Ein Jahr nach dem Putsch in Thailand

Wahlen in weiter Ferne

Foto: epa/Narong Sangnak
Foto: epa/Narong Sangnak

BANGKOK: Vor einem Jahr hat das Militär in Thailand geputscht. Demonstranten hatten das Land mit Straßenprotesten wochenlang lahmgelegt. Eilig hat es Putschführer Prayuth Chan-o-cha mit der Rückkehr zur Demokratie nicht. Kurz vor dem Jahrestag am Freitag hat seine Regierung den für Anfang 2016 angestrebten Wahltermin noch einmal verschoben: frühestens im August 2016, heißt es nun. Die Junta trete Bürgerrechte mit Füßen, prangern Menschenrechtler an.

Was wurde der gestürzten Regierung vorgehalten?

Die Gegner warfen der Regierung von Yingluck Shinawatra Korruption und Vetternwirtschaft vor. Ein Subventionsprogramm soll den Staat 14 Milliarden Euro gekostet haben. Einiges Geld versickerte in dunklen Kanälen. Kritiker argwöhnten, dass Yinglucks 2006 gestürzter Bruder Thaksin die Regierung aus dem Exil führte und dafür sorgte, dass Gönner sich bereicherten, während die Staatskasse geplündert wurde.

Wie ist das Militär mit den Vorwürfen umgegangen?

Yingluck wurde wegen des Subventionsprogramms angeklagt und für fünf Jahre von politischen Ämtern verbannt. Der Prozess begann diese Woche. Ansonsten rühmt sich die vom Militär eingesetzte Regierung, mehr als 900 Korruptionsfälle untersucht und mehr als 700 zur Anklage gebracht zu haben.

Wie steht das Volk zu dem Putsch?

Vor allem junge Leute sind in sozialen Netzwerken sehr kritisch, aber offener Protest ist verboten. Das Kriegsrecht ist zwar aufgehoben, aber Prayuth hat Dekrete erlassen, die Versammlungen und politische Äußerungen verbieten. Jeder kann festgenommen und ohne Anklage sieben Tage festgehalten werden. Es gibt aber auch viele Befürworter des Putsches. Die Leute hätten die Proteste über gehabt, meint Politologe Thitinan Pongsudhirak. «Das Militär hat Stabilität geschaffen», sagt er. Ohne Prayuths Dekrete wäre der Protest lauter, ist er überzeugt.

Was waren die Folgen des Putsch für das Land?

Die Proteste vor dem Putsch haben die Wirtschaft Anfang 2014 gelähmt. Das Bruttoinlandsprodukte schrumpfte im 1. Quartal im Jahresvergleich um 0,5 Prozent. Im Gesamtjahr 2014 legte sie nur 0,7 Prozent zu, verglichen mit im Schnitt 2,9 Prozent in den Jahren davor. Die Bank von Thailand nahm ihre Wachstumsprognose für 2015 im März von vier auf 3,8 Prozent zurück.

Die Touristenzahlen brachen ein: bis zu minus 27 Prozent im Juni. Im 1. Quartal 2015 kamen zwar wieder mehr Besucher, aber das Niveau von 2013 wurde noch nicht erreicht.

Was hat sich seit dem Putsch im Land verändert?

Putschführer Prayuth Chan-o-chas Programm heißt offiziell: «Das Volk glücklich machen.» Ein Kapitel darin ist «Krieg gegen Laster»: ein paar illegale Spielhöllen wurden ausgehoben, es gab Razzien gegen Arbeitgeber illegaler Einwanderer. Um mafiöse Strukturen zu zerschlagen, wurden Sonnenschirm-Vermieter von Stränden verbannt. Die Armee legte Volksfeste auf, die Fußballweltmeisterschaft war umsonst im öffentlichen Fernsehen zu sehen.

Was hat die Junta für Pläne?

Sie schreibt an einer neuen Verfassung. Kritiker sagen, der Entwurf weite nur die Macht nicht gewählter Amtsträger aus. Der frühere Regierungschef Abhisit Vejjajiva sprach von einer «parlamentarischen Diktatur».

Wann kehrt Thailand zur Demokratie zurück?

Wenn die Verfassung fertig ist, sagt Putschführer Prayuth. Jetzt soll das Volk darüber abstimmen. Das verzögere den Fahrplan bis zu Wahlen, sagt Prayuth. Seine Vize spricht von frühestens August oder September nächsten Jahres. 

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Leserkommentare

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Jürgen Franke 31.05.15 14:03
"Die Thais, auch die älteren, sitzen ja auch auf dem Boden"
mit dieser Aussage war das Thema Strandliegen vor einigen Tagen für den Gouverneur von Patong bendet. Lediglich eine Matte sei erlaubt, nach dem ein Konsul darauf hingewiesen hat, dass auch ältere Touristen an den Strand kommen. Ich stelle mir nun nicht mehr die Frage, wie borniert oder dumm man sein muss, um sich so eine Einnahmequelle entgehen zu lassen. Zumal es unmöglich ist, in den meisten Hotels, die in aller Eile, weit ab vom Strand, hochgezogen wurden, mehr als nur zu schlafen. Übrigens, die Jetski Betreiber dürfen bleiben und verließen grinsend die Veranstaltung.
Jürgen Franke 26.05.15 17:45
Lieber Peter
die 90 Tage Meldung kannst Du auch per Internet machen. Das soll auch schon funktionieren. Dem Lob der Militärregierung kann ich mich nicht anschließen, da die richtigen Aufgaben (Müll und Verkehr) noch gar nicht angegangen wurden. Die Abrissaktion war zwar medienwirksam, führte aber nur zur Vertreibung der Gäste. Außerdem erwarte ich endlich Prozesse gegen die Verantwortlichen. Abgesehen davon wird die Regierung nicht anerkannt. Demokratische Wahlen sind also unumgänglich. Auch wenn das einige Kommentatoren nicht verstehen wollen oder können. Dass das TV-Programm unterbrochen wird, hätte Dir immer passieren können, so wie ich die Thais kenne. Hat wohl nichts mit der Regierung zu tun.
Jürgen Franke 26.05.15 08:19
Die Militärregierung
kann nur eine Übergangslösung sein, da sie von anderen Ländern nicht anerkannt wird. Auch von der EU nicht. Außer, dass der Strand in Patong von den Liegenvermietern geräumt wurde, kann ich nicht viel erkennen. Diese Aktion wird dazu führen, dass viele Langzeiturlauber nun nicht mehr kommen. Offensichtlich konnte man sich nicht vorstellen, dass die Besucher den ganzen Tag am Strand verbringen wollen, da sie in den Jugendherbergen, die man als Hotels bezeichnet, nicht den ganzen Tag leben können. An der Surin Beach wurde viel, medienwirksam abgerissen und zwar so brutal, dass auch einige alte Bäume dran glauben mussten, damit die Kettenfahrzeuge zum Strand konnten. Bedauerlicherweise ist es den Thais nicht gelungen, im Parlament gesittet die Argumente auszutauschen. Zum Meldesystem komme ich später noch mal.
Maximilian Markl 23.05.15 16:27
Das Beste, was Thailand passieren konnte
Wer die Verhältnisse und Zustände in Thailand kannte und kennt, muss einfach zugeben, dass diese Militärregierung wahrscheinlich die beste Regierung und das Beste ist, was Thailand passieren konnte.
Schon allein, was sie bisher alles ins Leben gerufen hat und noch weiterhin plant, ist einfach unter den gegebenen Verhältnissen kaum zu überbieten und jedenfalls weitaus besser als die sonst "angewandte Pseudo-Demokratie". Nur ein Narr oder Unwissender verunglimpft dies. Die Maßnahmen sind absolut verhältnismäßig, gerecht und geben diesem Land, was es am bittersten nötig hatte: Stabilität, Korruptionsbekämpfung und eine Zukunft.