behörden gelten als sturmerprobt und gut auf Naturkatastrophen vorbereitet. «Uns wurde gesagt, wir sollen uns keine Sorgen machen. Das Land habe Erfahrungen mit solchen Situationen», sagte der kanadische Tourist Alex Grois. Bis Samstag (Ortszeit) sollte das Zentrum von «Irma» über das Meer an der Nordküste Kubas entlangwandern.

US-FESTLAND: «Irmas» Zentrum soll am Sonntagmorgen (Ortszeit) die Inselgruppe der Florida Keys auf Höhe von Marathon erreichen. Erste Ausläufer könnten den Staat schon am Samstag gegen 8.00 Uhr (14.00 Uhr MESZ) erreichen. Für die gesamte Südküste Floridas, vom Atlantik bis in den Golf von Mexiko, gilt eine Warnung vor bis zu drei Meter hohen Wellen. Hunderttausende an der Atlantikküste müssen ihre Häuser verlassen. Auch Donald Trumps «Winter White House» Mar-a-Lago muss geräumt werden.

Auch die Metropolregion Miami rüstet sich für den Hurrikan. Die Behörden riefen 650.000 Menschen zum Verlassen ihrer Häuser auf. Es handele sich um die größte Evakuierung in der Geschichte der Region, sagte Carlos Giménez, Bürgermeister des Bezirks Miami-Dade.

In der Metropolregion leben rund 5,5 Millionen Menschen. Die Behörden öffneten zusätzliche Notunterkünfte und boten kostenlose Bustransporte dorthin an. Der internationale Flughafen blieb zunächst noch geöffnet, aber zahlreiche Flüge wurden gestrichen.

Das Hurrikan-Zentrum hatte am frühen Freitagmorgen eine offizielle Hurrikan-Warnung für die gesamte Südküste Floridas herausgegeben. «Wir haben keine Zeit mehr. Verlassen Sie Florida», beschwor Gouverneur Rick Scott Einwohner und Touristen.

WEITERER VERLAUF: Am Freitagnachmittag (Ortszeit) hatte «Irma» laut US-Meteorologen die Größe von Texas. Letzten Vorhersagen zufolge zieht der Sturm mit dieser gewaltigen Ausdehnung über die gesamte Breite der Halbinsel Florida über Orlando hinweg hoch ins Landesinnere. Modelle des Hurrikanzentrums sehen «Irmas» Zug bis hinauf nach Atlanta reichen. In seiner Folge werden Überflutungen auch an den Küsten Georgias sowie South und North Carolinas erwartet. Warnungen gelten auch für Küstenstädte wie Savannah und Charleston.

US-Präsident Donald Trump twitterte: «Irma hat epische Ausmaße, vielleicht größer als wir es jemals gesehen haben. Passen Sie auf sich auf und gehen sie ihm aus dem Weg, wenn möglich.» Papst Franziskus rief zum Gebet für die Opfer des Hurrikans auf.

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