„Die schönste Herberge östlich des Suez ...“

Seit 1993 gehört das „The Strand“ in Yangon wieder zu den berühmtesten Hotels der Welt

„Die schönste Herberge östlich des Suez ...“

YANGON: In Südostasien gibt es eine Reihe von Hotels, bei deren Namensnennung ein Hauch von anerkennender Bewunderung über das Gesicht der Zuhörer fliegt. Das „Raffles“ in Singapur, das „Oriental“ in Bangkok oder auch das „Peninsula“ in Hong Kong gehören dazu. Als einziges Hotel in Thailands Nachbarstaat Myanmar darf sich das „The Strand“ in Yangon mit dem Titel eines „Select Member of The Most Famous Hotels in the World“ schmücken. Weltweit ist dieses nur 439 Hotels in 322 Städten in 87 Ländern erlaubt.

Das „The Strand“ gehört seit 1993 dazu. In seinem 2003 veröffentlichten Buch „The Strand Yangon“ beschreibt der Wiener Journalist Andreas Augustin auf mehr als 150 Seiten die sorgfältig recherchierte, wechselvolle Geschichte der 1901 eröffneten berühmten Nobelherberge aus der viktorianischen Kolonialzeit. Denn „The Strand“ ist nicht nur Myanmars ältestes Hotel, sondern zugleich auch Spiegelbild der wechselvollen Geschichte des Landes, das 1948 aus der britischen Kolonialherrschaft entlassen wurde und nicht, wie die meisten übrigen ehemaligen überseeischen Besitzungen Englands, Mitglied des Commonwealth wurde. 1989 wurde Burma durch die seit 1962 herrschende Militätjunta in Myanmar umbenannt, und aus Rangun wurde Yangon, ein Schritt, der in erster Linie als Außenwirkung dienen sollte: das Land, so die Initiatoren, sollte sich als selbstbewußter Staat präsentieren, der die Kolonialzeit endgültig überwunden hatte.

Die Lobby des „The Strand“ in Yangon strahlt wie in alten Tagen vornehme Zurückhaltung und gediegene Eleganz aus.
Die Lobby des „The Strand“ in Yangon strahlt wie in alten Tagen vornehme Zurückhaltung und gediegene Eleganz aus.

Um die Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts war Rangun unter den britischen Kolonialherren mit seinen circa 200.000 Einwohnern eine aufstrebende Stadt. In Burma sahen sie – heute würde man sagen – einen Hotspot auf dem Weg nach China. Rangun selbst war voll mit Besuchern. Schiffe der Bibby and P Henderson Lines brachten ständig Neuankömmlinge aus England ins Land. Neben den Menschen brachten die Briten auch all die anderen Annehmlichkeiten der „zivilisierten“ Welt mit, zum Beispiel Züge, Straßenbahnen oder auch den Telegrammservice. Das britische Rangun wurde zu einer wahren Boomtown. Der Handel blühte, und Handel bedeutete Reisende. Diese wiederum brauchten Banken und Hotels. Banken gab es zwar, aber keine nennenswerten Hotels, die den gehobenen Ansprüchen der neuen Besucher genügten. Und dennoch: als 1892 die armenischen Brüder Aviet und Tigran Sarkies in Rangun ankamen, fanden sie noch eine deutlich weniger britisch geprägte Stadt vor, als es die Zentren von Georgetown auf Penang oder Singapur bereits waren. Zusammen mit ihren beiden anderen Brüdern Martin und Ashak hatten sie bereits im Dezember 1887 in Singapur ein Hotel eröffnet, das nach zahlreichen Erweiterungen später den Namen des Gründers von Singapur erhalten sollte, Sir Thomas Stamford Raffles, das legendäre „Raffles Hotel“ Singapur, Inbegriff von Luxus und „fine dining“. Im „Raffles Singapore“ kreierte zwischen 1910 und 1915 ein gewisser Ngiam Tong Boon, Barmann des Hauses, den noch legendäreren „Singapore Sling“.

Aus dem Dornröschenschlaf erwacht...

In der Merchant Street erwarben die Sarkies zunächst das British Burma Hotel, das sie schon bald umbenannten in Sarkies Hotel. Bereits 1896 verkauften sie es wieder, weil es im Wettbewerb mit einer Reihe neuer, aber eher mittelmäßiger Hotels, nicht lief.

In einem so lichten und geräumigen Zimmer fühlt man sich - wie die Reisenden von einst - jederzeit gut aufgenommen.
In einem so lichten und geräumigen Zimmer fühlt man sich - wie die Reisenden von einst - jederzeit gut aufgenommen.

1897 starb in Rangun ein gewisser John William Darwood. Er hinterließ seinem Sohn direkt in der „Strand Road“ ein Grundstück von beträchtlicher Größe, auf dem lediglich eine schäbige alte 12-Zimmer-Pension stand. In der burmesischen Hauptstadt war die „Strand Road“ damals schon eine gute Adresse. Nicht nur, dass sie innerhalb der Stadt in unmittelbarer Nähe parallel zum Hlaing River (auch Rangoon-River genannt) verlief, einem der zahlreichen Nebenarme des östlichen Irrawaddydeltas, hatten sich hier doch bereits auch einige bedeutende Unternehmen niedergelassen, darunter die Reiseagentur Thomas Cook oder die „Times of Burma“. Außerdem gab es einen unmittelbaren Zugang zur Straßenbahn, die sich durch das alte Rangun schlängelte. Da John William Darwood Jr. zu Ohren gekommen war, dass die Sarkies-Brüder Aviet und Tigran in Rangun auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ein neues Hotel waren, bot er ihnen sein Grundstück an der „Strand Road“ an.

1901 war es so weit: das „The Strand“ – so benannt nach der Adresse, 92 Strand Road – öffnete seine Tore:

„Im typischen Stil der SarkiesFamilie trafen hier Modernität und Luxus aufeinander, Osten und Westen, Asien und Europa, und das in einer Art und Weise, wie sie die Region bisher nicht gesehen hatte. Das Hotel hatte 60 Zimmer, einen großen Speisesaal, einen Salon sowie einen Billardraum mit nicht weniger als sechs Tischen. Im „The Strand“ gab es Elektrizität, fünf Jahre bevor es diesen Luxus im übrigen Rangun gab. Ein artesischer Brunnen sorgte für das Wasser. Die Innenausstattung bestand aus prächtigen Wandverkleidungen und Parkettböden aus lokalem Teakholz. An den Wänden sämtlicher Räume hingen original burmesische Ölgemälde. Um die gesamte Außenseite des Gebäudes verlief auf allen Etagen eine Veranda“, schreibt der begeis­terte Andreas Augustin. Ein anderer, John Murray, fasste seine Begeisterung über das dreistöckige Gebäude in einem seiner letzten 1901 in London herausgegebenen „Handbücher für Reisende“ in den Worten zusammen „... die schönste Herberge östlich des Suez.“

 ...und aufgestiegen zu neuer Blüte...

Welche Ironie, dass ausgerechnet mit dem „Raffles Singapore“ und dem „The Strand“ in Rangun beide Hotels im Ruf standen, die britischsten der Region zu sein, die weder von einer britischen Gesellschaft gebaut noch von einer solchen geführt wurden, sondern von einer Familie armenischer Gastwirte!

Das „The Strand“ entwi­ckelte sich schnell zu einem der luxuriösesten Hotels im Britischen Empire und zu einem der prestigeträchtigsten Hotels in Asien, in dem sich unter anderem Gäste wie Somerset Maugham, Radyard Kippling, George Orwell oder Noël Coward wohlfühlten.

Von dem englischen Orientalisten Robert George Talbot Kelly, der Anfang des 20. Jahrhunderts Burma bereiste und darüber zwei Bücher schrieb, sind einige Schilderungen über das Leben im „The Strand“ überliefert. Sie sind einige der seltenen Kommentare, die Hotelbesucher von damals hinterließen:

„Eine halbe Stunde nach dem Eintreffen fand ich mich im „The Strand“ sehr gut aufgenommen. Mir wurde ein geräumiges Schlafzimmer mit Bad zugewiesen, und die große eingeschlossene Veranda, die praktisch einem Wohnzimmer glich, gab mir reichlich Raum zum Atmen. Unter Berücksichtigung der Breitengrade war der Table d'hôte (ein Begriff, der in der Gastronomie verwendet wird, um eine kleine, feste Karte zu beschreiben, die ein Menü anbietet) hervorragend und abwechslungsreich. Ich war lediglich ein wenig verunsichert, als ich in der ersten Nacht feststellten musste, dass mein Bett zwar mit einer Matratze, einem Kissen sowie einem Moskitonetz ausgestattet war, aber eine Art Bettdecke fehlte. Ich vermutete zunächst, dies sei ein Versehen, aber das Fehlen erklärte sich bald, als ich feststellte, dass das Thermometer die ganze Nacht über kaum unter 98 Grad fällt, und es in der vorherrschenden feuchten Hitze kaum möglich gewesen wäre, selbst das Gewicht einer Bettdecke aus Seide auszuhalten.“

 ...„The Strand“-Hotel in Yangon.

Aber, es kam, wie es kommen musste. Nach der Erkenntnis „...alles hat seine Zeit“ ging es auch mit „The Strand“ bergab. Die Auswirkungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, die bis nach Südostasien hinüberschwappten, trugen erheblich dazu bei. Im Zweiten Weltkrieg war Burma eines der am härtes­ten umkämpften Gebiete auf dem Planeten. Als die Japaner das Land besetzten, diente es den japanischen Truppen als Unterkunft. So verwundert es nicht, dass nach Erlangung seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948 das Hotel nur noch ein Schatten seiner selbst war, ein Überbleibsel aus einer vergangenen Ära. Erst als 1990 Adrian Zecha, der zurückhaltende, aber ambitionierte, asiatische Hotelbetreiber und Gründer der Aman-Gruppe, die Geschicke des Hotels in die Hand nahm, gab es Hoffnung. Nach einer wechselvollen Geschichte und einer umfassenden Renovierung behielt es – anders als die übrigen großen Hotels in der Region – nach seiner Wiedereröffnung im November 1993 den kolonialen Charme seiner architektonischen Vergangenheit bei. Bis heute gibt es keinen neuen Anbau, keinen Swimmingpool und auch keinen Tennisplatz.

Stattdessen erstrahlen die blütenweiße Fassade, die Fenster mit Rahmen aus Teakholz und die elegante Innenausstattung in neuem Glanz. Die Lobby versetzt die Gäste mit ihren Korbmöbeln, hohen Decken und dem Jasminduft in längst vergangene Zeiten zurück. Über die Aman-Gruppe, die erst 1988 mit einem einzigen Resort, dem Amanpuri auf Phuket in Thailand gegründet wurde und zu der inzwischen zahlreiche Hotels, Resorts und Ferien-Villen in der Region gehören, heißt es, dass sie dem Wort „Luxus“ eine neue Bedeutung gegeben habe, indem sie sich mehr auf Privatsphäre, Exklusivität und einwandfreien persönlichen Service konzentriert als auf prahlerische Zurschaustellung.

Die kürzliche Öffnung Myanmars und politische Neuorientierung gibt mittlerweile Anlass zu den schönsten Hoffnungen. Auch für das Hotel!

The Strand Yangon

92 Strand Road

Yangon, Myanmar

Tel.: (95) 1 243 377

info@hotelthestrand.com

www.hotelthestrand.com

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