In Rio kann der Apfel weit vom Stamm fallen

Der Besuch des Botanischen Gartens in Rio de Janeiro bringt manche Anregung

Die Orchideen blühen im Botanischen Garten von Rio wie verrückt.  Fotos: hf
Die Orchideen blühen im Botanischen Garten von Rio wie verrückt. Fotos: hf

In Rio de Janeiro ist jetzt gerade die „kühle“ Jahreszeit, das heißt die Spitzenwerte tagsüber liegen bei 33 Grad Celsius und in der Nacht kühlt es merklich ab. Ein Spaziergang zur neuen Marina in der prallen Sonne bringt zwar manche Entdeckung (jede Menge Seetrauben und Rudel mit „Love Birds“), ist aber auch eine schweißtreibende Angelegenheit. Sehr angenehm ist da hingegen ein Besuch des schattigen Botanischen Gartens.

Hier sind Meertrauben zu sehen, die selbst auf salzigen Böden bestens gedeihen, sie sind essbar.
Hier sind Meertrauben zu sehen, die selbst auf salzigen Böden bestens gedeihen, sie sind essbar.

Gegründet wurde der Botanische Garten von Rio de Janeiro im Jahre 1808 vom Portugiesischen König Joao VI. (Hans (!) der Sechste) und die 140 Hektar umfassende Anlage ist seit 1822 öffentlich zugänglich. Da ist natürlich ein alter Baumbestand herangewachsen, der Schatten ist ein Segen in der tropischen Umgebung.

Akklimatisierung von neuen Pflanzen

Eine wichtige Funktion der Botanischen Gärten in Kolonialen Zeiten war die Akklimatisierung von „neuen“, von fremden Pflanzen. Im Fall von Rio de Janeiro reden wir da konkret von Muskatnuss, Zimt und Pfeffer, alles hochinteressante Kulturpflanzen, die es vor der Entdeckung der Neuen Welt dort nicht gab, sie stammen aus Asien. Sie wurden im Garten zu Rio angebaut und dann an anderen Orten in Brasilien kultiviert. Andere Pflanzen, die nach Amerika eingeführt wurden und die es dort vorher nicht gab: Zu­ckerrohr, Mangos, Gewürznelken und Kaffee (aus Afrika, Arabien).

Beeindruckend sind die Riesenseerosen (Victoria cruziana), die wir im Discovery Garden Pattaya auch haben.
Beeindruckend sind die Riesenseerosen (Victoria cruziana), die wir im Discovery Garden Pattaya auch haben.

In die andere Richtung ging zum Beispiel Gummi - die ersten Gummibäumchen wurden im Botanischen Garten von Singapur kultiviert - aber auch Chilis, Tomaten, Kartoffeln.

Eine Mutter für 134 Riesenpalmen

Oftmals standen anfangs nur wenige, wertvolle Pflanzen zur Verfügung und entsprechend wurden sie gehegt, gepflegt, vervielfältigt und weiter gezüchtet. Besonders eindrücklich im Botanischen Garten von Rio – und gewissermaßen das Symbol für ihn – sind die gigantischen 134 Königspalmen, die eine gekreuzte Allee am Fuße des Corcovado bilden, die berühmte Jesusfigur schaut auf sie herunter. Sie alle gehen auf eine einzige Pflanze zurück, die sogenannte „Palma Mater“, die – Größe ist eben nicht immer ein Vorteil – es übrigens nicht mehr gibt, sie wurde vom Blitz getroffen und so zerstört.

Unter den Riesenpalmen lagen ein paar Sämlein herum, die ich eingesteckt habe.
Unter den Riesenpalmen lagen ein paar Sämlein herum, die ich eingesteckt habe.

Unter den Riesenpalmen lagen ein paar Sämlein herum, die ich eingesteckt habe. Hoffentlich wachsen sie nicht zu schnell, sonst kriegen wir womöglich noch Probleme mit den Thai-Nachbarn. Thais stehen hohen Bäumen nämlich eher skeptisch gegenüber. Zum einen, weil sie tatsächlich umfallen können – womöglich auf das Haus stürzen – zum anderen versammeln sich eben die Geister gerne darauf, und auch das kann gefährlich werden…

Ein anderer Riesenbaum im Garten ist die Sterculia apetala, der mächtige Panama-Baum, der bis zu 40 Meter hoch werden kann. Seine vielen Samen, die an Eicheln erinnern, sind Nahrung für viele Tiere. Ich habe zunächst allerdings gar keine gesehen, weil ich zu nahe beim Stamm gesucht habe. Wenn der Samenbehälter platzt, werden sie weit hinaus geschleudert, damit sich die Art verbreiten kann.

Der Apfel fällt eben nicht immer nah beim Stamm…

Weitere Höhepunkte in Rio: Die Riesenseerosen (die wir im Discovery Garden allerdings auch haben) und die Orchideen (die noch folgen).

Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an hansfritschi1957@gmail.com oder besuchen Sie seine Webseite www.discovery-garden.net oder Facebookseite.

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