Ein Jahr Flughafenchef Mühlenfeld: Nie gesagt, dass es leicht wird

Foto: epa/Ralf Hirschberger
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BERLIN (dpa) - Ein Jahr nach seinem Start am neuen Hauptstadtflughafen muss Karsten Mühlenfeld Krisenmanagement betreiben.

Der Eröffnungstermin wackelt. Der Manager meint: Nur nicht nervös werden.

Das Gras sprießt wieder. Auf dem Platz vor dem Geister-Terminal des neuen Hauptstadtflughafens lockt der Frühling das Grün aus den Fugen. Es gedeiht gefahrlos, denn Passagiere und Rollkoffer kommen erst in eineinhalb Jahren. Frühestens. Denn der Eröffnungstermin 2017 wackelt wie lange nicht. Und ein Jahr nach seinem Amtsantritt herrscht Eiszeit zwischen Flughafenchef Karsten Mühlenfeld und dem Bund als Miteigentümer. Das dürfte den viel beschworenen Schlussspurt an Deutschlands berüchtigtstem Flughafen nicht leichter machen.

«Ich habe nie gesagt, dass es leicht werden wird», seufzt Mühlenfeld nach einem Jahr, als die Zeitung «B.Z.» (Dienstag) nach der Unterstützung des Aufsichtsrats fragt. Mühlenfelds Bilanz nach einem Jahr fällt durchwachsen aus. Große Fehler hat der 52-Jährige selbst sich zwar nicht zuschulden kommen lassen. Aber Mühlenfeld hat sich nicht nur Freunde gemacht.

Erst am Freitag gab es ein Krisentreffen. Der Aufsichtsrat nordete den Manager ein: Er müsse das Kontrollgremium besser informieren, lautete der Beschluss.

Sondersitzungen - nach dem Abgang des stets streitlustigen Vorgängers Hartmut Mehdorn schien das eigentlich Vergangenheit zu sein. Doch auch der Ingenieur Mühlenfeld ist kein Diplomat. Wo Mehdorn gezielt die Provokation suchte, verstört Mühlenfeld eher unfreiwillig. Bei öffentlichen Auftritten wirkt er unbekümmert, ja leichtfüßig. «In Berlin ist man immer so hypernervös», gibt er sich locker. Doch von nonchalant zu nassforsch ist der Weg dabei nicht weit - der Mann ist eben selbst Berliner.

Der eigentliche Konflikt mit dem Bund ist noch nicht entschärft: Wohin mit dem geplanten Regierungsterminal, wenn es auf dem Gelände des neuen Hauptstadtflughafens immer enger wird, weil die Passagierzahlen steigen? Eine Antwort soll Mühlenfeld in fünf Wochen geben. Dann soll er sich auch endlich festlegen, ob es 2017 noch etwas wird mit der Flughafeneröffnung.

Was hat der Neue erreicht? «Karsten Mühlenfeld hat gemeinsam mit Technikchef (Jörg) Marks seit seinem Amtsantritt sehr viel aufgeräumt und die klare Richtung für den Schlussspurt vorgegeben», lässt der Aufsichtsratschef ausrichten, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Konkrete Beispiele nennt er nicht. Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider spricht von verbesserten Strukturen und eine transparenteren Kommunikation.

Mühlenfeld selbst sieht in einer Landebahn-Sanierung den größten Erfolg des abgelaufenen Jahres, weil diese im Zeit- und Kostenplan blieb - unter Regie einer Fremdfirma. Dass Nachträge zum Bauantrag das Bauamt Monate verspätet erreichen, schreibt der Flughafen der externen Prüfung der entsprechenden Lieferwagen-Ladung von Akten zu.

Womit Mühlenfeld nicht rechnete: Dass das Amt weitere Nachweise verlangen würde, ja sogar zusätzliche Bauarbeiten nötig werden könnten, wie Marks fürchtet. Bislang dachten die Verantwortlichen, dass ein Start Ende Oktober 2017 irgendwie noch zu schaffen ist - doch jetzt? Mühlenfeld hält sich an seine Zusage, keine leeren Versprechungen zu machen. Damit bleibt der konkrete Eröffnungstermin erst einmal in der Schwebe.

«Mühlenfeld hat sich darum verdient gemacht, den Status quo des Projekts zu erhalten», sagt Martin Delius, der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus - und er meint das durchaus anerkennend. Nichts kaputt gemacht - das ist nach all den Management-Fehlern bei dem Bau eben auch schon was.

Auch Aufsichtsratschef Müller ist in diesem ersten Jahr nicht durchweg zufrieden mit Mühlenfeld. Der Manager hat mit recht freimütigen Aussagen über Probleme im neuen Terminal Schlagzeilen provoziert, die von Einsturzgefahr und dem Austausch von Hunderten Wänden handelten - was sich später in Wohlgefallen auflöste.

«Ich bekomme schon genug Prügel», stöhnt Mühlenfeld kurz darauf. Müller tauscht Mühlenfelds Kommunikationschef aus; der Bürgermeister will in diesem Herbst wieder gewählt werden. Und indem der Aufsichtsratschef die Baufirmen zum Rapport ins Rathaus bestellt, macht er seinen Geschäftsführer zum Statisten. Ein Mehdorn wäre da wahrscheinlich im Dreieck gesprungen. Mühlenfeld sagt an anderer Stelle: «Ich bin nicht so der Typ Patriarch.»

Mühlenfeld sei Ingenieur, nicht Politiker, sagt Bretschneider. «Auch das merkt man zuweilen.» Der Brandenburger Flughafenkoordinator betont aber: «Mit ihm werden wir das Projekt BER zum Erfolg bringen. Und das zählt.»

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