Der Terror kehrt zurück nach London

Foto: epa/Will Oliver
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LONDON (dpa) - Großalarm in London: Das Nachtleben südlich der Themse kommt am späten Samstagabend jäh zum Stillstand. Wieder einmal wurde die Stadt Ziel eines Terrorangriffs.

Ein Lieferwagen rast auf der London Bridge in eine Gruppe von Passanten. Dann fährt er weiter zum nahe gelegenen Borough Market. Drei mutmaßliche Täter steigen aus und attackieren Menschen mit Messern. «Dies ist für Allah», rufen die Terroristen nach Augenzeugenberichten, als sie auf ihre Opfer losgehen. Sie tragen Westen, die aussehen, als würden sie Sprengstoff enthalten. Diese stellen sich später als Attrappen heraus.

So soll sich der Terroranschlag in London am Samstagabend nach ersten Erkenntnissen der Polizei ereignet haben. Kurz darauf erschießen Beamte die drei mutmaßlichen Täter.

Nur wenig später ist schon gut ein Kilometer südlich der Brücke kein Durchkommen mehr. «Bitte gehen Sie zurück! Wir müssen hier absperren», sagt ein Polizist ungeduldig.

Polizeisirenen ertönen, Rettungswagen fahren vorbei, Blaulicht blitzt überall. Am Straßenrand stehen ratlose Menschen, die nicht wissen, wo sie hingehen sollen oder wie sie nach Hause kommen - viele noch in schicker Abendkleidung. Niemand hier hat etwas beobachtet. Viele Menschen am Straßenrand haben eben erst von den Ereignissen erfahren.

Details kommen erst nach und nach heraus. Die Polizei hat die Vorfälle an der London Bridge und am Borough Market als Terrorattacken eingestuft. Bei der Attacke kommen laut Polizei mindestens sechs Menschen ums Leben, mindestens 30 Menschen werden verletzt.

Die Behörden wollen in den kommenden Tagen mehr Polizeibeamte für die Hauptstadt bereithalten. Kurz vor der Parlamentswahl am Donnerstag (8.6.) ist die Lage angespannt. Premierministerin Theresa May hat für Sonntagmorgen eine Sondersitzung des Cobra-Komitees, des höchsten britischen Sicherheitsgremiums, einberufen.

Zunächst wurde vermutet, dass es noch einen weiteren Angriff im Stadtteil Vauxhall gab. Doch eine Messerattacke dort hatte nach Polizeiangaben nichts mit dem Terrorakt zu tun, sie wird später als «nicht verbunden» heruntergestuft.

In der Nähe des Tatorts versuchen immer Menschen, sich am Absperrband an den Polizisten vorbeizuschleichen. «Ich kann nicht zu meinem Haus», und es sei nur da drüben, sagt eine ältere Frau verzweifelt. «Sie werden nicht in die Nähe der London Bridge kommen», sagt ein anderer Anwohner. «Alles ist zu.»

Zahlreiche Einwohner und Geschäftsleute in der britischen Hauptstadt bieten gestrandeten Menschen Übernachtungsmöglichkeiten an. Unter dem Hashtag #SofaForLondon informieren sie über Twitter Besucher, die wegen der Absperrungen in der Stadt nicht nach Hause oder in ihr Quartier zurückkehren können. Auch Hotels und Restaurants am Südufer der Themse kümmern sich in der Nacht um Menschen auf dem Heimweg.

An der Absperrung versammeln sich kurz nach Bekanntwerden der Angriffe mehr und mehr Journalisten. Hunderte von Fragen prasseln auf die Polizisten ein. Doch die Beamten in blauen Uniformen verweisen auf die Zentrale. Schon die ganze Nacht hindurch twittern Beamte.

Die Stimmung ist ruhig. Viele Passanten sind müde und verwirrt. Und sie erinnern sich daran, wie erst im März in London ein Attentäter auf der Westminster-Brücke beim Parlament in eine Menschenmenge fuhr. Fünf Menschen starben damals, der Attentäter wurde von der Polizei erschossen.

Noch frischer ist die Erinnerung an den Terroranschlag von Manchester vor knappe zwei Wochen, als ein Selbstmordattentäter nach einem Konzert seine Bombe in einer Menschenmenge zündete und 22 Menschen mit in den Tod riss.

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