Diese Bezeichnung aus früheren Jahren hat in ganz Europa massiv an Bedeutung abgenommen. Im Gegenteil, oft werden Polizisten als Gegner wahrgenommen. Der Respekt ist verloren gegangen. Stattdessen sind diese Beamten Beschimpfungen und körperlichen Angriffen ausgesetzt. Und der Staat hilft ihnen nicht. Sie können zigmal Straftäter festsetzen, nach einigen Stunden sind die wieder frei. Die Justiz ist überfordert.
Teils sind die Straftäter zu jung, teils ist ihr Aufenthaltsort nicht feststellbar. Zusammengefasst kann man sagen: Die eine Hälfte dieser meist jungen Leute sind Ausländer, die andere Hälfte Inländer. Sie sind oft alkohol- oder drogenabhängig und wehren sich gegen ihre Festnahme mit allen Mitteln, beißen, schlagen, treten und spucken. Das hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Der Respekt vor den Staatsdienern – man kann es bei vielen Demos im Fernsehen beobachten – hat sich weitgehend aufgelöst. Neuerdings werden Polizisten mit Body-Cams ausgerüstet, die jeden Vorfall aufnehmen und als Beweis dienen. Trotzdem fehlen in Deutschland zurzeit etwa 15.000 Polizeibeamte.
Ich habe in Deutschland einige Polizisten gefragt, wie sie ihren Job einschätzen. Die häufigste Antwort war: „Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich diesen Beruf nicht wieder ergreifen“. Und auf die Frage: „Würden Sie Ihren Kindern diesen Beruf empfehlen“? sagten sogar alle: „Nein“. Was bedeutet das? Da ist doch irgendetwas nicht im Lot. Liegt das am Staat, an der Justiz oder an der Gewaltbereitschaft der Bevölkerung? Wenn die Polizei nicht mehr als Freund und Helfer der Menschen gilt, was ist sie dann?
Vielleicht das, was sie in Thailand ist? Hier wird sie überwiegend als Bedrohung empfunden. Sie gilt als korrupt und gesetzlos, käuflich und kriminell. Fast jeder Thai hat schon schlechte Erfahrungen mit diesen sogenannten Gesetzeshütern gemacht. Sie spielen sich auf, als wären sie die Herren des Landes, kassieren, wo immer es möglich ist, und es scheint so, als ob niemand ihnen Einhalt gebieten könnte. Allerdings sieht es so aus – das ist zumindest meine Beobachtung – als ob die jetzige Militär-Regierung ein kritisches Auge auf diese Machenschaften geworfen hat: In den Zeitungen war in letzter Zeit häufig von Suspendierungen oder gar von Verurteilungen hoher Polizeioffiziere zu lesen. Die Bevölkerung jedoch ist verunsichert. Die Angst vor Leuten in Uniform, vor Leuten, die Stempel und Unterschriften erteilen dürfen, ist nach wie vor groß und vermutlich anerzogen. Hier ist ein Formular, neben dem gestrengen Blick des Schalterbeamten, das wirksamste Mittel, den Bürgern Respekt abzunötigen.
Vielleicht ist das sogar ein eklatanter Unterschied zwischen europäischen und asiatischen Kulturen. Während in Europa der Respekt vor staatlichen Einrichtungen weicht, wird er hierzulande eher verstärkt. Hier sitzt man schneller im Gefängnis als man denkt, in Europa dauert es oft Monate oder Jahre bis jemand vor Gericht gestellt wird, obwohl er etliche Straftaten begangen hat. Neuerdings fordert die Regierung die Thais dazu auf, Korruption, Verkehrsvergehen oder andere Straftaten anzuzeigen. Wer etwas beweisfähig anzeigt, wird innerhalb von sechs Wochen mit der Hälfte des Bußgeldes belohnt. Ob die Thais dazu den Mut haben? Ich bezweifle es.
Während jemand – beispielsweise wegen einer Ordnungswidrigkeit – nach der Gerichtsverhandlung in Deutschland zu einer Geldstrafe von ein paar Hundert Euro verurteilt wird, ist diese Angelegenheit in Thailand oft in wenigen Minuten aus der Welt geschafft. Der Polizist – man kann nicht immer sicher sein, dass er wirklich einer ist – verlangt wegen irgendeiner Gesetzesverletzung einen bestimmten Geldbetrag. Dieser Betrag ist häufig verhandlungsfähig. Man einigt sich auf die Hälfte, er steckt das Geld ein, und damit ist die Sache erledigt. Natürlich nennt man das Korruption, auch wenn nicht zu bestreiten ist, dass es die Bürokratie erleichtert und den schlecht bezahlten Polizisten zu einem einigermaßen anständigen Lebensstandard verhilft.
Übrigens muss ich an dieser Stelle auch sagen: Ich brauchte in den vielen Jahren, die ich bisher in Thailand verbracht habe, zweimal die Unterstützung der Polizei und jedes Mal war sie hilfreich und begleitet von großer Anteilnahme.
Deshalb sage ich: Die Polizei – wo auch immer – sollte sich weder gesetzeswidrig noch überheblich verhalten. Wenn sie wirklich der Freund und Helfer der Bevölkerung wäre, wenn sie ihrem Auftrag korrekt nachkäme – was leider oft nicht passiert – dann könnte sie der Stabilitätsfaktor für eine gerechtere und friedlichere Welt werden, auf die wir alle hoffen. Aber - und dieses Aber gilt in vielen Ländern, vor allem in der Dritten Welt: Die faulen Früchte fallen meistens erst vom Baum, wenn darunter ein Netz hängt, das sie sicher auffängt.
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