Deutsche Bank muss bei Aktionären mit Gegenwind rechnen

Foto: epa/Armando Babani
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FRANKFURT/MAIN (dpa) - Bei der Deutschen Bank wächst nach zwei Verlustjahren die Zuversicht - doch sehen das auch die Aktionäre des größten deutschen Geldhauses so? Immerhin kann Vorstandschef John Cryan nach knapp zwei Jahren an der Konzernspitze bei der Hauptversammlung an diesem Donnerstag (18.5.) in Frankfurt erste Erfolge seines Sanierungskurses vermelden: Die größten bekannten juristischen Altlasten sind abgearbeitet, das erste Quartal 2017 brachte schwarze Zahlen, Investoren vertrauten der Bank gerade acht Milliarden Euro frisches Kapital an, damit sie wieder angreifen kann.

Doch die unrühmliche Vergangenheit lastet auch auf dem diesjährigen Aktionärstreffen. Auf Druck einer Aktionärin stimmt die Hauptversammlung erneut ab, ob sich das Management Sonderprüfungen zum Libor-Skandal um Zinsmanipulationen und zu Geldwäschevorwürfen in Russland stellen muss. Vor einem Jahr war die Aktionärin mit ihrem Vorstoß knapp gescheitert. Die Chancen, dass es dieses Mal klappt, stehen nicht schlecht: Die einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen eine Unterstützung der Anträge.

Der Vorstand sieht keine Notwendigkeit, weiter in der Vergangenheit zu wühlen. «Zu den entsprechenden Themen gab es bereits intensive Untersuchungen, sowohl im Auftrag des Vorstands als auch durch mehrere Aufsichtsbehörden», sagte Rechtsvorstand Karl von Rohr kürzlich der «Süddeutschen Zeitung». Es gebe «keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass bei diesen Untersuchungen wesentliche Aspekte übersehen oder nicht hinreichend geprüft wurden», sagte von Rohr.

Kritikern reicht das nicht. Glass Lewis empfiehlt ein Votum gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat. Zwar habe sich «die Transparenz unter der Führung von John Cryan verbessert», schreibt der Stimmrechtsberater. Doch «Umfang und Ausmaß der Ermittlungen und Gerichtsverfahren, in die die Bank in den zurückliegenden Jahren involviert war und weiter ist», könne ein Indikator für «weit verbreitetes Führungsversagen» sein. Wird die Unternehmensführung mit weniger als den üblichen mehr als 90 Prozent entlastet, hat das keine direkten Folgen, gilt aber als Denkzettel.

Besonders wichtig ist der Vertrauensbeweis der Anteilseigner für Paul Achleitner: Der Chefkontrolleur, der den Posten im Juni 2012 übernahm, bewirbt sich um eine zweite fünfjährige Amtszeit. Zudem soll für den neuen chinesischen Großaktionär HNA der Gründer und Vorstand des Vermögensverwalters C-Quadrat, Gerd Alexander Schütz, in den Deutsche-Bank-Aufsichtsrat einziehen.

HNA war Anfang des Jahres bei der Deutschen Bank eingestiegen und hat seinen Anteil im April auf 9,9 Prozent aufgestockt. Damit ist der umtriebige chinesische Konzern derzeit größter Anteilseigner der Bank - vor der Herrscherfamilie von Katar und dem weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock.

Geschäftlich lief es zuletzt wieder besser bei der Deutschen Bank: Im ersten Quartal 2017 verdiente das Institut sowohl vor Steuern mit 878 (Vorjahr: 579) Millionen Euro als auch nach Steuern mit 575 (236) Millionen Euro deutlich mehr als vor Jahresfrist. «Wir haben die Grundlagen dafür geschaffen, dass die Deutsche Bank wieder gute Ergebnisse liefern kann», befand Cryan. Es sei aber «noch viel zu tun». Noch läuft der Abbau Tausender Stellen.

Trostpflaster für die Anteilseigner: Sie dürfen sich entgegen der ursprünglichen Planung für das vergangene Jahr doch über eine Dividende freuen. Auf der Tagesordnung der Hauptversammlung steht die Abstimmung über eine Ausschüttung von 19 Cent je Aktie. Für das laufende Jahr hat die Bank eine - noch immer vergleichsweise magere - Dividende von mindestens 11 Cent je Aktie in Aussicht gestellt.

Erneut abstimmen sollen die Aktionäre auch über Änderungen bei der Vergütung der Vorstände. Die Hauptversammlung vor einem Jahr hatte ein neues Vergütungsmodell abgelehnt: Der Aufsichtsrat habe zu große Spielräume bei der Gestaltung der Boni. Nun soll die Ausschüttung von Boni noch enger an Erfolge bei Geschäftszielen geknüpft werden: Kernkapitalquote, Verschuldungsquote, Eigenkapitalrendite. Würden im Idealfall alle Ziele erreicht, gilt als Gehaltsdeckel, dass kein Vorstand mehr als 9,85 Millionen Euro im Jahr kassieren darf.

Cryans Grundgehalt als Vorstandschef soll zudem vom laufenden Jahr an von zuletzt 3,8 Millionen auf 3,4 Millionen Euro verringert werden. Die Anfang März zu Stellvertretern beförderten Marcus Schenck (Finanzen, bald Investmentbanking) und Christian Sewing (Privat- und Firmenkunden) sollen statt 2,4 Millionen künftig 3,0 Millionen Euro erhalten - ebenso wie Garth Ritchie, der zusammen mit Schenck die neue Unternehmens- und Investmentbank führt.

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