Freitags Tournee-Traum geplatzt

Foto: epa/Lisi Niesner
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INNSBRUCK (dpa) - Ein Sturz entscheidet das Duell zwischen Richard Freitag und Kamil Stoch, der nun den Vierfachsieg von Sven Hannawald wiederholen könnte. Wegen starker Schmerzen muss Freitag auf den zweiten Sprung verzichten. Ein anderer Deutscher ist plötzlich Gesamtzweiter.

Richard Freitag war nach seinem Schock-Sturz schon unter starken Schmerzen auf dem Weg in die Klinik, als Kamil Stoch den vorletzten Schritt zum historischen Vierfachsieg bei der Vierschanzentournee machte. Nachdem Freitags Träume vom Gesamtsieg am Donnerstag in Innsbruck brutal geplatzt waren, holte sich sein polnischer Widersacher im dritten Springen den dritten Sieg. Der Sachse Freitag, Führender im Gesamtweltcup, konnte seinen Versuch auf 130 Meter im ersten Durchgang nicht stehen und trat zum zweiten Sprung nicht mehr an. Noch ist unklar, ob Freitag zum abschließenden Springen in Bischofshofen antreten wird. Dort kann Stoch als erster Skispringer nach Sven Hannawald den Grand Slam perfekt machen.

Bundestrainer Werner Schuster machte vor allem die Jury für den Sturz seines Vorzeige-Athleten verantwortlich. «Die Art und Weise, wie der Wettkampf angepackt wurde, war nicht richtig und das ist schade für die Tournee», kritisierte der Coach. Ohne Freitag hat Dreifachsieger Stoch vor dem letzten Wettkampf am Samstag (17.00 Uhr/ARD und Eurosport) quasi keine Konkurrenz mehr. Erster Verfolger ist Andreas Wellinger, der am verregneten Bergisel vor 16.300 Zuschauern Dritter wurde und als Gesamtzweiter knapp 65 Punkte hinter Stoch liegt.

Freitag blieb zunächst im Schnee liegen, grüßte dann ins Publikum und signalisierte so, dass er zumindest nicht schwerer verletzt zu sein scheint. «Es ist schade, dass dieser großartige Sportler hier nicht belohnt wird», sagte Schuster. Teamkollege Wellinger fluchte im ZDF: «Beim Ritsch ist es einfach nur beschissen.» Der Bayer selbst hatte im ersten Sprung die Tagesbestweite von 133 Meter gestanden. Bei Freitag gelang das wenig später im nebligen Absprunghang nicht mehr.

Immerhin schien beim 26-Jährigen hauptsächlich die Hüfte und nicht das Knie betroffen zu sein. Nach dem geplatzten Tournee-Traum und nur wenige Wochen vor der Skiflug-WM in Oberstdorf und den Olympischen Spielen in Pyeongchang stehen für Freitag alle Ziele auf dem Spiel, sollte die Untersuchung in der Klinik von Innsbruck eine ernsthafte Verletzung ergeben. «Das Wichtigste ist, dass er keine ernsthafteren Schäden hat. Es ist unglaublich bitter für uns alle, aber in erster Linie für den Ritschi selbst», stellte der Sportliche Leiter Horst Hüttel beim ORF fest.

Der Sturz des bisherigen Tournee-Zweiten, der hauptsächlich nach einem technischen Fehler von Freitag selbst aussah, verärgerte die DSV-Verantwortlichen, die bei starkem Regen und durchwachsener Sicht eine niedrigere Anlaufluke forderten.

«Dieser Norweger ist bekannt für offensive Wettkampfführung. Er hat einfach eine andere Auffassung von Skispringen», schimpfte Schuster über Geir Steinar Loeng, der in Innsbruck als Technischer Delegierter für den Ablauf des Wettkampfes zuständig war. Hüttel ergänzte: «Unglücklicher Umstand, aber wenn eine Luke weniger Anlauf gegeben wird, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass so etwas nicht passiert.»

Schuster selbst hatte den Anlauf bei Aufwind vor Freitag auch nicht verkürzt, um bei wechselnden Verhältnissen keinen Rückenwind-Sprung mit zu wenig Geschwindigkeit zu riskieren. «Es ist schon seit gestern die falsche Wettkampfführung für diese Aufsprungpräparierung», sagte der Österreicher. Sein Kollege Stefan Horngacher verkürzte direkt im Anschluss für seinen Springer Stoch, der ebenfalls auf 130 Meter kam und später mit seinem dritten Sieg nach Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen quasi den Tournee-Sieg eintütete. Für Stoch geht es nun nur noch darum, ob in Bischofshofen der zweite Vierfachsieg in 66 Tournee-Jahren gelingt oder nicht.

Schuster und Hüttel hofften, dass Freitags Verletzungen nicht schwerer sind. Zuletzt stand der 26-Jährige, der derzeit souverän das Gelbe Trikot trägt, sieben Mal in Serie auf dem Podest. In Nischni Tagil, Titisee-Neustadt und Engelberg feierte er Siege, bei den ersten beiden Tournee-Springen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen sprang er jeweils auf Rang zwei.

Selbst mit dem Abzug der Sturzpunkte wäre Freitag nach einem Sprung noch auf dem zweiten Gesamtplatz gestanden. Nun kann der 22-jährige Wellinger nach seinem bislang besten Wettkampf bei der Tournee von einem Gesamtpodest beim Traditionsevent in Deutschland und Österreich hoffen. «Wichtig, dass wir die Moral oben halten», forderte Schuster.

Wellinger freute sich über seinen dritten Platz hinter Stoch und dem Norweger Daniel Andre Tande. «Der Wettkampf war extrem cool, das gibt Selbstbewusstsein. Dass ich auf dem Podest stehe, ist geil», sagte der Mixed-Weltmeister. Markus Eisenbichler als Achter, Stephan Leyhe auf Rang neun und Karl Geiger als Zwölfter komplettierten ein starkes Teamergebnis für die deutschen Adler.

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