Frauen, Männer und andere

Frauen, Männer und andere

Soweit mir bekannt ist, sind Männer und Frauen in Thailand gleichberechtigt. Sie können jedes Amt innehaben, sie können tun und lassen, was sie wollen. Sie können auch Ministerpräsidentin werden.

Nur die Religion setzt ihnen Grenzen. Frauen können, weiß gekleidet, Mönch werden, aber einen echten Mönch zu berühren wäre ein Eklat, der eine längere reinigende Zeremonie erforderlich machen würde. Frauen stehen heutzutage in allen wichtigen Geschäftszweigen in diesem Land an verantwortlichen Stellen, ebenso in allen Wissenschaften. Offensichtlich hat man hier begriffen, dass Frauen ein wesentlicher Bestandteil des Fortschritts sind. Natürlich gibt es auch hier Widerstände von konservativen Kräften, aber die sind nicht wirklich erfolgreich. Frauen beweisen, dass sie auf einigen Gebieten den Männern überlegen sind, und an den Universitäten sind sie oft in der Mehrzahl. Es ist sogar möglich, dass es hier ohne Quotenregelung schneller zur Frauenanpassung kommt als bei uns in Europa.

Daneben gibt es natürlich auch das sogenannte „Dritte Geschlecht“: jene, die als Männer im falschen Körper geboren sind und deshalb alles tun, um eine Frau zu werden. Oder die Mädchen, die unbedingt ein Mann werden wollen. Offiziell sind sie hier in Thailand anerkannt, aber in der eigenen Familie gibt es oft Vorbehalte. Es gibt studierte und erfolgreiche Kathoeys. Oft landen sie im Showgeschäft oder auf dem Strich. Bei mir im Condo arbeitet so ein Ladyboy, freundlich, kompetent und stets hilfsbereit.

Die Armut des Landes, vorwiegend in den ländlichen Gegenden des Isaan, verhindert bis heute die Bildung der Bewohner dieses Landstrichs. Sie sind bestimmt nicht weniger bildungsfähig als die Gleichaltrigen in den Großstädten, aber da viele von ihnen kaum eine Chance haben in die Schule zu gehen, geschweige denn an die Universitäten, bleiben sie ungebildet, nützlich nur für Feldarbeit oder im Sexgeschäft der Touris­tenzentren.

Männer und Frauen sind in ihrer Wertigkeit absolut gleich. Diese Satz muss weltweit durchgesetzt werden als ein Grundsatz der Menschheit. Dieser Satz unterstreicht eines der großen Ziele der Weltgemeinschaft, der UN. Wir wissen um die Ungleichheit in vielen Ländern. Wir wissen, wie Frauen in Ländern anderer Religionen behandelt werden. Wir wissen, dass selbst bei uns in Europa Frauen misshandelt oder gar getötet werden, wenn sie sich mit Christen einlassen. Nein, immer noch gilt die Frau weithin als Dienerin, als Köchin des Mannes oder als Gebärende der Kinder. Und für viele Farangs in Thailand ist sie eine käufliche Sexbombe, die der Grund ist für die lange Reise in dieses exotische Land. Sind die Männer so blöde zu glauben, dass sie hier mehr geliebt werden als zu Hause? Oder lassen sie sich hier lieber ausnehmen als von der angetrauten Ehefrau? Ich bin davon überzeugt, solange den Frauen nicht die gleichen Rechte zugebilligt werden wie den Männern, solange werden wir nicht vorankommen, und damit meine ich nicht nur die Moral sondern auch die Wirtschaft und der Politik. Die Sensibilität der Frauen hat auf dieser Welt schon so oft segensreich gewirkt. In der Waagschale des Lebens sind sie nicht nur gleichwertig, sie wiegen sogar schwerer. Warum? Weil sie nicht nur für den Nachwuchs sorgen, sondern weil sie nebenbei auch noch ihren Job hervorragend gestalten. Natürlich, auch der Mann wird gebraucht, um Kinder zu zeugen, auch er macht meistens einen guten Job. Er muss sich nicht in die Ecke stellen. Aber die Frau als gleichwertig zu akzeptieren, ihr mit Respekt und Empathie zu begegnen, das sollte inzwischen selbstverständlich sein

Daneben sollte und darf man auch die Schwulen und Lesben nicht vergessen. Ich weiß, dass viele Leser das Thema Homosexualität nicht mehr hören oder lesen wollen. Nicht unbedingt deshalb, weil sie etwas dagegen haben. Viele denken – und das halte ich nicht für abwegig – dass die allgegenwärtige Diskussion um dieses Thema dazu führen könnte, dass sich eine Gegenbewegung entwi­ckelt. Nackte oder halbnackte sich küssende Männer auf den Christopher-Day-Paraden sind auch toleranten Heteros nicht immer zu vermitteln. Ganz persönlich bin ich der Meinung, dass der Austausch von Zärtlichkeiten oder sexuelle Aktivitäten in der Öffentlichkeit nichts zu suchen haben.

Schwule in den meisten europäischen Ländern fühlen sich längst emanzipiert. Auch hier in Thailand ist das kein Thema. Hier sind drei Geschlechter akzeptiert, und wer dagegen protestiert, muss damit rechnen, dass er Gegenwind bekommt. Nie war in diesem Land Homosexualität verboten. Nie war das sexuelle Leben einzelner Menschen von der Religion beeinflusst. Jeder durfte hier leben, wie es ihm beschieden war. Denn eines dürfte klar sein: Niemand, kein Mensch kann sich aussuchen, ob er als Mann oder Frau auf die Welt kommen will, ob er transsexuell, lesbisch oder schwul wird. Der indonesischen Regierung ist das offenbar noch nicht klar.

Ich weiß nicht, wie viele Menschen wie lange darum gekämpft haben, um ihr Leben, ihr einzigartiges, einmaliges Leben, das sie geschenkt bekommen haben, aber nie selbst ausgesucht haben, selbstbestimmt leben zu dürfen. Viele wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet. Noch heute gibt es Länder, wie Rumänien, wo Homosexuelle mit der Todesstrafe bedroht werden. Ein Skandal! Mehr noch: Das ist total menschenverachtend. Länder, die solche und ähnliche Gesetze anwenden, gehören ausgeschlossen aus allen Gremien, die sich weltweit einsetzen für Humanität, Freiheit und Gerechtigkeit.

Richtig ist, die Schwulen in weiten Teilen der Welt haben in den letzten Jahrzehnten an Selbstbewusstsein gewonnen. Sie setzen sich ein für ein selbstbestimmtes Leben und finden dafür auch große Unterstützung. Man schätzt ihre Zahl auf etwa 5 Prozent weltweit. In Pattaya denke ich manchmal, es sind zehnmal so viele. Aber es stört mich nicht. Sie tun mir nichts.

Oder ein anderes glaubhaft überliefertes Zitat: Als man dem Kanzler Adenauer berichtete, sein Außenminis­ter von Brentano sei schwul, (immerhin zu Zeiten, als dieses Thema nach tabu und kriminalisiert war), soll er geantwortet haben: „Solange er mich in Ruhe lässt, ist mir das egal“. Ich denke, mit dieser Einstellung kann man leben.

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