Freiheit für kranken Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo gefordert

Foto: epa/Jerome Favre
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PEKING (dpa) - Liu Xiaobo ist an «Leberkrebs im späten Stadium» erkrankt. Der chinesische Friedensnobelpreisträger wurde aus der Haft entlassen und in ein Krankenhaus verlegt - wirklich «frei» ist er nicht.

Menschenrechtler und das Nobelkomitee haben eine bedingungslose Freilassung des schwer an Leberkrebs erkrankten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo gefordert. In Appellen verlangten sie am Dienstag, dem 61-Jährigen die Ausreise zur medizinischen Behandlung zu ermöglichen. Die Gefängnisbehörden der Provinz Liaoning in Nordostchina bestätigten, dass ihm «Bewährung aus medizinischen Gründen» gewährt worden sei. Er werde im Krankenhaus Nr. 1 der Medizinischen Universität Chinas in der Provinzhauptstadt Shenyang von «acht führenden heimischen Krebsexperten» behandelt.

Das Nobelkomitee forderte, dass Liu Xiaobo «jetzt ohne Bedingungen freigelassen wird und die bestmögliche Behandlung für seine Krankheit angeboten bekommt, sei es in China oder im Ausland». Auch bekräftige das Komitee die Einladung an den Bürgerrechtler, nach Oslo zu kommen und seinen Friedensnobelpreis abzuholen. «Er wurde im Wesentlichen für die Ausübung der Meinungsfreiheit verurteilt und hätte gar nicht erst zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden dürfen.»

Bei Liu Xiaobo war am 23. Mai Leberkrebs im späten Stadium diagnostiziert worden, wie seine Anwaltskanzlei mitteilte. Seine Frau Liu Xia, die seit Jahren in ihrer Wohnung in Peking unter Hausarrest steht, berichtete einem Freund weinend in einer Videonachricht vom Schicksal ihres Mannes. «Sie können nicht operieren, keine Bestrahlung machen und keine Chemotherapie», wurde Liu Xia von der Menschenrechtsgruppe Human Rights in China (HRiC) zitiert. Dass die Diagnose erst so spät gestellt worden sei, weckt der Gruppe zufolge «ernste Sorgen» über seine Behandlung in Haft.

Menschenrechtsgruppen forderten vollständige Freiheit für Liu Xiaobo, der nur unter Auflagen aus der Haft entlassen und ins Krankenhaus gebracht wurde. Auch wurde Aufklärung über die medizinischen Untersuchungen und Behandlungen im Gefängnis verlangt. Die internationale Gemeinschaft müsse Vertreter nach Shenyang schicken, um die Situation von Liu Xiaobo zu untersuchen, forderte HRiC.

Auch wenn früher Bürgerrechtler über «Bewährung aus medizinischen Gründen» tatsächlich nach Hause entlassen worden seien oder zur Behandlung auch ausreisen durften, sei dieses Vorgehen selten geworden, berichtete John Kamm von der amerikanischen Dui-Hua-Stiftung, die gute Beziehungen in den Justizapparat in China pflegt und bei der Freilassung politischer Gefangener geholfen hatte.

«Es ist wahrscheinlich, dass Liu Xiaobo von bewaffneten Wärtern überwacht wird.» Ein Häftling, der derart auf Bewährung entlassen werde, könne nicht als «frei» oder «freigelassen» beschrieben werden, erklärte Kamm. Er sitze weiter seine Haftzeit ab, wenn auch an einem anderen Ort als dem Gefängnis. Alle sechs Monate werde der Fall überprüft. Kamm forderte, dass Liu Xiaobo und seine Frau zur Behandlung ins Ausland reisen dürfen, wenn sie es wünschten.

Der Bürgerrechtler, der sich seit den 80er Jahren für Demokratie und Menschenrechte in China eingesetzt hatte, war 2009 wegen «Untergrabung der Staatsgewalt» zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Liu Xiaobo war Mitverfasser der 2008 von 300 Intellektuellen unterzeichneten «Charta 08», in der ein «freier, demokratischer und verfassungsmäßiger Staat» in China gefordert wird. Er erhielt 2010 den Friedensnobelpreis.

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