Malaysia bestellt nordkoreanischen Botschafter ein

 Der nordkoreanische Botschafter Kang Chol. Foto: epa/Fazry Ismail
Der nordkoreanische Botschafter Kang Chol. Foto: epa/Fazry Ismail

Seoul/Kuala Lumpur (dpa) - Der rätselhafte Tod des älteren Halbbruders von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un sorgt für diplomatische Verstimmungen zwischen Malaysia und Nordkorea. Eine Woche nach dem mutmaßlichen Giftanschlag auf Kim Jong Nam im Flughafen von Kuala Lumpur bestellte das malaysische Außenministerium am Montag den nordkoreanischen Botschafter ein. Der Abgesandte Kang Chol soll angedeutet haben, die Regierung in Kuala Lumpur habe in dem Fall «etwas zu verbergen» und paktiere mit äußeren Kräften, teilte das Ministerium mit. Malaysia rief zudem seinen Botschafter aus Pjöngjang zurück.

Bei einer Pressekonferenz am Freitag hatte Kang die malaysische Regierung heftig für ihr Vorgehen in dem Fall kritisiert. Nordkorea werde das Ergebnis einer Autopsie nicht akzeptieren, die ohne Zustimmung Pjöngjangs durchgeführt wurde. Auch forderte Nordkorea von den malaysischen Behörden, den Leichnam zu übergeben.

Der malaysische Außenminister Anifah Aman wies die Kritik Nordkoreas zurück. Die Ermittlungen zum Tod von Kim Jong Nam würden «unvoreingenommen» durchgeführt, zitierte die Zeitung «The Star» eine
Mitteilung des Außenministers vom Montag. Auch der malaysische Regierungschef Najib Razak versicherte: «Es gibt keinen Grund, warum wir Nordkorea in einem schlechten Licht darstellen wollen würden»,
sagte er der «New Straits Times» zufolge.

Kim Jong Nam soll am Montag vergangener Woche auf dem Flughafen mit einer giftigen Substanz besprüht worden sein. Der 45-Jährige starb kurz darauf auf dem Weg ins Krankenhaus. Der Verdacht richtet sich
gegen Nordkorea, dessen Machthaber für brutales Vorgehen bekannt ist.

Der japanische Fernsehsender Fuji TV veröffentlichte die Aufnahme einer Überwachungskamera, die den Vorfall zeigen soll. Auf dem Video ist ein Mann zu sehen, der den Flughafen betritt und auf eine
Anzeigetafel schaut. Kurz darauf nähern sich ihm zwei Frauen. Eine fasst mit ihren Händen von hinten um seinen Kopf herum, bevor die beiden sich entfernen.

Die Polizei nahm bisher vier Personen in dem Fall fest, die Papiere aus Nordkorea, Malaysia, Indonesien und Vietnam bei sich trugen. Zu ihnen gehören auch die beiden Frauen, die im Verdacht stehen, Kim im
Flughafengebäude überfallen zu haben. Bei den Frauen wird spekuliert, dass sie Agentinnen des nordkoreanischen Geheimdienstes sind.

Südkoreas Regierung bestärkte unterdessen den Vorwurf, dass das kommunistische Regime in Pjöngjang hinter dem Tod Kim Jong Nams stecke. Zur Frage nach den Motiven äußerte Verteidigungsminister Han
Min Koo laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap vor einem Parlamentsausschuss die Vermutung, der Halbbruder könne eine Bedrohung für die Herrschaft Kim Jong Uns dargestellt haben.

«Der Mord an Kim Jong Nam durch Nordkorea könnte dazu gedient haben, Alternativen zum Regime von Kim Jong Un zu beseitigen», spekulierte demnach Han. Auch könnte Pjöngjang nach außen ein Warnsignal an «Flüchtlinge und Dissidenten» aus dem eigenen Land gesandt haben.

Kim Jong Nam - erstgeborener Sohn des früheren Diktators Kim Jong Il - wurde einst als dessen Nachfolger gehandelt. Er fiel jedoch noch zu Lebzeiten von Kim Jong Il in Ungnade. Nach dessen Tod im Dezember
2011 rückte der jüngere Sohn Kim Jong Un an die Spitze des kommunistischen Staates auf. Kim Jong Nam lebte seither die meiste Zeit im Ausland. Mehrfach äußerte er sich kritisch über die Situation in seinem Heimatland, der letzten kommunistischen Dynastie. Als Regimegegner galt er jedoch nicht.

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