Datenskandal um Facebook

Politiker sehen Demokratie bedroht

Foto: epa/Andy Rain
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WASHINGTON/BERLIN (dpa) - Zuckerberg gibt sich demütig, entschuldigt sich aber nicht dezidiert. Verbraucherschutzministerium Barley will nun Vertreter seines Unternehmens vorladen, um erklärt zu bekommen, wie es zu dem Skandal kommen konnte.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat in dem Skandal um mutmaßlichen Datenmissbrauch zwar Fehler eingeräumt - sein Unternehmen gerät dennoch immer stärker in die Defensive. Justiz- und Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) kündigte an, Vertreter des Unternehmens in ihr Ministerium zu laden, um eine Erklärung zu erzwingen. Die EU-Justizkommissarion Věra Jourová warnte angesichts des Datenskandals gar davor, die Demokratie sei bedroht.

Zuckerberg hatte am Mittwoch in einer ersten Reaktion auf die seit dem Wochenende bekannten Enthüllungen erklärt, das Vertrauen der Nutzer, die ihre Daten dem Online-Netzwerk anvertrauen und erwarten, dass sie sicher sind, sei verletzt worden.

Barley sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag): «Das europäische Facebook-Management muss zu diesem Skandal umfassend gegenüber der Bundesregierung Stellung beziehen.» Es sei nicht hinnehmbar, dass Nutzer in sozialen Netzwerken «gegen ihren Willen ausgeleuchtet werden, um sie ganz gezielt mit Wahlwerbung oder Hass gegen den politischen Gegner zu bombardieren», kritisierte sie. «Solche Wahlkampfmethoden sind eine Gefahr für die Demokratie», sagte sie. Hier müssten klare Regeln gelten.

Die EU-Justizkommissarin Jourová sagte in Washington, in dem Fall gehe es nicht nur um den Schutz persönlicher Daten, er habe «massive Auswirkungen» auf die demokratische Debatte und Wahlen. Es sei in das Privatleben von Menschen eingegriffen worden, fügte sie hinzu. Es handele sich um eine «heftige Manipulation» von Meinungen, die sich in Wahlergebnissen spiegelten.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica sich unerlaubt Zugang zu Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern verschaffen konnte. Die Firma soll im US-Wahlkampf entscheidend dabei geholfen haben, mit als Werbung geschalteten gezielten Botschaften bei Facebook Anhänger des heutigen Präsidenten Donald Trump zu mobilisieren und zugleich potenzielle Wähler der Gegenkandidatin Hillary Clinton vom Urnengang abzubringen.

Zuckerberg verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass Cambridge Analytica, die auch für Trumps Wahlkampfteam arbeitete, unrechtmäßig an die Daten gekommen sei. Ein britischer Professor hatte eine Facebook-App mit einer Umfrage zu Persönlichkeits-Typen auf die Plattform gebracht - und dann Daten daraus heimlich an Cambridge Analytica weitergegeben. Besonders brisant ist, dass er auch an einige Informationen von Facebook-Freunden der Umfrage-Teilnehmer kam - ohne deren Wissen.

Der Facebook-Chef versprach, die Nutzerdaten besser zu schützen. Ein Großteil der von ihm dafür angekündigten Maßnahmen zielt darauf, den Zugriff von App-Entwicklern einzuschränken. So sollen Facebook-Apps, die man drei Monate lang nicht genutzt hat, automatisch die Zugangsberechtigung verlieren. Zuckerberg schrieb: «Ich habe Facebook gestartet und am Ende des Tages trage ich die Verantwortung dafür, was auf unserer Plattform geschieht.» Allerdings enthielt der lange Beitrag des Facebook-Chefs keine ausdrückliche Entschuldigung.

Insgesamt schlug Zuckerberg einen demütigen Ton an: «Wir haben die Verantwortung, Ihre Daten zu schützen - und wenn wir dies nicht können, verdienen wir es nicht, Ihnen zu dienen.» Die Kontroverse hatte Facebook die heftigste Kritik seit Jahren gebracht. Politiker in den USA und Europa fordern härtere Regeln für den Datenschutz bei Online-Plattformen, auf Twitter macht der Hashtag «#deletefacebook» (lösche Facebook) die Runde. Das tagelange Schweigen Zuckerbergs in dieser Krise stieß zudem auf viel Unverständnis.

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Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 23.03.18 09:03
Wenn es nicht mehr gelingt, dass
lediglich gewisse Tageszeitungen und die sogenannten öffentlich rechtlichen Medien die Menschen beeinflussen können, ist selbst verständlich die Demokratie in Gefahr, jedenfalls das, was die Politiker darunter verstehen. Denn das Internet bietet heute so umfangreiche Informationsquellen an, die unbedingt zensiert werden müssen.
Jack Norbert Kurt Leupi 23.03.18 00:11
Datenskandal - Facebook
Gegen Hasskommentare und " unter-der-Gürtellinie- Berichte " wird vermehrt mit Löschungen und Anzeigen gekämpft ! Dass der Ton von Comment-Schreibern im Internet immer " roher " wird , bestätigen auch Experten ! Doch manchmal werden auch verhältnismässig harmlose Beiträge und Posts zur Anzeige gebracht ! Diese Fälle werfen die Frage auf : Welche Aussagen sind im Rahmen der Meinungsfreiheit gedeckt ? Und besteht die Gefahr , dass der Kampf gegen provokative Meinungsäusserungen in ZENSUR umschlägt ? Aber Personen des öffentlichen Lebens - wie z.B. es Politiker etc. sind - müssen damit rechnen , dass sie kritisiert werden ! Dass die Meinungsfreiheit deswegen in Gefahr ist, wenn sich beleidigte Personen wehren , glaube ich weniger ! Als Politiker , Helfer und Helfershelfer muss man sich schon etwas gefallen lassen , sonst sollte man " Staplerfahrer " werden !