Gedanken zur aktuellen Lage in Thailand

Gedanken zur aktuellen Lage in Thailand

THAILAND: Ein Blick auf Thailand, wo ich seit vielen Jahren lebe: Auch hier geht ein tiefer Riss durch die Gesellschaft. Die „Roten“, Anhänger des im Exil lebenden früheren Minis­terpräsidenten, und die „Gelben“, die sich Demokraten nennen und den einkommensstärkeren Schichten der Städte angehören, stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Der Militärputsch hat die gegenseitigen Kämpfe beendet, aber im Untergrund hat sich bis heute nichts verändert. Beide Seiten wollen an die Macht, und es scheint selbst mir, der als überzeugter Demokrat unverdächtig gegenüber jeder Form von Diktatur ist, als ob das derzeitige Militärregime zurzeit die einzige Alternative zum Bürgerkrieg darstellt. Die Ungewissheit über die Zukunft dieses Landes steigt von Tag zu Tag. Seit Monaten bangte das Volk um das Leben des hochverehrten und geliebten Königs. Am 13. Oktober ist der „Vater der Nation“ gestorben. Noch weiß keiner wie es weitergehen wird. Wann der designierte neue König, Kronprinz Maha Vajiralongkorn, den Thron besteigen wird.

Laute Musik, bunte Reklame und öffentliche Feiern sind verboten. Für zunächst 30 Tage sind alle Fernsehsender gleichgeschaltet. Unterhaltungssendungen oder Seifenopern dürfen nicht ausgestrahlt werden. Ebenso werden im ganzen Land alle Aufführungen, Konzerte und Partys abgesagt. Das Wat Phra Kaeo, der Tempel des Smaragd-Buddha und der Königspalast sind vorübergehend gesperrt. Sogar alle Fußballspiele im Land wurden abgesagt. Die Sieger werden per Los ermittelt. Mitarbeiter in öffentlichen Behörden sollen schwarze Kleidung tragen. Der 96-jährige frühere Ministerpräsident und langjährige Vorsitzende des Kronrats, Prem Tinsulanonda, hat vo­rübergehend die Amtsgeschäfte des verstorbenen Monarchen übernommen.

Und was bedeutet das alles für die vom Tourismus abhängige Branche? Zur Trauer gesellt sich die Furcht um die eigene Exis­tenz. Man könnte fast von einer Schockstarre sprechen, die sich über das Land gelegt hat. Andererseits bietet die gemeinsame Trauer der gesamten Bevölkerung eine kleine Chance, den gegenseitigen Hass zu überwinden und aufeinander zuzugehen. Noch aber herrscht überall Ungewiss­heit. Hinzu kommt, die Saison war katastrophal. Die Russen und Chinesen kommen nicht mehr in dem Maße wie früher. Überall kann man Geschäfte, Häuser oder Condos zum Schrottpreis erwerben. Nachbarländer profitieren von dieser Krise. Investoren stornieren ihre Pläne und warten darauf wie Thailand sich entwickelt, oder sie entscheiden sich für andere Länder, die als sicherer gelten.

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