Hilft Trumps Protektionismus der Konkurrenz?

Foto: epa/Mark Lyons
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WASHINGTON/PEKING (dpa) - Donald Trump versucht eine Handelspolitik, angelehnt an den ökonomischen Nationalismus der Reagan-Ära. Doch die Zeiten haben sich längst geändert. Spielt er Peking in die Hände?

Viel Wind, viel Nebel, wenig Fernsicht: Das ist nicht der Wetterbericht für Sizilien. Es beschreibt die Lage beim Welthandel nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump kurz vor dem G7-Gipfel auf der italienischen Mittelmeerinsel. Das Weiße Haus hat mit viel Selbstbewusstsein in der Stimme Drohungen und Warnungen ausgestoßen - vor allem gegen den US-Nachbarn Mexiko, aber auch gegen starke Exportnationen wie China, Japan und Deutschland.

Bisher haben die USA vor allem blockiert. Weder im Kreise der G20-Finanzminister in Baden-Baden noch später im kleineren G7-Kreis in Bari konnte ein gemeinsamer Nenner für den internationalen Handel gefunden werden. Die Botschaft von US-Finanzminister Steven Mnuchin ist eine sehr klare und passt zum ökonomischen Nationalismus der Marke Trump: «Handel ist gut, wenn er für die USA gut ist.»

Trump hat die Reagan-Ära der 1980er Jahre im Kopf. Sein neuer Handelsberater Robert Lighthizer kommt aus dieser Zeit. Doch Experten warnen: «Man sollte an diese Zeit mit Reue zurückdenken, es war kein Erfolg, sondern ein Misserfolg», schreibt Douglas Irwin im Fachblatt «Foreign Affairs.» Es ist nicht die Zeit für Nostalgie.

Anfangs schüttelten die Partner zwar den Kopf, wiegelten aber ab. Das allgemeine Motto: Auch Trumps Leute werden schon noch begreifen, dass Wirtschaftswachstum im 21. Jahrhundert nur über internationalen Handel geht, dass die Globalisierung nicht zurückzudrehen ist. «Ich habe jeden Grund zu der Annahme, dass wir Fortschritte erzielen können», sagte etwa IWF-Chefin Christine Lagarde noch im April bei der Frühjahrstagung des Weltwährungsfonds.

Allen Hoffnungen zum Trotz: Das Weiße Haus machte abseits der Rhetorik durchaus ernst. Deutsche Stahlhersteller bekamen es bereits zu spüren, Kanadas Agrarlieferanten ebenso. Die Grenzausgleichssteuer für Importe in die USA ist noch immer nicht vom Tisch. In seiner lautstark erhobenen Forderung, Deutschland müsse von seinen Exportüberschüssen abrücken, bekam Trump international Beifall.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, anfangs noch mit der Argumentation unterwegs, der hohe deutsche Exportüberschuss sei damit zu erklären, dass Deutschland so gute Autos baue, musste einlenken. «Richtig ist, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss mit knapp über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu hoch ist», sagte Schäuble dem Nachrichtenmagazin «Spiegel».

Noch wichtiger als Deutschland ist für die USA China. Das Handelsdefizit mit dem Reich der Mitte ist um ein Mehrfaches höher als mit allen anderen Partnern. Mit China führte Trump bereits das vor, was er nur zu gerne vorantreibt: bilaterale Vereinbarungen, in begrenztem Rahmen. Große Handelsabkommen mit vielen Beteiligten wie das transpazifischen TPP oder das amerikanisch-europäische Handelsabkommen TTIP scheut die neue US-Administration.

China hat sich aufgeschwungen, das Vakuum, das ein Rückzug der USA aus dem Welthandelssystem bieten könnte, zu füllen. «Trump spielt in Pekings Hände», titelte der «Houston Chronicle» kürzlich. Mit dem Gipfel zur «Neuen Seidenstraße» in Peking gab Präsident Xi Jinping den Startschuss für eine «neue Weltordnung chinesischer Prägung». China finanziert mit seinen Milliarden eine «Infrastrukturdiplomatie», die entlang der alten Handelswege zwischen Asien, Afrika und Europa neue Wirtschaftskorridore mit Häfen, Straßen und Bahnen schaffen und seinen politischen Einfluss ausweiten soll.

Während Trump aus TPP aussteigt und auch die anderen Abkommen in Frage stellt, präsentiert sich Xi Jinping als Vorreiter des freien Handels, obwohl sein eigener Markt alles andere als offen ist. Seine «wundersame Bergpredigt» auf dem Weltwirtschaftsgipfel im Januar in Schweizer Davos, wo er sich gegen Abschottung a la Trump aussprach, setze Xi Jinping daheim nicht in die Tat um, beklagen Kritiker.

«Der Staatspräsident hat eine Situation genutzt und einen guten Aufschlag gemacht», sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) am Rande des «Seidenstraßen»-Gipfels in Peking. «Wir würden uns jetzt freuen, wenn das Ganze durch Taten unterlegt wird.» Dafür bedürfe es marktwirtschaftlicher Reformen, mehr Marktzugang und fairer Wettbewerbsbedingungen für ausländische Firmen in China.

Seit dem Treffen mit Xi Jinping Anfang April in Mar-a-Lago in Florida scheint die anfängliche Feindseligkeit des neuen US-Präsidenten gegenüber China aber verschwunden. «Trump hat Xi Jinping in die Augen geschaut und einen Kumpel gefunden», sagt der frühere Präsident der EU-Handelskammer in China, Jörg Wuttke. «Das hat die Spannung aus einigen Dingen herausgenommen.»

Wie die Klimapolitik in Europa setzt Trump in Asien Nordkorea als Faustpfand für Erfolge bei seinen Bestrebungen für einen US-freundlicheren Welthandel ein. Trump fordert die Kooperation Chinas, um den Druck auf Pjöngjang zu erhöhen und gegen das Atom- und Raketenprogramm vorzugehen. Diplomaten sehen «die große Enttäuschung» für Trump vorprogrammiert, weil China nicht so weit gehen werde, die Existenz des Machtapparats in Pjöngjang zu gefährden.

Trotz aller Kritik aus dem Weißen Haus nicht nur an China, sondern auch an den exportstarken Deutschen oder Japanern, gibt es gute Chancen für die Tauben in der internationalen Handelspolitik. «Ich denke nicht, dass irgendeiner der großen Handelspartner selbstmörderisch genug ist, einen Handelskrieg anzuzetteln», sagt Wuttke, der auch die EU und die Organisation der Industrieländer OECD berät. «Es ist eine Menge Rhetorik, viel für das heimische Publikum, aber ich sehe nicht, dass die USA damit Ernst machen wollen.»

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