In SPD wächst Widerstand gegen GroKo

Foto: epa/ Hayoung Jeon
Foto: epa/ Hayoung Jeon

BERLIN (dpa) - In der SPD wachsen vor den Gesprächen mit der Union die Vorbehalte gegen eine erneute große Koalition. Die neue stellvertretende SPD-Vorsitzende und Landeschefin in Bayern, Natascha Kohnen, sagte der «Passauer Neuen Presse»: «Ich plädiere dafür, andere Wege als eine Neuauflage von Schwarz-Rot zu suchen.»

Die SPD müsse mutig sein. «Dazu gehört es, intensiv über eine Minderheitsregierung zu diskutieren und uns nicht einfach wieder vor den Karren von Bundeskanzlerin Angela Merkel spannen zu lassen.» Dabei müsste sich Merkel aber für jedes Projekt Mehrheiten im Bundestag suchen - die Kanzlerin lehnt das als zu unsicher ab.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer hält die Tolerierung einer CDU/CSU-Minderheitsregierung durch die SPD für die beste Lösung. Dreyer, die mit dem besten aller Ergebnisse vom Parteitag zur Bundesvize aufgestiegen ist, sagte der «Allgemeinen Zeitung Mainz»: «Ich präferiere nach wie vor ein Tolerierungsmodell.» Sie könne sich sehr gut vorstellen, mit der Union einen Tolerierungsvertrag über Politikfelder zu schließen, auf denen eine breite Stimmenmehrheit unerlässlich sei, zum Beispiel über Europa-Themen und die Außenpolitik.

Am Donnerstag hatte der SPD-Bundesparteitag in Berlin beschlossen, ergebnisoffen in Gespräche mit der Union zu gehen. Am Samstag endet der Parteitag mit weiteren Beratungen. Anschließend starten der Parteivorsitzende Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles die Vorbereitung für die mit Spannung erwarteten Gespräche mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer am Mittwoch in Berlin. Nach ersten Gesprächen könnte der Vorstand am 15. Dezember Sondierungsgespräche mit der Union beschließen, über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen müsste ein Sonderparteitag, wahrscheinlich Mitte Januar, entscheiden.

«Jetzt liegt es an der Kanzlerin», sagte der neue SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil der «Rhein-Neckar-Zeitung». «Sie muss klarmachen, dass sie mit uns über Inhalte reden will und bereit ist, verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen.» Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der «Rheinischen Post»: «Aus unserer staatspolitischen Verantwortung heraus müssen wir nun dafür sorgen, dass die Gespräche mit der SPD zu einer Regierung führen, die das Land vier Jahre stabil regiert und in der Sache Entscheidungen trifft, die das Land voranbringen.» Diese Entscheidungen müssten in einem überschaubaren Zeitraum getroffen werden.

Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen erfuhr, könnte der SPD-Sonderparteitag im neuen Jahr wie der aktuelle Parteitag in der Berliner Messehalle «CityCube» stattfinden. Aus Kostengründen ist im Gespräch, die Bühne in den nächsten Wochen einfach stehenzulassen und dann im Januar für den Sonderparteitag wieder zu nutzen. Als mögliche Termine dafür werden der 13. oder 14. Januar gehandelt.

Gespräche mit der Berliner Messe laufen - aber es ist unklar, ob man die Aufbauten einfach stehen lassen kann, was einige hunderttausend Euro sparen könnte. Normalerweise kostet so ein Parteitag rund eine Million Euro. In der Partei gibt es aber Zweifel, ob bis Mitte Januar die Zeit reicht, damit Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles mit den Spitzen der Union ausloten können, welche Punkte in einer gemeinsamen Koalition durchgesetzt werden könnten.

Am Ende sollen die rund 440.000 SPD-Mitglieder per Briefwahl über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen, das könnte zwei bis drei Wochen dauern und rund zwei Millionen Euro kosten. Es wird damit gerechnet, dass eine Regierung nicht vor März stehen könnte.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 10.12.17 16:00
Am Niederrhein in DE, wozu ja auch Würselen gehoert, gibt es einen Spruch: Rin in de Kartoffel, raus aus de Kartoffel. So scheint momentan die Umfallerpartei mit dem "rein oder raus" Schulz da zu stehen. Es geht dabei nicht mehr um irgendwelche Forderungen der einzelnen Parteien, es geht darum, das die Union mit Merkel an der Spitze eine Regierung vorweisen kann, um die Posten zu behalten. Das die SPD im Falle eineer Beteiligung lediglich der Lückenbüßer ist, ist ihr noch nicht aufgefallen. Der geehrte Wähler wird doch hoffentlich nicht annehmen, das sich eine moegliche neue GROKO von der lähmenden und ideenlosen alten GROKO unterscheiden koennte.
Jürgen Franke 09.12.17 16:43
Es ist zu hoffen, dass die SPD sich auf
eine Tolerierung der CDU/CSU Regierung unter Merkel einlassen wird, da die Bedingungen von SPD nicht akzeptiert werden.