Demos gegen Kataloniens Abspaltung

Foto: epa/ Alberto Estevez
Foto: epa/ Alberto Estevez

BARCELONA/MADRID (dpa) - In Spanien wollen am Samstag die Gegner einer Unabhängigkeit der Autonomen Region Katalonien auf die Straße gehen. Demonstrationen sind in Madrid und Barcelona sowie in verschiedenen anderen Städten geplant. Der katalanische Regionalregierung gab am Freitag das Endergebnis des umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums vom vergangenen Sonntag bekannt.

Nach Auszählung aller Stimmen hätten sich 90,18 Prozent der Wähler für die Abspaltung der Region von Spanien ausgesprochen, hieß es auf der Internetseite der «Generalitat», der Regionalregierung. Knapp 2,29 Millionen der 5,3 Millionen Wahlberechtigten seien zu den Urnen gegangen - dies entspricht einer Wahlbeteiligung von rund 43 Prozent.

Die Regierung von «President» Carles Puigdemont hatte zuvor angekündigt, maximal 48 Stunden nach Bekanntgabe des Endergebnisses die Unabhängigkeit von Spanien ausrufen zu wollen. Ob und wann dies geschehen soll, war aber am Freitag weiter unklar.

Eigentlich war für Montag eine Parlamentssitzung angesetzt, bei der die Unabhängigkeit erklärt werden sollte. Aber das Verfassungsgericht hatte die Sitzung am Donnerstag verboten. Die Sprecherin der linken Parlamentspartei CUP, Nuria Gibert, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend, die Sitzung werde nicht stattfinden. Puigdemont will nun Medienberichten zufolge am Dienstag vor dem Parlament in Barcelona Stellung zur «aktuellen politischen Lage» beziehen. Ob er dabei die Unabhängigkeit ausrufen oder lediglich das weitere Vorgehen seiner Regierung vorstellen will, blieb offen.

Fünf Tage nach der auch international vielfach kritisierten Polizeigewalt während des Referendums entschuldigte sich am Freitag erstmals ein Vertreter der Zentralregierung bei den Verletzten. «Es tut mir sehr leid, und ich bitte um Entschuldigung», sagte Enric Millo, der Vertreter der spanischen Regierung in Katalonien, am Freitag mit Blick auf die knapp 900 Verletzten.

Gleichzeitig gab er der Regierung Puigdemont die Schuld. Denn diese habe die Bürger zu den Wahllokalen geschickt, obwohl die Abstimmung von der Justiz verboten worden war, zitierte das Portal «20 minutos» Millo. In Katalonien waren viele Menschen wütend, weil der spanische Regierungschef Mariano Rajoy die Opfer der Gewalt bisher nie erwähnt und sich nicht bei ihnen entschuldigt hatte.

Die spanische Regierung erhöhte zugleich den wirtschaftlichen Druck auf die widerspenstige Region. Am Freitag verabschiedete sie in Madrid ein Dekret, das Firmen und Banken den Weggang aus Katalonien erleichtert. Ebenfalls am Freitag entschied die Großbank La Caixa, von Barcelona nach Valencia umzuziehen und Katalonien damit zu verlassen. Am Donnerstag hatte schon die Banco Sabadell beschlossen, nach Alicante umzuziehen, ebenso Region Valencia.

Die EU-Kommission drängte Madrid und Barcelona, schnell miteinander ins Gespräch zu kommen. «Wir wollen, dass dies rasch passiert», sagte ein Sprecher am Freitag in Brüssel. Er blieb aber bei der Haltung der Kommission, sich nicht als Vermittler einzumischen. Die Brüsseler Behörde sieht den Konflikt als innere Angelegenheit des EU-Mitglieds Spanien. Der deutsche Kommissar Günther Oettinger nennt die Lage aber sehr besorgniserregend und warnt vor einem möglichen Bürgerkrieg.

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Leserkommentare

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Norbert Kurt Leupi 09.10.17 13:34
Demos gegen Abspaltung
Wie Herr A.Thiele richtig vermutet, sind von den ca.350000 Gegendemonstranten mindestens die Hälfte aus anderen Regionen " herangeschafft worden ", und vorallem in Bussen und Hochgeschwindigkeitszügen (AVE ,"Alta Velocidad Espanola ", Spanien hat nach China das zweitgrösste Hochgeschwindigkeitsnetz ) !
Norbert Kurt Leupi 09.10.17 13:33
Und wie geh`s weiter ...
in Catalunya ? Eine "Mehrheit" befürwortete die "Unabhängigkeit" , doch nur eine Minderheit ist zur Wahl gegangen, weil man sie ja am Wählen behindert hat und die Polizei etwa 700000 Stimmzettel beschlagnahmt hat ! Die Zentralregierung akzeptiert das Ergebnis nicht! Der franquistische Diktatoren-Nachkomme M.Rajoy leugnet das Referendum ,während der Regionalregierungschef Puigdemont selbstbewusst meint : Die Bürger Kataloniens haben das Recht , die von Franco und dem obersten Gericht aberkannte Autonomie , in einen unabhängigen Staat in Form einer Republik "umzuwandeln" ! Aber es geht eigentlich nur um mehr Autonomie als um Unabhängigkeit ! Es geht auch mehr um die Sturheit der span.Regierung des praktisch bankrotten Staates der zu dieser "Schande" geführt hat ! Mit der Mehrheit der anderen Provinzen ist keinesfalls zu rechnen, denn alle hängen sie am Tropf (Topf )der Katalanen und auch Basken und gingen in kürzester Zeit pleite ! Gleiches gilt übrigens auch für die span.Banken und dies erklärt wohl , weshalb die anderen EU-Staaten den Faschisten-Führer Mariano Rajoy stillschweigend gewähren lassen , obwohl er in krasser Weise mit seiner Elitetruppe Guardia-Civil gegen die Grundrechte der " Catalans " verstossen hat ! " Si us plau "!
Jürgen Franke 07.10.17 22:23
Erfreulicherweise melden sich jetzt endlich
auch einmal Gegner der Abspaltung von Katalonien zu Wort, die jetzt reichlich spät erst realisieren, dass sie mit einer Abspaltung nur Chaos erreichen würden.