Einer mit Schmäh und Durchhaltevermögen

 Michael Häupl. Foto: epa/Christian Bruna
Michael Häupl. Foto: epa/Christian Bruna

WIEN (dpa) - Wahlkämpfe nannte er «Zeit fokussierter Unintelligenz». Michael Häupl ist selten um einen flotten Spruch verlegen. Der Wiener Bürgermeister galt lange als mächtigster Mann der österreichischen Sozialdemokratie.

Kaum jemand verkörpert den grantelnden Wiener mit viel Schmäh so sehr wie Bürgermeister Michael Häupl. Seit 1994 steht der 68-jährige Sozialdemokrat an der Spitze der 1,8-Millionen-Metropole an der Donau - und prägte sie wie kaum jemand zuvor. Als SPÖ-Landeschef und Wiener Ministerpräsident ist er einer der mächtigsten politischen Akteure. Stets stellte er sich vehement gegen die Rechtspopulisten der FPÖ. Jetzt übergibt Häupl das Zepter des Landesparteiobmanns, dies hatte er schon im April 2017 angekündigt.

Häupls Wort hatte immer großes Gewicht bei den Sozialdemokraten. Schon allein, weil keine andere SPÖ-Landesorganisation über so viele Ressourcen und Wählerstimmen verfügt wie Wien.

Der glühende Fußballfan ist ein gewiefter Taktiker und Machtmensch. Sein trockener Wiener Schmäh und sein nicht versteckter «Grant» bei Problemen machten ihn zu einem der beliebtesten und authentischsten Politiker des Landes.

Er regierte zum Teil mit absoluter Mehrheit, zuletzt gab es eine Koalition mit den Grünen. Die Rechtspopulisten konnte er immer auf Abstand halten.

Zuletzt gab es intern aber immer größere Kritik an seinem autoritären Führungsstil. Die Bundespartei konnte sich in der Flüchtlingskrise außerdem nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Häupl zeigte sich liberal und Wien nahm verhältnismäßig viele Migranten auf. Kürzungen der Sozialhilfe wollte er niemals vornehmen.

Der zweifache Vater war einer der engsten Vertrauten des ehemaligen Bundeskanzlers Werner Faymann (SPÖ), der wegen mangelnden Rückhalts in der Partei nach langer Krise 2016 zurücktrat.

Der studierte Biologe und Zoologe war zunächst in einer schlagenden Studentenverbindung aktiv. Noch während des Studiums fand er zu den Sozialdemokraten und bereute diese Entscheidung nie. «Die SPÖ ist die lustigere Partei, wenn ich mir all die anderen miselsüchtigen Koffer (etwa: schlecht gelaunten Dummköpfe) anschaue, die so herumrennen.» Innerhalb der Partei stieg er schnell auf und sein Vorgänger, Langzeitbürgermeister Helmut Zilk, machte ihn zu seinem Kronprinzen.

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