FRANKFURT/SIEGEN (dpa) - Für ihre Kunden sind sie exotische Wesen - ein bisschen Mann, ein bisschen Frau. Im Rotlichtmilieu bedienen transsexuelle Prostituierte, etwa aus Thailand, besondere Fantasien. Auch Menschenhändler wollen damit Geld machen.
Lange Haare, zarte Gesichtszüge, zierliche Figur - die transsexuellen Prostituierten, die am Mittwoch bei deutschlandweiten Razzien im Rotlichtmilieu angetroffen wurden, wirkten entschieden weiblich. In ihren Pässen aus Thailand wurden sie laut Staatsanwaltschaft aber als Männer geführt.
Auch hätten die Transsexuellen, die von mutmaßlichen Menschenhändlern aus Thailand eingeschleust worden waren, ihre Geschlechtsumwandlung noch nicht komplett vollzogen. «Das hat für die Kunden wohl den Reiz ausgemacht», sagt Alexander Badle, Sprecher der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die in dem Fall die Ermittlungen führt und deswegen die größte Razzia in der Geschichte der Bundespolizei veranlasst hatte.
In Thailand heißen sie Ladyboys, auf einschlägigen Kontaktseiten im Internet inserieren sie als Shemales oder TS-Ladies. In Thailand und Südamerika haben transsexuelle Prostituierte schon seit längerem ihren Platz im Rotlichtmilieu. Auch in Deutschland gibt es dem Eindruck von Beratungsstellen zufolge eine immer größere Nachfrage - und in einigen Städten Bordelle oder Straßenstrich-Abschnitte, wo nur Transsexuelle arbeiten.
Im Ermittlungsfall der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft ging es um Prostituierte, die besondere Wünsche von Freiern bedienten. «Der Kunde will beides, Penis und Brüste», hieß es aus Ermittlerkreisen. «Das ist halt eine besondere Zielgruppe, die in Deutschland offenbar auf großes Interesse stößt», sagt Babette Rohner von der Beratungsstelle Ban Ying in Berlin, die sich um Opfer von Menschenhandel kümmert.
Die Transsexuellen, die in den Bordellen der mutmaßlichen Schleuserbande landeten, wussten laut Staatsanwaltschaft, welche Arbeit sie in Deutschland erwartete. Viele hatten auch zuvor schon in Thailand als Prostituierte gearbeitet. Der Traum von einem besseren Leben jedoch war jäh ausgeträumt: Nach den Erkenntnissen der Ermittler wurde ihnen eine Rechnung für Schleusung, Unterkunft in Verpflegung in Höhe von 16 000 bis 36 000 Euro präsentiert, die sie erst einmal abarbeiten mussten.
Die beiden Hauptbeschuldigten, ein deutsch-thailändisches Paar, unterhielten im nordrhein-westfälischen Siegen drei Bordellbetriebe. Im Rotationsverfahren sollen die mit Schengen-Visa als Touristen eingereisten Prostituierten dann an andere Bordellbetreiber weitergereicht worden sein.
«Ganz so entspannt ist es nun doch nicht für die Transsexuellen in Thailand», sagt Rohner zu den Motiven der asiatischen Transsexuellen, nach Deutschland zu kommen und hier anzuschaffen. Da sie im Pass als Männer geführt werden, könnten sie in Thailand nicht heiraten, jedenfalls keinen männlichen Partner.
Die Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung in Deutschland trog in dem aktuellen Fall jedenfalls. «Das war kein Luxus, das war das untere Segment», sagt Badle zu den im Rahmen der Razzia durchsuchten Bordellbetrieben, viele davon in Kleinstädten. Von Matratzenlagern und einfachster, ja schäbiger Ausstattung ist die Rede.
Für die Betreiber der Bordelle, die Badle zufolge gezielt um an Transsexuellen interessierte Kunden geworben haben, soll sich das Geschäftsfeld auch in anderer Weise gelohnt haben: «Angesichts der Strukturen Organisierter Kriminalität im Rotlichtmilieu kann man damit eine Nische besetzen, ohne einen blutigen Konflikt zu riskieren», sagt Badle. Nach den bisherigen Erkenntnissen zumindest hätten etwa die Rockergruppen, die im Rotlichtmilieu mitmischen und gegen unerwünschte Konkurrenz hart vorgehen können, mit Transsexuellen nichts am Hut.