Der Papst vor seiner «Abenteuerreise»

Foto: epa/Fabio Frustaci
Foto: epa/Fabio Frustaci

ROM/DHAKA/RANGUN (dpa) - Der Besuch eines Papstes in Myanmar und Bangladesch ist ein Novum. Und Franziskus betritt dort schwierigstes Terrain. Die Krise um die Rohingya-Flüchtlinge steht im Fokus - ob die Kirche das will oder nicht.

Papst Franziskus macht gerne komplizierte und ungewöhnliche Reisen, dafür ist er bekannt. Doch der jetzt anstehende Besuch in Myanmar und Bangladesch ist für den Vatikan ein wahres Problemfeld - sowohl logistisch als auch politisch. «Mehr als eine Reise ist es ein Abenteuer», sagte Papst-Sprecher Greg Burke. Vor allem die Krise um die verfolgte muslimische Minderheit Rohingya lastet schwer über dem Besuch, der am Sonntag mit dem Abflug nach Myanmar beginnt und am 2. Dezember in Bangladesch endet.

Franziskus ist der erste Papst überhaupt, der ins mehrheitlich buddhistische Myanmar reist. «Für uns ist es ein historischer Moment», sagt der einzige Kardinal des südostasiatischen Landes, Charles Bo. Aber dieser Asientrip gilt als eine der schwierigsten Auslandsreisen des Papstes. Wegen der Rohingya-Krise ist der Zeitpunkt brenzlig.

Am Donnerstag vereinbarten beide Länder zwar, dass die Flüchtlinge aus Bangladesch nach Myanmar zurückkehren sollen. Unklar bleibt aber, was passiert, wenn die Rohingya nicht dorthin zurück wollen, woher sie gerade erst vor Gewalt geflohen sind. Außerdem ist von der Rückführung «Vertriebener aus Rakhine» die Rede - aus dem Bundesstaat Myanmars stammen die Rohingya. Will Myanmar wirklich Menschen, denen es seit Jahrzehnten die Staatsbürgerschaft verweigert, als Vertriebene aus dem eigenen Staatsgebiet wiederaufnehmen?

Myanmars Militär hatte Ende August im Bundesstaat Rakhine eine «Räumungsoperation» begonnen, nachdem eine Rohingya-Miliz Posten der Sicherheitskräfte angriffen hatte. Hunderttausende Rohingya flohen aus Myanmar ins muslimische Nachbarland Bangladesch, wo sie meist unter furchtbaren Bedingungen leben. Geflüchtete Rohingya erzählen von niedergebrannten Dörfern, Exekutionen, Morden an Kindern und Vergewaltigungen. Die Vereinten Nationen nannten die Vertreibung ein «Paradebeispiel für ethnische Säuberung».

Die Reise des Papstes war schon vor der Zuspitzung des Konflikts geplant. «Der Trip hätte sowieso stattgefunden, aber dies zieht natürlich die Aufmerksamkeit auf sich», sagt Vatikan-Sprecher Burke. In Bangladesch erwartet man nun von Franziskus klare Worte zu der Krise.

Doch die Frage ist, wie genau er sich äußern wird. Wird er sich an den Rat der katholischen Kirche vor Ort halten, das Wort «Rohingya» besser nicht zu benutzen? Denn Myanmar betrachtet die Rohingya als illegale Einwanderer, bezeichnet sie als «Bengalen» - und suggeriert damit, sie stammten aus Bangladesch. Auch in den Mitteilungen zur Rückführungsvereinbarung kommt das Wort «Rohingya» nicht vor. «Es ist kein verbotenes Wort», sagte Papst-Sprecher Greg Burke. Man müsse nun abwarten, was Franziskus letztendlich sagen werde.

Franziskus ist nicht gerade bekannt dafür, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Vor allem, wenn es um Menschenrechte geht. So provozierte er einen Eklat mit der Türkei, als er das Massaker an Armeniern einen «Völkermord» nannte. Und im August beklagte er bereits die Verfolgung «unserer Rohingya-Brüder und Schwestern». Spannend wird auch, wie das Treffen mit der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verlaufen wird. Die de-facto Regierungschefin Myanmars ist in der Rohingya-Krise international stark in die Kritik geraten. Ihr wird vorgeworfen, das Militär gewähren zu lassen. Nach jahrzehntelanger Militärdiktatur ist sie aber nichtsdestotrotz in ihrem Land beliebt.

Das Militär hat allerdings sechs Jahre nach Ende der Diktatur noch immer viel Macht und mehrere wichtige Ministerien inne. Beobachter meinen deshalb, nur Armeechef Min Aung Hlaing könne die Gewalt gegen die Rohingya stoppen. In letzter Minute wurde dann noch ein privates Treffen zwischen dem Papst und dem Militärchef anberaumt.

Doch was kann ein Katholiken-Oberhaupt in einem mehrheitlich buddhistischen Land überhaupt ausrichten, in dem Katholiken eine kleine Minderheit sind? Der Papst elektrisiert in Myanmar sicher nicht die Massen. Beim Vatikan versucht man, die Erwartungen in Sachen Rohingya zu dämpfen. Es soll nicht der ganze Besuch von der Krise überschattet werden. Der Papst wollte mit der Reise vor allem Unterstützung für arme Länder und kleinere Kirchen signalisieren, sagt Vatikan-Sprecher Burke. Seit Beginn seines Pontifikats sucht Franziskus schließlich Reisen «an die Peripherie» aus.

«Aus meiner Sicht wäre es sehr unglücklich für Myanmar, wenn die Aufmerksamkeit nur (auf dem Rohingya-Konflikt) liegt. Denn von dem Besuch des Heiligen Vaters sollten alle profitieren», sagt Mariano Soe Naing von der katholischen Bischofskonferenz in Myanmar.

In Bangladesch sieht man das etwas anders. Nach Ansicht von Aldrick Biswas von der dortigen Bischofskonferenz wollen die Katholiken des Landes, dass der Papst die Ungerechtigkeit anspricht, die den Rohingya widerfährt. Papstbesuche sind auch in Bangladesch nicht Alltag, wo laut Vatikan nur 375.000 Menschen der rund 160 Millionen Einwohner Katholiken sind. Bisher war nur Papst Johannes Paul II. in dem Land, das immer wieder mit Unglücken in Textilfabriken oder auch islamistischen Angriffen in den Schlagzeilen steht.

Das Camp Kutupalong wird nun zum größten Flüchtlingslager der Welt ausgebaut. So manch einer fragt sich, warum Franziskus - der als «Slum-Papst» bekannt ist - keines der Lager besuchen wird, zumindest steht das nicht auf dem offiziellen Programm. Lediglich bei einem interreligiösen Treffen in der Hauptstadt Dkaka werden auch Rohingya-Angehörige dabei sein. In puncto Armut steht einzig in einem Mutter-Teresa-Heim ein Besuch an. Und Straßenkinder sollen dem Papst Sandalen aus weggeworfenem Material schenken.

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