Eine verhängnisvolle Freundschaft stürzt Südkoreas Präsidentin

Trotz eines Amtsenthebungsverfahrens bleibt Park Geun Hye südkoreas Präsidentin, zumindest vorläufig. Das Verfahren kann sich aber noch Monate hinziehen. Bis dahin droht Südkorea ein Machtvakuum. Foto: epa/Jeon Heon-kyun
Trotz eines Amtsenthebungsverfahrens bleibt Park Geun Hye südkoreas Präsidentin, zumindest vorläufig. Das Verfahren kann sich aber noch Monate hinziehen. Bis dahin droht Südkorea ein Machtvakuum. Foto: epa/Jeon Heon-kyun

SEOUL (dpa) - Unbeliebt, isoliert und von Abgeordneten der eigenen Partei verlassen - um Südkoreas erste Frau im höchsten Staatsamt ist es in den vergangenen Woche immer einsamer geworden.

Am Freitag musste Präsidentin Park Geun Hye tatenlos zusehen, wie sie vom Parlament vorläufig entmachtet wurde. Das Votum der 234 von insgesamt 300 Abgeordneten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen die konservative Staatschefin ist der vorläufige Höhepunkt in einem Skandal, in dem es um die verhängnisvolle Beziehung Parks zu einer langjährigen Freundin, um Machtmissbrauch, Korruption und Nötigung geht.

Am Ende könnte Park ihr Amt nicht nur vorzeitig verlieren, ihr droht sogar ein Strafprozess. Solange sie noch Präsidentin ist - wenn auch von ihren Funktionen suspendiert - schützt sie die Verfassung vor einer Strafverfolgung.

Die Affäre trug von Anfang an zum Teil bizarre Züge. Parks Freundin Choi Soon Sil, die im Zentrum des Falls steht, wurde von Kommentatoren als «mysteriöse Frau» im Hintergrund beschrieben. Dabei soll sie nicht nur durch ihre Freundschaft, sondern auch dank schamanistischer Praktiken Macht über Park gehabt haben. Diese Gerüchte sind zum Teil der Tatsache zu verdanken, dass Choi die Tochter eines früheren Sektengründers und Förderers von Park ist.

Parks Dementi, dass es keine schamanistischen Praktiken in ihrem Amtssitz gegeben habe, halfen nicht, die Gerüchte zu unterdrücken. Schwerer wiegt aber der Vorwurf, dass Park ihrer Freundin erlaubt haben soll, sich in die Regierungsgeschäfte eingemischt zu haben. Zudem soll Choi ihre Beziehung zu Park benutzt haben, um Sponsorengelder von Unternehmen für ihre zwei Stiftungen eingetrieben und sich dabei persönlich bereichert haben.

Der Verdacht wurde geäußert, Choi habe einen Teil der Spenden für eigene Unternehmen abgezweigt. Die Beziehungen sollen dabei bis nach Deutschland reichen. Der südkoreanische Sender JTBC berichtete, die deutsche Staatsanwaltschaft ermittle schon seit Mai gegen eine im hessischen Schmitten ansässige Firma wegen des Vorwurfs der Geldwäscherei. Ermittelt werde auch gegen Choi und ihre Tochter. In Schmitten soll Choi zwei Firmen gegründet haben.

Die jetzige innenpolitische Krise kommt für die Südkoreaner zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: die Wirtschaft lahmt, die Spannungen zu Nordkorea nahmen dieses Jahr wieder zu und niemand weiß, wie die Korea-Politik des designierten US-Präsidenten Donald Trump genau aussehen wird. Die USA sind der wichtigste Verbündete Südkoreas.

In die ersten Reaktionen auf das Abstimmungsergebnis im Parlament mischte sich neben der Hoffnung auf eine Stabilisierung der Lage auch die große Sorge vor einem längeren Machtvakuum. Das Amtsenthebungsverfahren könnte sich im schlimmsten Fall über mehrere Monate hinziehen. Das Verfassungsgericht hat mindestens sechs Monate Zeit zu entscheiden, ob Park abgesetzt wird. Für Ende Dezember 2017 ist die nächste Präsidentenwahl geplant. Sollte Park abgesetzt werden, müsste die Wahl vorgezogen werden.

Der scheidende UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der derzeit in Südkorea als möglicher Präsidentschaftskandidat genannt wird, hatte sich zuletzt in mehreren Interviews zuversichtlich geäußert, dass Südkorea die Krise dank seiner «stabilen demokratischen Institutionen» gut überstehen wird.

Einige Beobachter gehen sogar davon aus, das Impeachment-Verfahren könne eine Blockade in Südkoreas Politik lösen. Die Politikgestaltung der Regierung habe zwar infolge des Skandals den Status der Lähmung erreicht, sagte der Chefökonom für die Region-Asien-Pazifik beim Analyse-Unternehmen IHS Global Insight, Rajiv Biswas. Das Verfahren gegen Park sollte jedoch « helfen, die große politische Unsicherheit und Lähmung, die die südkoreanische Regierung in den vergangenen Wochen getroffen hat, zu lösen».

Parks Beliebtheitswerte sind dramatisch gesunken. Das Votum des Parlaments löste jetzt bei vielen Südkoreanern sogar Jubel aus, die das Impeachment der Präsidentin oder ihren Rücktritt gefordert hatten. Hunderte von Menschen hätten vor dem Parlament gesungen und die Annahme des Antrags der Opposition gefeiert, berichtete der staatliche Sender Arirang kurz nach der Abstimmung. «Die treibende Kraft für Parks Impeachment war die Macht der Menschen», die in den vergangenen Wochen zu hunderttausenden die Innenstadt Seoul gefüllt hätten, kommentiert die Zeitung «The Korea Times».

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.