Entschädigung: Verlag soll eine Million an Helmut Kohl zahlen

Foto: dpa/Britta Pedersen
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KÖLN (dpa) - Altkanzler Helmut Kohl hat vor Gericht eine Rekord-Entschädigung von einer Million Euro erstritten. Das Buch «Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle» habe das Persönlichkeitsrecht des 87-Jährigen schwer verletzt, entschied das Landgericht Köln am Donnerstag. Es bestätigte das Verbot von 116 Textpassagen des Bestsellers. Darin ging es um Äußerungen Kohls über andere Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Der Vorsitzende Richter Martin Koepsel betonte, dass einiges, was Kohl in dem Buch zugeschrieben werde, gar nicht von ihm gesagt worden sei. Andere Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen. Im übrigen gelte, dass sich Kohl vertraulich geäußert habe.

Die Anwälte der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie des Verlags kündigten an, vor dem Oberlandesgericht Köln in Berufung zu gehen. «Wir sind zuversichtlich, dass dieses Urteil keinen Bestand haben wird», sagte Rechtsanwalt Roger Mann.

In dem Zivilverfahren hatte Kohl die Autoren Schwan und Jens sowie den Heyne-Verlag aus der Verlagsgruppe Random House auf fünf Millionen Euro verklagt. Die bisher höchsten Summen, die für schwere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch unzulässige Veröffentlichungen zugesprochen wurden, bewegten sich um die 400.000 Euro. Die Summe von einer Million Euro sei ein Rekord, teilte das Landgericht mit.

Kohl hatte 2001 und 2002 lange Gespräche mit Schwan geführt, damit der Journalist als Ghostwriter seine Memoiren verfassen konnte. Schwan nahm die Gespräche auf Kassette auf. Bevor der vierte und letzte Band erscheinen konnte, zerstritten sich beide. Schwan veröffentlichte daraufhin eigenmächtig ein Buch mit pikanten Äußerungen des Altkanzlers (1982-1998). Kohl klagte jedoch dagegen und erreichte, dass es in der vorliegenden Form nicht mehr ausgeliefert werden durfte.

Nach Überzeugung des Gerichts durfte nur Kohl selbst entscheiden, welche seiner Aussagen veröffentlicht werden sollten. Schwan habe mit dem Buch seine Verschwiegenheitspflicht verletzt. Als Opfer dieses Vorgehens habe Kohl ein Recht auf Genugtuung. Dies wiege in diesem Fall schwerer als das öffentliche Interesse. Zwar solle die Presse mit der Entscheidung nicht eingeschüchtert werden, doch müsse hier «eine spürbare Konsequenz» folgen, sagte Richter Koepsel.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 28.04.17 22:22
Herr Schumm, in diesem Bericht geht es lediglich
um den Inhalt eines Buches. Das gesprochene Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig und hat mit dem Verhalten Kohls in der Vergangenheit überhaupt nichts zu tun. Auch nicht mit Ihrem Verständnis von Demokratie.
Horst Schumm 28.04.17 12:09
Es ist doch immer das Gleiche - zweierlei Maß
"Schwan habe mit dem Buch seine Verschwiegenheitspflicht verletzt. Als Opfer dieses Vorgehens habe Kohl ein Recht auf Genugtuung. Dies wiege in diesem Fall schwerer als das öffentliche Interesse." Wie sieht es mit dem öffentlichen Interesse aus, dass Kohl sich jahrelang weigert, seine anonymen Spender zu benennen. So wird eine Demokratie auseinandergenommen und dem Volk ihr Demokratietraum aus der Hand genommen. Die da oben dürfen alles - aber wehe, wenn einer von da unten an ihrem Image kratzt. Übrigens sei allen die Youtube Videos "Warum die Lämmer schweigen..." empfohlen, die uns unsere Ohnmacht so richtig vor Augen führt.