Die roten Exoten sind da

Sato Be Riiis (Strawberries) sind zurzeit die Stars auf den lokalen Märkten im Norden

Die Erdbeeren zählen zu den Sammelnussfrüchten und sind keine Beeren. Wir genießen lediglich eine Scheinfrucht. Aber das weiß ja inzwischen wirklich jeder.
Die Erdbeeren zählen zu den Sammelnussfrüchten und sind keine Beeren. Wir genießen lediglich eine Scheinfrucht. Aber das weiß ja inzwischen wirklich jeder.

CHIANG MAI: In vielen Bergregionen Nordthailands werden von Dezember bis März fleißig Erdbeeren geerntet. Unzählige Straßenstände verkaufen Erdbeeren in Bechern und Schälchen, gefroren und gemixt, als Erdbeermarmelade und Erdbeerwein.

Einige Resorts und Restaurants bieten regelrechte Erdbeererlebnisparkours. Dort gibt es dann das volle Erdbeer-Programm, liebevoll eingebettet in Blumendekorationen und allerhand Schnickschnack. Da werden fantasievolle Erdbeerspezialitäten und duftende Kaffeezubereitungen zwischen Erdbeermännchen-Fotoecken und Beeten zum Selbstpflü­cken angeboten.

Wie kommt die Erdbeere ins (Thai)Land?

Achtung Schilderwald! Erhöhte Ablenkungsgefahr beim Führen eines Fahrzeuges rund um Samoeng in der Erdbeersaison.
Achtung Schilderwald! Erhöhte Ablenkungsgefahr beim Führen eines Fahrzeuges rund um Samoeng in der Erdbeersaison.

Da geht es zurück bis ins Jahr 1934. Damals gab es durchaus ehrgeizige, wenngleich in der Folge recht erfolglose, Versuche in Sachen Erdbeeranbau. Unter britischem Einfluss gab es erste Bemühungen, Erdbeeren in den Bergen des alten Siamreiches anzubauen. Das Hauptaugenmerk lag damals auf eine schnelle und zahlreiche Produktion, um möglichst große Gewinne zu erzielen. Mit dem Ergebnis, dass der Anbau kläglich scheiterte. Der Ertrag war zu gering, die Erdbeeren schmeckten nicht und mickerten dahin.

Erst mit den vielen, umfangreichen Agrar-Projekten, die König Bhumibol Adulyadej in den 70er Jahren in Nordthailand implementierte, begann die kleine Erfolgsgeschichte der Erdbeere in den Bergen Thailands.

Neben Kaffee, Tee und Kartoffeln waren auch Erdbeeren wie geschaffen dafür, die Farmer in den Bergen vom Opiumanbau abzubringen und anderen lukrativen Pflanzen den Vorzug zu geben. Denn es war klar, dass es nicht reichen würde, ihnen lediglich ihre Opiumfelder abzubrennen. Alternativen mussten her. Vor allem musste ein kurzer Handelsweg der Agrarprodukte dafür sorgen, dass die Farmer direkt von ihrem Anbau profitieren konnten, um sich und ihre Familien zu ernähren. Gerade der Anbau von Kaffee, Tee, Kartoffeln, Blumen und Erdbeeren stellte sich mit der Zeit als Win-win-Situation heraus. Die Farmer und ihre Familien in den Bergdörfern profitierten durch den wachsenden Zustrom von Touristen ebenso davon wie die Wirtschaft.

Erdbeerplantagen in den Bergen. Zum Schutz vor Austrocknung und Beikräutern werden die einzelnen Erdbeerreihen sorgfältig mit trockenen, großen Blättern abgedeckt.
Erdbeerplantagen in den Bergen. Zum Schutz vor Austrocknung und Beikräutern werden die einzelnen Erdbeerreihen sorgfältig mit trockenen, großen Blättern abgedeckt.

Die Provinz Chiang Mai verfügt in 10 Bezirken über mehr als 5.000 Rai Erdbeerplantagen. Der Ertrag wird mit rund 13.400 Tonnen Erdbeeren angegeben. Das entspricht einem Einkommen von ungefähr 1,1 Milliarden Baht. (Zahlen Quelle: NNT, National News Bureau of Thailand 8.1.2016)

Ein paar Vor- und „Nach“-Urteile

Thai-Erdbeeren schmecken nicht so gut wie die deutschen Erdbeeren. Thai-Erdbeeren sind stark mit Pestiziden belastet. Überhaupt passen Erdbeeren nicht ins thailändische Früchtebild. Das sind die geläufigsten Kritikpunkte. Auf dem ersten Blick mag jeder Mitteleuropäer eifrig mit dem Kopf nicken. Doch bevor wir anfangen, mit unseren erhobenen Zeigefingern darüber zu urteilen, ein paar Argumente zur Mäßigung: Was versuchen wir nicht alles in Massen und naturferner Umgebung hochzuzüchten, nur um Gewinne zu machen? Können wir jede dicke, rote, ungewaschene Erdbeere aus deutschen Landen zweifelsfrei genießen? Wir schauen auch ganz genau, wo und von wem wir unsere Früchte kaufen, um letztendlich ruhigen Gewissens und herzhaft in dieselben beißen zu können.

Die königlichen Agrarprojekte hier im Norden stehen nicht nur unter königlicher Schirmherrschaft. Die Prozesse rund um den Anbau bis hin zum Vertrieb werden begleitet von den entsprechenden Fakultäten der Universitäten. Sie werden unterstützt vom Minis­terium der Forschung und der Landwirtschaft sowie dem „Agricultural Research Service of the USDA (United States Department of Agriculture)“.

Eine farbenfrohe Produktausstellung rund um die Erdbeere, mit typisch thailändischen Showeinlagen: Das 15. Samoeng Strawberry Festival.
Eine farbenfrohe Produktausstellung rund um die Erdbeere, mit typisch thailändischen Showeinlagen: Das 15. Samoeng Strawberry Festival.

Mit anderen Worten, der Erdbeeranbau befindet sich in einem Prozess, er entwickelt sich durch Erfahrung und mit zunehmendem Wissen. Inzwischen gibt es in den Nordprovinzen immer mehr Anbieter mit Produkten aus biologischem Anbau. Also mal schnell wieder runter mit dem moralischen Zeigenfinger und ab damit ins Erdbeermarmeladenglas, aus 100 Prozent biologisch angebauten Erdbeeren, versteht sich.

Samoeng Strawberry Festival

Dies ist wohl das bekannteste Ereignis rund um die Erdbeere in Thailand. Das diesjährige und 15. Strawberry Festival in Samoeng findet vom 11. bis 14. Februar statt. Hier dreht sich alles um die roten Nüsschen. Wer hat die dicksten und die süßesten Früchte? Selbstverständlich gibt es auch eine Antwort auf die brennende Frage: Welche Schönheit wird zur Miss Erdbeere 2016 gekürt? Am Eröffnungstag gibt es wieder eine prächtige Erdbeerparade. Ausstellungen, eine Erdbeermesse, eine OTOP-Messe, viele musikalische Darbietungen runden die Festivaltage ab.

Eine Tour nach Samoeng, am besten einmal rund um den Doi Suthep, lohnt sich zu jeder Erdbeerzeit. Imposante Aussichten, kleine Bergdörfer, lohnenswerte Cafés und Restaurants liegen auf dem Weg. Richtung Mae Rim gibt es dann jede Menge Aktivitäten und Attraktionen für erlebnishungrige Ausflügler („Tour de Samoeng“ in der Februarausgabe FA05/2016).

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