Die Mütter werden immer jünger

Sexualerziehung und Empfängnisverhütung bleiben Tabu-Themen

Die Mütter werden immer jünger

Thailand hält den traurigen Rekord der höchsten Teenagerschwangerschaften in Asien. Auf 1.000 Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren entfallen 70 Schwangerschaften. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind es global durchschnittlich nur 65. Das National Institut for Child and Family Development an der Mahidol-Universität sieht eine alarmierende Zunahme. Zudem wären die Mütter immer jünger, weil Sexualerziehung und Empfängnisverhütung in den meis­ten Familien und an Schulen weiterhin Tabu-Themen seien. Die Jugend wird im Fernsehen, in den Zeitungen und vor allem im Internet mit Sex konfrontiert. Viele Teenager fühlen sich früh geschlechtsreif und wollen vieles ausprobieren. An Verhütung wird nicht gedacht. Auch sind die Kids nicht genug aufgeklärt, sie wissen nicht über Verhütungsmittel Bescheid, sie haben niemanden zum Reden und geraten deswegen in ausweglose Situationen, sprich ungewollte Schwangerschaften.

Weil sie sich ihren Eltern oder Lehrern nicht mitteilen, denken sie zuerst an einen Schwangerschaftsabbruch. Vom Hörensagen sind ihnen unterschiedliche Methoden für eine Fehlgeburt bekannt: Diese reichen vom Sturz auf einer Treppe bis zu Medikamenten. Eine legale Abtreibung kommt ohnehin nicht in Betracht. Denn Thailand hat scharfe Gesetze. Sie erlauben einen Schwangerschaftsabbruch nur nach einer Vergewaltigung oder als Indikation, wenn ein Arzt um das Leben seiner Patientin fürchtet. Landesweit gibt es aber Kliniken, die diese scharfe Gesetzgebung umgehen und illegal Abtreibungen anbieten. Der Eingriff wird aber längst nicht immer von erfahrenen Medizinern vorgenommen, so dass Schwangere ein hohes Risiko eingehen und auch damit rechnen müssen, später kein Kind mehr bekommen zu können. In Pattaya sind in den letzten Jahrzehnten immer wieder Abtreibungskliniken eröffnet und von Behörden geschlossen worden. Erst kürzlich stürmten Polizisten eine Klinik an der 3rd Road und konfiszierten Beweismaterial. Eine Studentin aus Sukhothai hatte nach dem Eingriff über außergewöhnliche Schmerzen und starke Blutungen geklagt und später auf der Polizeiwache gegen den Betreiber Klage erhoben.

Wenn sich schwangere Mädchen in ihrer Not an Sozialdienste wenden, stellen sich Fragen: Wie soll die junge Frau ihr Leben in den Griff bekommen, wenn sie sich den Unterhalt für das Kind als Schülerin oder Berufsanfängerin nicht leisten kann? Wie soll das Baby versorgt werden? Wenn sich Eltern und Tochter nicht aussöhnen, muss über ein Leben des Babys in einer Pflegefamilie oder über eine Adoption entschieden werden.

Unwillige Mütter halten ihre Schwangerschaft geheim und bringen ihr Baby weit vom Elternhaus entfernt zur Welt. Pattayas Medien berichten von Kindstötungen. Leichen von Neugeborenen werden auf Ackerflächen, hinter Büschen oder in Müllcontainern gefunden. Oder das Baby wird vor den Toren eines Krankenhauses oder des Waisenhauses an der Sukhumvit Road gefunden. Dass Teenagerschwangerschaften zugenommen haben, bestätigt Father Michael Weera Phangrak. "Unter den Müttern der von uns betreuten Babys sind immer mehr Schulmädchen", sagt der Direktor der Father Ray Foundation und des Pattaya Orphanage. Aber auch Armut und das Bar-Milieu lassen die Zahl der Neugeborenen im Waisenhaus steigen. Mädchen reißen von zu Hause aus, junge Frauen arbeiten in Entertainment-Betrieben, Mütter können nicht einmal ihren Lebensunterhalt bestreiten – sie alle sehen sich nicht in der Lage, für ihr ungewolltes Neugeborenes aufzukommen oder es groß zu ziehen. Ähnliches hat zur Gründung des Waisenhauses durch Father Raymond Brennan vor fast 40 Jahren geführt. Nach ihrem Einsatz im Vietnam-Krieg waren die amerikanischen GIs in die USA zurückgekehrt. Sitzen gelassen hatten sie ihre thailändischen Freundinnen und ihre Kinder. Weil den Frauen ihr Einkommen wegbrach, standen sie vor dem Nichts. Der katholische Pfarrer eröffnete das Pattaya-Waisenhaus, um Kindern den Weg in eine bessere Zukunft zu ebnen.

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Erstmals Sex mit 13 Jahren
Thailands Mädchen haben im Durchschnitt im Alter von 13 Jahren erstmals Sex. Die Folgen, dass eine große Zahl von Mädchen in jungen Jahren die Jungfernschaft verliert und womöglich schwanger wird, sind gravierend. Sie werden von der Schule verwiesen, können ihre Ausbildung nicht beenden, nicht wenige entscheiden sich aus Verzweiflung für den Freitod. Von den Selbstmord suchenden Mädchen und Frauen entfallen 13 Prozent auf die Altersjahrgänge 15 bis 19 und 14 Prozent auf 20 bis 24 Jahre. Und 30 Prozent aller illegalen Abtreibungen werden von Frauen unter 20 Jahren veranlasst – oder deren Eltern!

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