Heute vor drei Jahren: der furchtbare Doppelmord

Koh Taos finstere Stunde und ein umstrittener Ermittlungsablauf

Die Leichen von Hannah Witheridge und David Miller wurden am 15. September 2014 am Sairee Strand von Koh Tao gefunden. Seither streitet die Welt über die Tatschuld der angeblichen Doppelmörder aus Myanmar.
Die Leichen von Hannah Witheridge und David Miller wurden am 15. September 2014 am Sairee Strand von Koh Tao gefunden. Seither streitet die Welt über die Tatschuld der angeblichen Doppelmörder aus Myanmar.

KOH TAO: Heute vor drei Jahren geriet die Welt ins Wanken. Es war anfangs nur die Welt einer 21 Quadratkilometer kleinen Insel namens Koh Tao im Golf von Thailand. Die Wellen rollten dann aber binnen weniger Stunden wie ein Tsunami des Entsetzens in den weiten Globus hinaus.

Am beschaulichen Strand von Sairee fand ein Gartenarbeiter der AC/Bar frühmorgens zunächst die entstellte Leiche der britischen Rucksacktouristin Hannah Witheridge (24), erschlagen und geschändet, an einem großen Stein der Rama V genannten Felsformation und wenig später den im Wasser treibenden nackten Leichnam von David Miller (25), beide aus Großbritannien.

Über die tagelange Suche nach einer Schar von mutmaßlichen Mördern war danach stündlich berichtet worden. Am 1. Oktober – zwei Wochen nach der grausigen und wohl sexuell motivierten Bluttat – hatte die Royal Thai Police ihre Täter. Es waren zwei Wanderarbeiter auf Koh Tao, aus dem Rakhine Staat in Myanmar. Beide gestanden laut Polizeiermittlern unabhängig voneinander ihre Beteiligung an dem Doppelmord sowie die gemeinschaftliche Vergewaltigung des Opfers Hannah Witheridge.

Kein Anwalt und kein Dolmetscher beim Verhör

Dass Zaw Lin und Wai Phyo (damals 21) erst vier Tage nach ihrer Festnahme und Vernehmung anwaltliche Hilfe erhielten und während der gesamten Verhöre kein zugelassener burmesischer Dolmetscher zur Verfügung gestanden hatte, warf ein erstes düsteres Licht auf die Polizeimethoden. Im Provinzgefängnis von Koh Samui widerriefen die jungen Burmesen ihre Geständnisse und erklärten ihren Anwälten, sie seien während der gesamten Vernehmung auf Koh Tao und in Surat Thani geschlagen und massiv bedroht worden, sogar die Versenkung im Meer sei ihnen in Aussicht gestellt worden.

Selbstredend verwiesen die Ermittler solche Beschuldigungen ins Reich der Fabel, und im Juli 2015 begann ein aufsehenerregender Mordprozess vor der Strafkammer des Provinzgerichtes Koh Samui. Die Eltern der ermordeten Briten reisten in den Golf von Thailand und Vertreter britischer und thailändischer Medien strömten ebenfalls in den überfüllten Gerichtssaal Nummer 5.

Staatsanwaltschaft: DNA im Mordopfer stimmte überein

Fast drei Monate dauerten die Verhandlungen und die Staatsanwaltschaft Surat Thani hatte zwei ‚dicke Pfunde‘ in der Hand: das Geständnis der Täter sowie angeblich im Mordopfer Hannah Witheridge gefundene Spermaspuren, die laut Anklage DNA-Übereinstimmung mit beiden Beschuldigten aufwies.

Diesen lupenreinen Ermittlungserfolg kauften viele der Anklagevertretung nicht ab, auch deshalb, weil Thailands Polizei keinen besonderen Ruf in der forensischen Untersuchung schwerwiegender Straffälle geniesst. Ungeachtet des zusätzlichen Vorwurfes, dass die Staatsanwaltschaft bis zuletzt wichtige Ermittlungsresultate vor der Verteidigung verborgen gehalten hatte, sorgte die Art und Weise der DNA-Aufarbeitung und Dokumentation des ‚Institut of Forensic Medicine Police Hospital Bangkok‘ für Kopfschütteln bei Prozessbeobachtern und zog harsche Kritik von Gerichtsmedizinern in Thailand, Australien und Großbritannien nach sich.

Gerichtsmedizinerin aus Australien: DNA-Tests unschlüssig

Die australische Forensikerin Jane Taupin, die jahrelang für die Kriminalpolizei in Victoria gearbeitet hatte, bezeichnete die Examination und Dokumentation der am Tatort gefundenen DNA-Spuren als ‚keinesfalls internationalen Standards entsprechend, fehlerhaft und nicht schlüssig‘. Noch härter ging eine Thailänderin mit den Kollegen des Polizeiinstituts in Bangkok ins Gericht. Die weltweit anerkannte Gerichtsmedizinerin Dr. Pornthip Rojanasunand trat als Zeugin der Verteidigung auf Koh Samui auf und gab eine vernichtende Einschätzung ab: „Diese gerichtsmedizinische Arbeit war schlampig, falsch dokumentiert und aus meiner Sicht nicht beweisfördernd“, sagte sie aus.

Dass nach dreimonatiger Verhandlung vor dem Provinzgericht und zweimonatiger Beratung am 24. Dezember 2015 gegen beide Beschuldigten das Todesurteil wegen gemeinschaftlichen Doppelmordes und Vergewaltigung verhängt wurde, entsetzte weite Teile der Gesellschaft in Thailand und Großbritannien und gemeinhin der ganzen Welt. Vergeblich hatte die Verteidigung fundierte Zweifel an der Ermittlungsmethodik geschürt, erfolglos hatten Menschenrechtler die durch Folter erzwungenen Geständnisse ‚zweier bettelarmer Sündenböcke‘ angeprangert.

Letzter Widerspruch zum Obersten Gericht noch unentschieden

Heute, am dritten Todestag von Hannah und David auf Koh Tao, ist der Strafprozess noch immer nicht rechtskräftig abgeschlossen und das Leben von Zaw Lin und Wai Phyo in den Todeszellen der Strafanstalt Bang Kwang in Bangkok hängt an einem seidenen Faden. Ihre letzte Chance ist die Berufung zum Obersten Gerichtshof. Diese wurde fristgerecht am 23. August 2017 beim Provinzgericht Koh Samui eingereicht. Nun muss ausgerechnet das Gericht über die Zulassung des Widerspruchs vor dem Supreme Court Bangkok entscheiden, das vor 22 Monaten das Todesurteil verhängt hatte.

Die Verteidigung wartet bisher vergeblich auf eine Mitteilung des Provinzgerichtes Koh Samui. Zwei Wochen dauere das Prüfen der Berufungsakten, erklärte eine Sprecherin Ende August der Verteidigung. Mittlerweile sind mehr als drei Wochen ins Land gezogen. Ein gutes oder ein schlechtes Omen? Das kommt darauf an, auf welche Seite man sich im Laufe dieses quälenden Mordverfahrens geschlagen hat. Tod für Zaw Lin und Wai Phyo durch die Giftspritze oder Freispruch aufgrund erheblicher Zweifel an ihrer Schuld? Auch drei Jahre nach dem grausamen Doppelmord bleibt diese Frage unbeantwortet.

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Mike Dong 16.09.17 15:48
@Hr.Riedlberger
Ja, das vermutete ich, daß Sie keine hatten. Ich habe eine Zweit-SD-Karte. Im Falle eines Falles werde ich die sofort wechseln, wenn ich dies kann. Man kann nur jedem empfehlen nur mit DashCam zu fahren. Ich drücke beide Daumen für Ihren Prozess.
Johann Riedlberger 16.09.17 12:58
es bleibt spannend
Der Motorradfahrer muss sich am 26. September vor dem Provinzgericht in Pattaya wegen Meineid verantworten. Er hat über seine Falschirmsprünge sogar ein interview gegeben, so dass er sich kaum herausreden kann. Ich hoffe immer noch dass es so was wie Gerechtigkeit gibt.
@ Mike Dong: Ich hatte damals noch keine Dashcam, würde heute aber keinen Meter mehr ohne fahren. Im falle eines Unfalls soll man natürlich auf die SD card aufpassen, denn Beweise verschwinden hier schon mal. :)
P.I.N.O MAERZ 15.09.17 18:36
Naja
dafür lebt ihr ja in Thailand, in diesem wunderschönem Land, schönes wetter, alles billig usw.Man muss nur aufpassen nicht in die fänge der justiz zu geraten, denn dann wird das Paradie schnell zum alptraum. Niemand zwingt euch dort zu leben, jeder ist freiwillig in Thailand, Man darf nur nicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein. Also immer wachsam sein.
Mike Dong 15.09.17 18:33
@Hr.Riedlberger
Danke für die interessante Story. Ist ja schon der Hammer. Mich würde interessieren, ob Sie eine "DashCam" hatten u ob die Aufnahmen als Beweis des Hergangs ignoriert wurden ?
Ingo Kerp 15.09.17 13:25
Es ist kein Ruhmesblatt der Behoerden, das bisher kein Ende in Sicht ist.
Johann Riedlberger 15.09.17 12:29
Gerechtigkeit in Thailand
Im Jahre 2012 zwang mir ein rücksichtsloser Big-Bike Fahrer zum ausweichen da er sich mit hoher Geschwindigkeit auf der falschen Seite heranraste. Links waren Betonpfosten und das Feld etwas tiefer, so dass ich nach rechts zog und anhielt. Kurz vor mir schwenkte er, und rammte mich von der Seite kommend in die Stoßstange. Die Abdrücke die er hinterlassen hat sind eindeutig. Die Polizei weigerte sich nicht nur die Beweise in Augenschein zu nehmen, sondern auch überhaupt eine Vernehmung von mir durchzuführen.
Bei der vereidigten Aussage des Motorradfahrers vor Gericht in 2014 klagte er, dass er dass er seit dem Unfall nicht mehr Fallschirmspringen könne und darum seinen Beruf als Fallschirm-Ausbilder aufgeben musste.
Ich konnte schon damals Beweise vorlegen dass er in der Zwischenzeit sogar aus einem Helikopter über dem Mt. Everest abgesprungen ist.
Eine Anwohnerin wollte nicht als Zeugin erscheinen, weil sie eingeschüchtert worden ist.
Meiner Freundin die mit im Auto sass wurde nicht geglaubt. Ich wurde verurteilt auf die Aussage eines nachweislich Meineidigen! Die Anklage hatte keinen anderen Beweis.
Wenn es hier zu Gericht geht ist es egal was man getan hat, es kommt darauf an wen man kennt.