Einsatzkräfte befreien weitere Überlebende im Berghotel in Italien

Foto: epa/Claudio Lattanzio
Foto: epa/Claudio Lattanzio

ROM (dpa) - Am Ort des verschütteten Hotels in Italien ist keine Zeit zu verlieren: Am dritten Tag nach dem schweren Lawinenunglück ziehen Katastrophenhelfer immer noch Überlebende aus den Trümmern. Unter Gefahr für das eigene Leben suchen sie nach weiteren Vermissten.

Am dritten Tag nach dem schweren Lawinenunglück im Erdbebengebiet in Italien befreien die Einsatzkräfte noch immer weitere Überlebende aus dem verschütteten Hotel in den Abruzzen. Katastrophenhelfer arbeiteten die ganze Nacht, um bereits ausfindig gemachte Menschen aus den Trümmern zu retten und weitere Vermisste zu suchen. Am Samstagmorgen waren neun von zehn Überlebenden befreit. Die Feuerwehrkräfte bargen am Samstag aber auch die Leichen von zwei Frauen, wie die Feuerwehr auf Twitter mitteilte. Insgesamt haben mindestens 12 Menschen das Unglück überlebt, vier sind tot. Es gibt noch mehrere Vermisste, die im Innern des Hotels vermutet werden.

Seit Freitagvormittag hatten die Einsatzkräfte nach und nach mehrere Menschen aus dem Hotel Rigopiano in der Berggemeinde Farindola gerettet, nachdem am Mittwoch eine gewaltige Lawine über dem Haus hineingebrochen war. Die Helfer - am Freitag waren es 135 - arbeiteten unter riskanten Bedingungen zwischen Massen an Schnee und Trümmern. Auch in der Nacht machten sie keine Pause - angesichts der vielen Stunden, die bereits seit dem Unglück am Mittwoch vergangen sind, ist keine Zeit zu verlieren.

Mindestens vier Kinder überlebten das Unglück, die mehr als 40 Stunden in dem zerstörten Gebäude unter Schneemassen ausgeharrt hatten. Ein Arzt in Pescara hatte am Freitag gesagt, dass das Glück der Überlebenden sei, dass sie nicht direkt mit dem Schnee in Berührung gekommen seien.

Die gewaltige Lawine hatte am Mittwoch das Vier-Sterne-Hotel nach einer Erdbebenserie komplett verschüttet und Teile mitgerissen. Trümmer und Möbel wurden in bis zu 400 Metern Entfernung vom Hotel gefunden. Nach Aussage des Hoteldirektors waren bis zu 35 Menschen in dem Gebäude. Es war vermutet worden, dass die Lawine von den Erdstößen ausgelöst wurde, eine offizielle Bestätigung dafür gab es aber bislang nicht.

Zwei Personen hatten sich am Mittwoch zum Zeitpunkt des Unglücks im Freien aufgehalten. Einer der Überlebenden, ein 38-jähriger Familienvater, konnte am Freitag seine Frau und seine beiden Kinder in die Arme schließen.

Das Rigopiano liegt auf 1.200 Metern Höhe am Fuß des bis über 2.900 Meter hohen Bergmassivs Gran Sasso. Es ist etwa 45 Kilometer von der Adriaküste entfernt. Auf seiner Facebook-Seite hatte es sich als Wohlfühloase im Schnee präsentiert.

Die Gäste hatten offenbar nach den vier schweren Erdbeben am Mittwoch abreisen wollen und bereits ausgecheckt. In den Abruzzen hatte es seit Tagen geschneit, der Schnee lag zum Teil meterhoch, es kam kein Fahrzeug durch, um sie mitzunehmen. Die letzten Kilometer des Zufahrtsweges waren dicht. Die ersten Retter mussten sich in der Nacht zum Donnerstag auf Skiern zum Unglücksort vorkämpfen und kamen dort gegen 04.30 Uhr an.

Auch andernorts in Mittelitalien ist die Not weiterhin groß: Wegen des vielen Schnees sind Tausende Haushalte seit Tagen ohne Strom, einige Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Allein am Freitag brachten Einsatzkräfte 120 Menschen in Sicherheit, wie die Feuerwehr auf Twitter mitteilte. Die Menschen in den Abruzzen kommen nicht zur Ruhe: Seit August werden sie immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht - am Mittwoch trafen vier Erdstöße mit einer Stärke über 5 die Region mitten im Schneechaos. Neben den vier Toten im Berghotel waren vier weitere Todesopfer in anderen Orten zu beklagen.

Das verheerende Beben vom 24. August 2016, bei dem um die Stadt Amatrice rund 300 Menschen ums Leben kamen, die Erdstöße vom 26. und 30. Oktober sowie die Beben vom Mittwoch hängen alle zusammen: Eine italienische Experten-Kommission ordnet sie einer einzigen seismischen Sequenz zu, wie der Zivilschutz mitteilte. Die Sequenz könnte weitergehen. «Bis heute gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die seismische Sequenz erschöpft hat», hieß es. Doch wann, mit welcher Stärke und ob tatsächlich weitere Beben kommen, vermag niemand zu sagen.

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