Greise Rote-Khmer warten auf ihr Urteil

PHNOM PENH: In Kambodscha warten zwei führende Rote Khmer auf ihr Urteil. Ein Zeitungsbericht wirft jetzt ein Licht auf den Haftalltag der Hochbetagten, die wegen Völkermords angeklagt sind.

Nuon Chea, 87, hat eine Vorliebe für Tofu. Er geht früh ins Bett und liest gerne Zeitung. Der 82-jährige Khieu Samphan gibt zu, in letzter Zeit etwas zu viel gegessen zu haben. Darum fährt er jetzt öfter Rad auf einem Hometrainer. Was sich nach dem normalen Alltag zweier Greise anhört, spielt sich aber im Gefängnis ab. Die beiden Männer sind überlebende Drahtzieher des brutalen Rote-Khmer-Regimes in Kambodscha. Vor einem Sondertribunal warten sie auf ihr Urteil, angeklagt unter anderem wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Details zu ihrem Haftalltag am Stadtrand der Hauptstadt Phnom Penh waren am Mittwoch an die Öffentlichkeit gedrungen. Die Tageszeitung «Phnom Penh Post» hatte einen internen Bericht zum Gesundheitszustand der beiden Hochbetagten zitiert.

Geschätzte 1,7 Millionen Menschen kamen während der vierjährigen Schreckensherrschaft der Roten Khmer in den 1970er Jahren um. Diese überrannten das vom Bürgerkrieg zerrüttete Land und wollten einen maoistischen Bauernstaat schaffen. Sie trieben Millionen Menschen aufs Land und in die Zwangsarbeit.

«Bruder Nummer zwei» beteuert Unschuld

Nuon Chea war stellvertretender Regimechef und «Bruder Nummer zwei» von Oberbefehlshaber Pol Pot, Khieu Samphan war Staatschef. Beide beteuern, von den Gräueltaten der Untergebenen nichts gewusst zu haben. Sie verlangen einen Freispruch. Das Urteil in dem fast drei Jahre dauernden Prozess wird für Juni erwartet.

Regelmäßig untersucht ein Team von Ärzten und Psychiatern die beiden Angeklagten. Nuon Chea setzen dem Bericht zufolge Gicht und Rückenschmerzen zu. Vor einigen Wochen attestierte man ihm «rapide nachlassende physische Funktionen». Die Ärzte rieten, rotes Fleisch und Sojaprodukte von seinem Speiseplan zu streichen. Aber beide Männer wurden für gesund genug befunden, um den Prozess durchzustehen.

Khieu Samphan verbringt seine Tage mit dem Schreiben eines Buches. Damit möchte er angebliche Falschinformationen über die Roten Khmer «entlarven», wie er laut «Phnom Penh Post» sagt.

Verantwortlichen sollen strafrechtlich belangt werden

Die Regierung von Kambodscha und die Vereinten Nationen richteten das Völkermordtribunal im Jahr 2003 ein. Es sollte die noch lebenden Verantwortlichen der Gewaltherrschaft von 1975 bis 1979 strafrechtlich belangen. Bislang hat das Tribunal jedoch nur einen, den Vorsteher des Foltergefängnisses S-21, zu lebenslanger Haft verurteilt.

Ursprünglich waren vier überlebende Drahtzieher des Regimes angeklagt, auch Ex-Außenminister Ieng Sary und Ex-Sozialministerin Ieng Thirith. Ieng Sary starb im März 2013 an Herzversagen, das Verfahren gegen seine Frau wurde wegen fortschreitender Demenz ausgesetzt. Pol Pot starb bereits 1998.

(Foto: epa)

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.