Ich dachte es wäre leichter…

 Foto: Orlando Bellini / Fotolia.com
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…sagt US-Präsident Donald Trump entwaffnend offen nach seinen ersten 100 Tagen im Amt. Er ist dennoch zufrieden mit sich, hat er doch das Transpazifische Freihandelsabkommen auf Eis gelegt, der Kohle neues Leben eingehaucht und die Überprüfung von Einwanderern verbessert.

Aus seiner Sicht hält er ein Versprechen nach dem anderen und macht die Leute richtig glücklich. Ganz anders sehen dies seine Gegner. Sie halten ihn für inkompetent, verweisen auf die zahlreichen sachlich unrichtigen Aussagen des Präsidenten, die Durchkreuzung seiner Pläne zum Einreisestopp von Muslimen durch die Gerichte sowie auf die misslungene Abschaffung von Obamacare. Geradezu hysterisch stürzt sich die deutsche Presse auf jeden Fehler, den der Präsident macht und lässt wie üblich keine Gelegenheit aus, Weltuntergangsstimmung zu verbreiten. Doch die Welt ist bisher nicht untergegangen. Die Unberechenbarkeit Trumps ist sicherlich keine Empfehlung für sein hohes Amt, doch das System der Checks and Balances funktioniert. Auch seine eigene Administration fängt den Präsidenten ein, wenn es notwendig ist. Wer ihn immer noch nicht verstanden hat, möge ihn als Golfspieler beobachten. Er verlässt sich auf seinen Instinkt. Nachdenken oder gar einen Plan entwickeln, der zum Ziel führt, sind seine Sache nicht. Beim Golf liebt er es, mit dem ersten Schlag möglichst weit zu kommen. Das Pendant in der Politik ist das Unterzeichnen von Dekreten. Trump liebt Dekrete. Seit dem zweiten Weltkrieg hat kein US-Präsident in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit so viel Dekrete unterzeichnet wie er.

Auswirkungen auf Europa

Mit Blick auf die jüngsten Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich nimmt Trumps Amtsführung den hiesigen Nationalisten etwas den Wind aus den Segeln. Seine einfachen Rezepte scheinen nicht durchsetzbar zu sein, die Art und Zahl seiner Fehler säen Zweifel bei der Mehrheit der europäischen Wähler, ob man ein ähnliches Experiment wie in den USA in Europa versuchen sollte. In Frankreich hat Emmanuel Macron jedenfalls die Präsidentschaftswahlen klar für sich entscheiden können. Nach Brexit und Trump bleibt in Europa damit – zumindest vorerst – alles beim Alten. Doch die führenden Politiker Europas sind gut beraten auf die Sorgen und Ängste des Drittels der Wähler zu achten, die Marine Le Pen als Präsidentin sehen wollten. In vergangenen Jahren beruhigten sich die Politiker stets mit dem Glauben, dass ungefähr zehn Prozent rechtsextrem gesinnter Wähler „normal“ seien. Ob dies jemals stimmte, sei dahingestellt. Auch wenn der Albtraum in Frankreich diesmal nicht Realität wurde, der Trend in Richtung Nationalismus lässt sich nicht leugnen.

Ob sich dieser Trend umkehren lässt, wird nicht so sehr davon abhängen, welche Figur einzelne Politiker machen, sondern von der Problemlösungskompetenz der Politik insgesamt. Das öffentliche Interesse konzentriert sich bedauerlicherweise lieber auf Fehlleistungen von führenden Politikern als auf die brennenden Themen unserer Zeit. Ein gutes Beispiel ist die Digitalisierung. Die Entwicklung auf diesem Gebiet schreitet rasend schnell voran und Deutschland ist nach mehreren Studien bestenfalls im Mittelfeld vertreten. Führende Konzerne wie Ebay oder Amazon sind allesamt in den USA beheimatet. Die Politik in Deutschland scheint sich jedoch nicht wirklich dafür zu interessieren, wie Deutschland digitaler werden könnte. Dies könnte sich in einigen Jahren rächen. Auch bei Onlinewerbung ist Deutschland im hinteren Drittel des Zuges. Nur ein Fünftel der Ausgaben der Werbetreibenden hierzulande gehen in die Onlinewerbung, in Großbritannien ist es schon mehr als ein Drittel. Digitalisierung nur als griffiges Beispiel, um zu zeigen, wie schnell sich die Welt um uns herum verändert. Die Weichenstellungen der Politik – gerade mit Blick auf die Umwälzungen, welche die Digitalisierung und andere moderne Herausforderungen mit sich bringen – werden den Erfolg der Nationen, die sie vertreten im internationalen Wettbewerb entscheidend beeinflussen. An den einen oder anderen Lapsus eines skurrilen US-Präsidenten hingegen, wird sich in zehn Jahren niemand mehr erinnern.


Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 28.05.17 14:52
Niveaulos, rüpelhaft und rücksichtslos "regiert" sich der Trump ein "America first" zurecht, oder auch nicht. Könnte auch eine böse Überraschung auf ihn warten.