Hybrid-Projekt mit Suranaree-Universität

Neues vom Karosseriebauer Klaus Goergen in Buriram

Der „Bugatti Atlantic“-Nachbau verfügt über einen Toyota-Motor und wird mit LPG betankt.
Der „Bugatti Atlantic“-Nachbau verfügt über einen Toyota-Motor und wird mit LPG betankt.

BURIRAM: In seiner kleinen Werkstatt inmitten der ländlichen Isaan-Idylle zwischen Nong Man und Nong Ki, Provinz Buriram, hat Klaus Goergen schon so einige tollkühne Fahrzeuge gebaut. Doch nun widmet sich der deutsche Karosseriebauer einem Projekt, bei dem auf einem ganz anderen Level gearbeitet wird. Zusammen mit einem Forscherteam und Studenten der Technischen Universität Suranaree in Nakhon Ratchasima (Korat) verfolgt er das ehrgeizige Ziel, einen innovativen Hybridantrieb für ein Tricycle (Dreirad) zu entwickeln.

Ein Tricycle mit Hybridantrieb klingt spannend! Das fand auch DER FARANG und stattete dem Autobauer ein Jahr nach der letzten Berichterstattung (siehe DER FARANG Nr. 26/2011, S. 34-35) erneut einen Besuch ab. Die aufmerksame Leserschaft mag sich hingegen fragen, was aus seinem letzten Projekt, dem „Bugatti Atlantic" auf Toyota Hilux-Chassis, geworden ist?

Der Kastenwagen auf Suzuki-Basis bietet Platz für ein Bett.
Der Kastenwagen auf Suzuki-Basis bietet Platz für ein Bett.

Alles der Reihe nach. „Der Wagen ist fertig!“, verkündet Goergen sichtbar stolz auf sein neuestes Schmuckstück. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Gebürstetes Aluminium und eine elegante, klassische Form sprechen eben für sich.

Ein "Bugatti" für Thai-Straßenverhältnisse

Auf die Frage, wie viel PS unter der Haube stecken, stellt er prompt eine Gegenfrage: „Was wiegt eine Rolex?" Für mich ist diese Frage uninteressant, da der Wagen die Thai-Geschwindigkeit locker schafft. Doch knapp 100 PS dürften es schon sein. Die Karosserie wäre jedoch stark genug, um ihn mit einer 300 PS-Maschine auszustatten. Das Schöne an dem Fahrzeug ist jedoch, dass es sehr zuverlässig ist und es wohl den einzigen „Bugatti" Thailands mit reparabler Technik darstellt und zudem kostengünstig mit LPG gespeist wird.“

Autobauer-Nachwuchs aus Korat.
Autobauer-Nachwuchs aus Korat.

Auffallend ist, dass seine Boliden Marke Eigenbau stets den Charme tollkühner Konstruktionen der guten alten Zeit versprühen. „Neue Autos sind in meinen Augen lediglich "people mover" und haben daher den Wert eines Kugelschreibers, sprich: man kann damit schreiben. Alte Autos hingegen haben eine Seele und beeindrucken heute durch ihre Beständigkeit sowie dem Wertzuwachs in zinsschwachen Zeiten“, erklärt Goergen.

Die Ideen für seine neuen Projekte sammelt er vor allem in der Kommunikation und Kooperation mit Fahrzeugherstellern und anderen Akteuren im Automotive-Bereich. „Ich arbeite zum Beispiel für eine Firma, die im Ausland Schweißgeräte baut, und entwickle Gutachten für die Freigabe von Fahrzeugteilen. Weitere Tätigkeiten stellen die Vermessung von Fahrzeugen auf ihre Maßhaltigkeit zur Zeichnung dar, Rückformungsprozesse und Instandsetzungsarbeiten sowie die Schnittstellenermittlung zur Bauteilgröße von Ersatzteilen. Nebenbei produziere ich noch Reparaturanleitungsvideos“, so Goergen. Da verwundert es kaum, dass er auch schon in seiner Kindheit mit Autos gespielt hat.

Durch Beinbruch zum Trike-Eigenbau

Die Produktionshalle für das Hybrid-Projekt.
Die Produktionshalle für das Hybrid-Projekt.

Beim Rundgang durch sein Anwesen bleibt der Blick auf zwei abenteuerlichen Trike-Konstruktionen hängen. Hat sich der Autonarr etwa von den vier Rädern abgewandt? „Nein, die beiden Dreiräder habe ich vielmehr aus der Not heraus gebaut. Denn ich hatte mir vor einigen Monaten ein Bein gebrochen, und mit einem Trike braucht man an der roten Ampel kein Bein mehr abstellen. Außerdem ist für noch mehr Autos kein Platz in meinem Wohnzimmer“, scherzt er.

Natürlich sind auch diese beiden Konstruktionen nicht einfach von der Stange! „Mein harleyähnliches Trike stellt neben dem Bugatti-Nachbau mein Lieblingsfahrzeug dar und verfügt über ein ausgeklügeltes Doppeldifferential. Denn die Hinterachse stammt von einem Toyota, der Motor hingegen basiert auf Kettenantriebsbasis. Um beides zu verbinden, konstruierte ich zum einen ein Differential von Kette auf Tellerrand und dann auf Kegelrad. Das zweite Differential befindet sich in der gebremsten Toyota-Hinterachse“, fachsimpelt Goergen. Doch wofür ist der große Kasten im Heck des Trikes? „Hier wäre Platz für Hybridtechnik, aber derzeit hole ich damit noch Getränke“, scherzt der Erfinder.

Der größte Fan des Dreirads mit kinematischem Gelenk.
Der größte Fan des Dreirads mit kinematischem Gelenk.

Auch das zweite Dreirad hat es in sich. Goergen: „Ich habe es mit einem kinematischen Gelenk versehen, womit man sich sportlich in die Kurven legen kann, ohne dass die Räder den Bodenkontakt verlieren. Als Basis nahm ich eine Honda Gyro-Up, die ich mit selbstgebauten, großen Hinterrädern, neuem Auspuff und anderer Spurbreite schlaglochresistenter gemacht habe. Meine kleine Tochter liebt dieses Trike.“ Zur Schule lässt er sie damit jedoch nicht fahren, „denn der Schulbus integriert sie schließlich besser in die Gemeinschaft“, ist sich der fürsorgliche Vater sicher.

Mentor für den Autobauernachwuchs

Bereits in den nächsten Tagen startet Goergen in Kooperation mit Prof. Dr. Tawit Chitsomboon von der Technischen Universität Suranaree (Korat) ein ganz außergewöhnliches Projekt. Da streng geheim, darf der Daniel Düsentrieb des Autobaus über das Forschungsprojekt noch nicht viel preisgeben, etwas konnte ihm DER FARANG dennoch entlocken: „Es geht darum, ein innovatives Alternativfahrzeug zu den in Südostasien populären Tuk-Tuks zu entwickeln, das zwei Personen klimatisiert transportieren kann. Das Besondere und Einmalige an diesem Vorhaben ist, dass wir aus Bremsenergie kühle Luft gewinnen möchten, also Hybrid mal anders! Dabei treibt ein Rad einen Generator an, das andere Rad einen Klimakompressor. Damit die Insassen auch bei einem Ampelstopp die Klimaanlage genießen können, entwickeln wir dafür noch eine kleine Batterie, damit das Gebläse auch im Stand weiterläuft.“

Praktisch zum Getränkeholen!
Praktisch zum Getränkeholen!

Doch wie wurde man auf ihn aufmerksam? „Ich bin einfach hingefahren, habe mich vorgestellt und die Verantwortlichen zu mir nach Nong Man eingeladen. Als das Professorenteam dann vor der Tür stand, zeigte es sich sehr beeindruckt von meinem Knowhow“, erzählt Goergen, der mit der Technischen Universität Darmstadt (TU) einen weiteren wichtigen Kooperationspartner für das Projekt in Korat gewinnen konnte: „An der TU werden Fahrversuche durchgeführt, und man weiß einfach was geht, was überhaupt nicht geht und woher man spezielle Teile beziehen kann. Diese Synergien möchte ich für das Hybridprojekt nutzen, bevor man es auf die Straße bringt.“

Weitere Unterstützung erhält er vom Korat Steel Center unter der Leitung von Khun Suphanna Varcharapan und ihrem engagierten Team. Finanziell bereichern möchte er sich mit dem Projekt nicht: „Man hat mir zwar eine Bezahlung in Aussicht gestellt, doch aus politischen und bürokratischen Gründen habe ich das Angebot abgelehnt, schließlich geht es mir viel mehr um den Umgang mit einer anderen Kultur und den Leitsatz: Der Weg ist das Ziel. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Projekt irgendwann großen Erfolg haben wird. Was ich bisher gesehen habe, hat mich stark beeindruckt, und ich bin nur schwer zu beeindrucken.“

In Thailand laufen die Uhren anders...

Das Trike verfügt über ein spezielles Differential.
Das Trike verfügt über ein spezielles Differential.

...das musste sich auch Goergen eingestehen: „Eigentlich sollte das Projekt schon längst beginnen, doch Probleme in der internen Kommunikation verlangsamen den Start. Vielleicht ist es aber auch die Angst vor etwas Neuem. Fakt ist: Es ist einfacher, Angela Merkel zum Kaffee einzuladen!“

Auch wird noch geklärt, ob der Deutsche Ingenieure und Professoren unterrichtet, die das Erarbeitete weitergeben oder Studenten. „"Ich möchte einfach mal den Versuch machen, etwas Unmögliches in die Tat umzusetzen. Dass das geht, habe ich mehrmals bewiesen. Auch wäre es toll, wenn das thailändische Fernsehen über das Projekt berichten würde, um einfach mal etwas anderes zu zeigen als allabendliches Geschrei und überlackierte Schönheiten!“

Klaus Goergen

Der Daniel Düsentrieb des Automobilbaus ist nach wie vor auch in Deutschland aktiv, wo er in den letzten Monaten ganz nebenbei ein Hybrid-Kompetenzzentrum gebaut hat. Leidensgenossen, Sponsoren und Interessenten können mit ihm per E-Mail in Kontakt treten: Klaus.Goergen@gmx.net.

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