Der Dümmere gibt leider oft nach

Der Dümmere gibt leider oft nach

Eigentlich sollten sich in den überlieferten Sprichwörtern der Völker ihr Wissen und Wesen wiederspiegeln.

Aber häufig wiedersprechen sie sich auch: „Reden ist Silber-Schweigen ist Gold.“ So konnte Hitler an die Macht kommen. Wegducken und den Mund halten. Dagegen steht der Wahlspruch der 68er: „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt.“ Ganz übel wird mir, wenn jemand sagt: „Der Klügere gibt nach.“ Okay, so lässt sich mancher Streit vermeiden, aber gleichzeitig erobern so die Dumpfbacken die Hoheit über die Stammtische, wo oftmals Vorurteile und Parolen der Ewiggestrigen fröhlich-bierselige Urstände feiern. Nein! Der Klügere soll nicht nachgeben, wenn rassistische Sprüche und menschenverachtende Phrasen gedroschen werden, sondern er soll informieren, aufklären und dafür sorgen, dass demokratische Regeln eingehalten werden – immer und überall. Die Menschheit ist in den letzten Jahrhunderten nicht besser geworden. Und ein Rückfall in mittelalterliche Zustände ist angesichts der Zustände überall auf der Welt gar nicht mehr so unvorstellbar. „Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein.“ Im Zeitalter des Internet kann fast jeder an alle wichtigen Informationen kommen. Jeder Stammtischstreit könnte so in aller Kürze beendet werden, wenn man nach einem Begriff googelt. Außerdem darf jeder glauben was er will, solange er andere nicht dran hindert, eine abweichende Meinung zu haben. Solange dieser Satz nicht Allgemeingültigkeit besitzt, wird es immer wieder neue Kriege geben um Religion oder um Macht. Den Menschen die glauben, immer klüger zu sein als andere, denen hat Einstein schon vor vielen Jahren die Zunge ausgestreckt. Wo versteckt sich der Fortschritt der Menschheit? Unauffindbar. Die Organisationen, die sich für Arme, Kranke, Hilflose einsetzten, sie bilden nur einzelne Sandkörner am großen Strand der Verzweiflung. Die soziale Verantwortung derer, die mehr haben, als sie brauchen, befindet sich im rapiden Sinkflug. Die Reichen fürchten um ihren Reichtum, die Armen resignieren. Dabei sind sie die absolute Mehrheit. Ihr Aufstand könnte die Welt verändern – obwohl – dieser Kampf würde von den Mächtigen angeführt. Die haben die Waffen und die Staatsmacht hinter sich, und im Zweifelsfall würden die wohl in Kauf nehmen wer und wie viele umkommen.

Wir wissen alle, dass es keine Gerechtigkeit auf der Welt gibt. Wer als Kind armer Reisbauern im Isaan geboren wird, dürfte kaum die Aufstiegschancen haben wie jemand, der in Bangkok, Zürich oder Berlin geboren wurde, obwohl es auch dort mitunter schief geht. Wie können wir den Menschen helfen, die in ihrer Heimat in tiefs­ter Not leben?

Sie wollen fort. Sie wollen in Länder, die über soziale Auffangnetze verfügen. Aber das kann letztendlich nicht die Lösung sein. Wir – und damit meine ich vor allem die früheren Kolonialmächte – haben die Verpflichtung, alles zu tun, damit diese Menschen in Ihrer Heimat nicht nur überleben können, sondern dass sie dort Aufstiegschancen bekommen – durch Bildung, Nahrung und Medizin. Über Jahrhunderte wurden die Länder der Dritten Welt ausgebeutet. Es ist an der Zeit, einen Teil davon zurückzugeben. Da mag der Pöbel an manchen Stammtischen noch so sehr gegenanschimpfen: Es ist die Wahrheit. Und jedes Bier, das sie weniger trinken, kann ein Menschenleben retten, ob in Thailand oder sonst wo auf der Welt. Natürlich – das sei hier ausdrücklich angemerkt – meine ich, wenn ich von gewissen Ewiggestrigen und Besserwissern schreibe, nicht all jene Stammtischbrüder, die sich regelmäßig treffen, um sich auszutauschen, gemeinsam etwas zu trinken und ansons­ten friedliche freundliche und vernünftige Zeitgenossen sind. Und wenn sie denn mal einen über den Durst getrunken haben und „Piep-piep-piep...“ anfangen – warum nicht? – Wir dürfen, trotz all der täglichen Schreckensmeldungen den Kopf nicht hängen lassen. Ohne Humor wird das schwer.

Und deshalb sollte man den Dumpfbacken niemals nachgeben, die alles besser wissen und nur ihren eigenen Vorteil im Auge haben. Diejenigen, die nach Gerechtigkeit und Fairness streben, sind immer noch in der Minderheit. Aber täglich werden es mehr. Ich glaube trotz allem fest daran!

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Dieter Strathe 20.07.15 00:51
Sprichwörter
Wichtig bei Sprichwörtern ist die Frage nach der Zeit, aus der sie stammen. Außerdem muss man berücksichtigen, das sich die Bedeutung von Begriffen ändert, manchmal sogar verkehrt.
Michael Hellwig 19.07.15 13:23
Bravo
Sie sprechen mir aus der Seele.
Es ist einfach so: Die "dritte Welt" arbeitet fuer den Wohlstand des Westens. Der Westen braucht die Menschen der "Dritten Welt" genauso wie umgekehrt. Viele aeltere West-Expats haben in Thailand ihr Pflege-"Paradies" gefunden, d.h. Sie bekommen auch etwas.

VORSCHLAG:
Unterstuetzen Sie ein Kind aus dem Issan, und finanzieren Sie seine Ausbildung. Die Mutter und ihre Familie wird es ihnen danken, und Sie bekommen eine Pflegefamlie, wie es sie im Westen (leider) kaum noch gibt. Wir Farangs haben das Geld dafuer, investieren wir's doch einfach in eine gemeinsame Zukunft.