Ein Pattaya-Original ist von uns gegangen

​Gertrud „Tutti“ Vieregge ist am 15. November mit 95 Jahren gestorben

Ein Schnappschuss aus glücklichen Zeiten: 21 Jahre verbrachte Tutti (r.) ihren Winterurlaub in Pattaya. Mit Dick vom Alt Heidelberg (l.) und Axel (M.), besser bekannt als Lung Sen, verbrachte sie glückliche Stunden.
Ein Schnappschuss aus glücklichen Zeiten: 21 Jahre verbrachte Tutti (r.) ihren Winterurlaub in Pattaya. Mit Dick vom Alt Heidelberg (l.) und Axel (M.), besser bekannt als Lung Sen, verbrachte sie glückliche Stunden.

PATTAYA: Am 15. November 2014 ist Gertrud Vieregge mit 95 Jahren gestorben oder ins Nirwana eingegangen, wie sie es selbst ausgedrückt hätte. Am 25. November wäre sie 96 Jahre alt geworden. „Tutti“, wie sie von ihren Freunden in Thailand genannt wurde, verbrachte die letzten vier Jahre im Rollstuhl und verstarb an Altersschwäche in Begleitung von Tochter Erika, Sohn Joachim und Enkelin Laura in ihrem Zimmer im Johanniter-Altenheim in Dannenberg/ Elbe.

Tutti hatte ein reiches und bewegtes Leben mit allen Höhen und Tiefen. Geboren am 25. November 1918 in Berlin als mittlere von drei Schwestern, Tochter des königlich-preußischen Bäcker- und Konditor­meisters Quednau, verbrachte sie eine unbeschwerte Jugendzeit im Berlin der späten 1920er und 1930er Jahre und war sehr umschwärmt von der kultivierten Männerwelt. Sie genoss das gesellschaftliche Leben, ging viel tanzen, besuchte die Varietés, Cafés und Theater. Fast hätte Tutti Werner Kramer, Besitzer der Warsteiner-Brauerei, geheiratet. Dann hätte sie jedoch in die Provinz ziehen müssen, und das passte ihr gar nicht. Sie ehelichte schließlich den Diplom-Landwirt Georg Vieregge und brachte vier Kinder zur Welt.

Vom Freibad nach Pattaya

Nach der Scheidung 1949 musste sie bei null anfangen und ihre drei Kinder durchbringen, von denen sie liebevoll „Mutter Courage“ genannt wurde. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1983 arbeitete sie als Bürohilfskraft bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt/ Main und wurde zur rechten Hand der Staatsanwälte. Ihre große Leidenschaft war jedoch das Reisen. Das kam nicht von ungefähr: so fanden ihre Kinder manchmal statt der Mutti einen Zettel vor, auf dem stand: „Bin in der Badeanstalt. Milch ist im Kühlkeller, Cornflakes im Schrank. Tschüss, Mutti.“

Ihre Passion für die Wärme und die Sonne führte sie erstmals im Jahr 1985 nach Pattaya, wo sie fortan regelmäßig im Dynasty-Hotel, ehemals Wonderland, überwinterte. Sie verbrachte die Zeit gerne auf der Terrasse ihres kleinen Bungalows und las, zum Sonnen und Baden fuhr sie zum Strand in Jomtien. Im Laufe der Jahrzehnte lernte Tutti in der Touristenmetropole viele neue Freunde kennen, Thais sowie Ausländer, von denen sie stets als charmante und herzensgute Frau, die jedoch auch kein Blatt vor den Mund nimmt, beschrieben wurde. Schnell gehörte sie zur deutschen Dias­pora, ging - wie damals in Berlin - gern aus, war trinkfest und bereiste das Königreich.

21 Jahre eine Institution

Ihre Lieblingsgetränke waren Wein und Champagner, und wenn sie von ihren Männern zu einem Obstler eingeladen wurde, sagte sie selten nein. Dann sprudelten die Erinnerungen nur so hervor, und sie beschrieb die erheblichen Unterschiede, wie sie Pattaya einmal kennengelernt und wohin sich die Stadt entwickelt hatte. Immer, wenn sich ihr Urlaub der Halbzeit näherte, erzählte sie allen, dass es ihr jetzt reichen würde und es ihr letzter Aufenthalt an der Ostküste wäre. Ihre Freunde lächelten dann wissend und nahmen die Ankündigung nicht ernst. Tutti kommt schon wieder. Schließlich fühlte sie sich in Pattaya rundum wohl, sogar mehr als Frau anerkannt als bei ihrem Stammtisch in Frankfurt, wie sie einmal selbst sagte.

Das ging so lange, bis es ihr mehrere Schlaganfälle unmöglich machten, sich selbst zu versorgen. Tochter Erika holte sie im Jahr 2007 zu sich nach Hause. Als die häusliche Pflege jedoch zu schwer wurde, musste sie ein Zimmer im Johanniter-Altenheim beziehen, obwohl es ihr und Erika schwer fiel, diesen Schritt zu tun. Ihren 90. Geburtstag feierte sie mit ihren Kindern, den Schwiegertöchtern und -söhnen sowie den Enkeln und Urenkeln im Dannenberger Schützenhaus. Noch bis ins Jahr 2012 konnte man mit ihr kleine Ausflüge mit dem Auto zur kulturellen Landpartie ins Hochhaus-Café Dömitz unternehmen. Doch dann ging auch das nicht mehr. Der Körper war zu schwach.

Nun hat eine große Seele den hinfälligen und sterblichen Leib verlassen und ist in die wahre Heimat zu Gott gegangen. „Sie trug ihr Herz mit Schrittmacher auf dem rechten Platz“, blickt ihr engs­ter Freundeskreis in Pattaya zurück, zu dem Dick und Axel, sowie Pascal, Khun Pen, Khun Pet, Bäcker Peter und viele andere zählten. „Liebe Tutti, ruhe in Frieden. Wir werden Dich nie vergessen.“

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