Genug (vom) Plastikmüll

Foto: epa/Michael Reynolds
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PEKING/BERLIN (dpa) - Lange haben Staaten weltweit ihren Abfall und Schrott nach China verschifft. Doch damit ist jetzt Schluss. Pekings Importstopp für Plastik und andere Müllsorten hat auch für Deutschland Konsequenzen.

China leidet unter gefährlichem Smog, verseuchten Böden und verdreckten Flüssen wie kaum ein anderes Land. Und trotzdem haben Umweltschützer in diesen Tagen viel Lob für die Volksrepublik übrig. Peking hat Ernst gemacht und zum Jahreswechsel eine auch für Deutschland folgenschwere Entscheidung umgesetzt: Müll aus dem Ausland muss ab jetzt draußen bleiben. Plastikabfälle und mehr als 20 andere Recycling-Materialen dürfen seit dem 1. Januar nicht mehr eingeführt werden.

Von einem «Weckruf» spricht die Umweltorganisation Greenpeace. Denn die für westliche Staaten bequemen Zeiten, in denen riesige Frachter Kurs auf das Reich der Mitte nahmen, um dort den Müll der Industrieländer abzuladen, sind damit vorbei. Lange sahen beide Seiten Vorteile in diesem Handel: Der Westen wurde seinen Abfall los, Firmen in China ließen ihre Arbeiter den angelieferten Müll nach verwertbaren Stoffen durchwühlen und machten Profite.

Ganze Regionen in chinesischen Provinzen verdienten ihren Lebensunterhalt damit, den Abfall von anderen Kontinenten zu sortieren und auszuschlachten. Nun aber will der bisherige Abfall-Importweltmeister China seine Umwelt und Arbeiter besser schützen. Der Müll sei zu gefährlich, begründete Peking seine Entscheidung in einem Schreiben an die Welthandelsorganisation (WTO).

Tatsächlich dürfte Chinas Kehrtwende noch einen anderen Grund haben. 2016 hat die Volksrepublik rund 7,3 Millionen Tonnen Plastikmüll im Wert von 3,7 Milliarden Dollar eingeführt - mehr als die Hälfte der weltweiten Importe. Doch auch selbst produziert das Land immer mehr Unrat, den es kaum noch bewältigen kann. Rund 200 Millionen Tonnen Hausmüll waren es im vergangenen Jahr.

In Deutschland wird durch die Entscheidung einiges in Bewegung kommen, da sind Experten sich einig. 560.000 Tonnen Plastikabfälle pro Jahr hat die Bundesrepublik bisher nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) nach China exportiert - das waren immerhin 9,5 Prozent des Plastikmülls. Werden die sich jetzt irgendwo stapeln?

«Wir werden schon in Schwierigkeiten kommen, aber das sieht nicht so aus, dass der Privatmann auf seinem Müll sitzen bleibt», sagt Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Bis vor Kurzem hätten Recycling-Unternehmen ihr Material noch ankaufen müssen. Inzwischen bekämen sie teilweise schon Geld dafür, es Sortieranlagen oder den Dualen Systemen abzunehmen. «Dieser Trend wird sich ganz klar verstärken», erklärt Lacher.

Der Grüne Punkt - der Betreiber des bekanntesten Sammelsystems - teilt dagegen mit, dass er von der Entscheidung «nicht direkt» betroffen sei, weil der Inhalt der gelben Säcke oder Tonnen ohnehin größtenteils in Deutschland oder Europa verwertet werde. Zudem habe man eigene Recycling-Kapazitäten, die ausgebaut würden.

Dass insgesamt ein Preisdruck entstehen könne, bestätigt ein Sprecher allerdings. Ob Verbraucher den zu spüren bekämen, sei eine andere Frage - für einen Joghurtbecher etwa lägen die Entsorgungskosten deutlich unter einem Cent.

Die vielen zusätzlichen Tonnen Plastik einfach zu verbrennen, ist jedenfalls keine Lösung. Erstens zählten die China-Exporte teils als Recycling, weil es dort zertifizierte Recycling-Anlagen gibt. «Deutsche «Recycling-Erfolge» wurden jahrelang mit dem Export minderwertiger Mischkunststoffe nach China schön gerechnet», heißt es beim Verband Kommunaler Unternehmen. Zudem seien Verbrennungsanlagen gut ausgelastet, wie eine Sprecherin erklärt: «Die Systembetreiber müssen viel mehr Anlagen für das Recycling in Deutschland aufbauen.»

Darauf setzen nun auch Umweltschützer. «Die Verschlechterung der Exportbedingungen nach China ist aus Umweltsicht positiv - denn damit entstehen Anreize, in Deutschland die Kunststoffabfälle besser zu sortieren und aufzubereiten sowie mehr recycelte Materialien einzusetzen», sagt Evelyn Hagenah vom Umweltbundesamt.

Das müsse vor allem die Wirtschaft leisten. Die Märkte würden aufgemischt durch Chinas neue Importregeln: «Wenn die Nachfrage zum Beispiel nach Müllverbrennung steigt, kann das die Kosten treiben - und damit Recycling konkurrenzfähiger machen.»

Das wäre auch mit Blick auf die Zukunft hilfreich - denn das neue Verpackungsgesetz, das 2019 in Kraft tritt, schraubt die vorgegebenen Recyclingquoten nach oben. Umweltverbände und Recycling-Branche mahnen daher im Chor, dass Verpackungen besser wiederverwertbar werden müssen und mehr Recycling-Material verwendet werden soll.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

rene amiguet 09.01.18 14:57
Endlich haben die Chinesen gemerkt wie sie missbraucht werden. Jetzt wird der Müll wahrscheinlich nach irgendwo in Afrika verschifft werden, Die Müllmafia wird sicher ein Lösung finden und die wohlhabenden immer noch mehr Müll produzieren.
Rupert Mohr 08.01.18 16:58
PET Flaschen sind umkämpft
PET Material ist stark nachgefragt. Die deutschen Unternehmen kamen meist nicht zum Zug, weil die chinesischen Verwerter sie um das doppelte überboten haben.
Nun ja, gibt es weniger Flies Pullover aus China.