Das große Schweigen - Steinmeier gibt auch in Vietnam keine Antwort

Foto: epa/Julien Warnand
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HO-CHI-MINH-STADT (dpa) - Steinmeier in Vietnam - die letzte Reise vor der Ausrufung zum Kandidaten fürs Präsidentenamt? Der Wunschnachfolger der meisten Bundesbürger schweigt sich aus. Aber bald gibt es von ihm ein neues Buch. Zufall?

Manchmal ist das mit diesen kommunistischen Ein-Parteien-Staaten gar nicht so schlimm. Zum Beispiel, wenn man gerade überhaupt keine Auskunft darüber geben will, ob man nun für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert oder nicht. Frank-Walter Steinmeier jedenfalls profitierte auf seiner Reise durch Vietnam davon, dass es in dem südostasiatischen Boom-Staat mit der Pressefreiheit nicht so weit her ist.

Der vietnamesische Kollege - ein Mann namens Pham Binh Minh, durchaus mit einiger Erfahrung in der Welt - ließ beim gemeinsamen Termin in der Hauptstadt Hanoi keine einzige Frage zu. Mehr als diplomatische Floskeln gab es nicht. Und so kam der SPD-Mann einmal mehr um die Auskunft herum, ob er nach der Quasi-Benennung durch seinen Parteichef Sigmar Gabriel überhaupt zur Verfügung steht.

Steinmeier, nach allen Umfragen konstant der Lieblings-Kandidat der Bundesbürger für die Nachfolge von Joachim Gauck, hat mittlerweile ziemliche Routine darin entwickelt, solchen Fragen auszuweichen. Im Prinzip geht das schon seit fünf Monaten so: Von Gaucks Verzicht auf eine neue Amtszeit wurde der Außenminister Anfang Juni auf einer Südamerika-Tour überrascht. Damals brauchte er ein paar Tage, bis die Sprachregelung stand.

In Mexiko-Stadt verkündete er dann: «Ich bin Außenminister. Und Sie sehen: Ich bin es gerne.» Seither gibt es von ihm auch auf die bohrendsten Nachfragen weder ein Ja noch ein Nein, mittlerweile in den verschiedensten Variationen.

Am Dienstag, in Ho-Chi-Minh-Stadt, von ihm dazu nur so viel. «Sie müssen das kommentieren. Ich muss es nicht. Und dabei wollen wir es belassen.» Zuvor, bei anderer Gelegenheit, rettete er sich sogar in den Satz: «Der Verkehr ist so laut hier. Ich kann Sie nicht verstehen.» Es war in einer verkehrsberuhigten Zone. Kein Bus, kein Auto, kein Moped weit und breit.

Mehr gibt es dazu auch aus seiner Umgebung nicht. Man darf aber davon ausgehen, dass Steinmeier dem Gedanken, sich einer Abstimmung bis in den dritten Wahlgang zu stellen, inzwischen mehr abgewinnen kann als zu Beginn - auch auf die Gefahr hin, zu verlieren. Dem «Spiegel» zufolge ist er sich mit Gabriel einig darin, auch eine Kampfkandidatur zu wagen.

Zwar hält er das 23-Prozent-Debakel gegen Angela Merkel als SPD-Kanzlerkandidat 2009 immer noch für den «Tiefpunkt meiner politischen Laufbahn». Aber aus Sicht der SPD spricht doch einiges dafür, ins Rennen um Bellevue zu gehen.

Steinmeier ist nicht nur in der Bevölkerung populär. Er hätte auch Aussichten, im dritten Wahlgang, wenn in der Bundesversammlung die einfache Mehrheit reicht, aus anderen Parteien die entscheidenden Stimmen zu holen. Nicht einmal Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht schließt mehr aus, ihn zu wählen.

Und wer weiß schon, was nach der Bundestagswahl 2017 wird? Noch einmal Außenminister, dann schon zum dritten Mal? Mitte November ist Steinmeier, inzwischen 60, genau 2500 Tage im Auswärtigen Amt. Bald hat er Joschka Fischer überholt. Dann läge nur noch Hans-Dietrich Genscher vor ihm..

Die Entscheidung dürfte aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. An diesem Sonntag ist das Treffen der drei Parteivorsitzenden Merkel, Gabriel und Horst Seehofer, das Klarheit bringen soll, ob sich die große Koalition auf einen Konsenskandidaten (vielleicht doch noch der oberste Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle) einigen kann. Ohne Steinmeier übrigens. Bis dahin wird er sich die Optionen offen halten.

Aber danach gibt es - so oder so - fürs Schweigen keinen Grund mehr. Aus heutiger Sicht spricht einiges dafür, dass die SPD den Außenminister nächste Woche formell für das höchste Staatsamt nominiert. Zurück jedenfalls könnte er nicht mehr so leicht. Als Indiz dafür werten manche auch, dass Steinmeier just nun ein neues Buch herausbringt, in dem er seine Amtszeit Revue passieren lässt: «Flugschreiber», eine Sammlung von Reden und Anekdoten auf 240 Seiten.

In seiner Umgebung heißt es, dass die Arbeit daran schon vor mehr als einem Jahr begonnen habe, lange vor allen Diskussionen über die Gauck-Nachfolge. Wie auch immer: Offizieller Vorstellungstermin ist der 1. Dezember. Wer dann die Laudatio auf Steinmeier halten wird, ist noch nicht bekannt. Im Moment könnte das zu viel verraten.

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Jürgen Franke 05.11.16 21:42
Sorry Herr Raktin, dass ich Ihnen diese Frage
beantwortet habe, denn ich hätte Ihre Antwort kennen müssen.
Jürgen Franke 05.11.16 10:41
Herr Raktin, als Ergänzung zu meinen Ausführungen
Die Bildung der Menschen eines Landes sollte an erster Stelle jeder Regierung stehen. Und dabei denke ich nicht gleich an das Land, in dem ich den Rest meines Lebens verbringen werde, sondern auch an Europa und Deutschland. Die Montagsdemonstrationen, sowie der politische Rechtsruck sind lediglich auch ein Ausdruck mangelnder Schulbildung. Mit den "Reichsbürgern" in Deutschland schließt sich der Kreis, der nun völlig Schwachsinnigen, die offensichtlich überhaupt keine Geschichtskenntnisse mit bekommen haben. Denken Sie an den Brexit: Hier haben die älteren Bürger Englands, über die Zukunft der Jugend des Landes abgestimmt. Die Älteren haben den Lügen geglaubt und die Jugend ist gar nicht erst zur Wahl gegangen. Permanente Information durch glaubwürdige Medien ist die Voraussetzung für Bildung.
Jürgen Franke 04.11.16 21:00
Herr Raktin, diese Frage ist schnell beantwortet,
Menschen, die der Meinung sind, dass der Bundespräsident nach der Pfeife der Kanzlerin zu tanzen hat, sind in diese Kategorie einzureihen. Trump in Amerika spricht aber genau und erfolgreich diesen Personenkreis an. Eine Bevölkerungsschicht, die sozial vernachlässigt wurde und entsprechend keine erfolgreiche Bildung genießen konnte. Grundsätzlich sind es eben Menschen, die auf einer Bildungsstufe stehen geblieben sind und auch nicht willens sind, sich weiter zu bilden. Aber auch diese Menschen sind zu akzeptieren.
Jürgen Franke 03.11.16 10:24
Der Bundespräsident wird für 5 Jahre von der
Bundesversammlung gewählt. Was er zu tun und zu lassen hat, steht im Grundgesetzt. Auch wenn das einige bildungsferne Menschen nicht verstehen wollen und können. Wenn er jedoch versucht, sich mit den Medien anzulegen, sind seine Tage gezählt. Die Pfeife der Kanzlerin kann auch dann nichts bewirken, denn den Wulff hätte sie gerne noch gerettet und der Köhler war leider etwas überfordert. Kritik an Gesetzesvorlagen überlässt er sowieso lieber dem Bundesverfassungsgericht, das übrigens sehr viele Gesetze wieder "kassiert" die vom Bundestag beschlossen worden sind.
Jürgen Franke 02.11.16 23:34
Der Bundespräsident ist nun mal der erste Mann
im Staat, laut Verfassung. Die Aufgaben kann jeder in Wikipedia nachlesen. Steinmeier wäre keine schlechte Wahl, obwohl selbstverständlich heute bereits viele Menschen vergessen haben, dass er hauptsächlich der Schreiberling Schröders für die Agenda 2010 war. Dr. Steinmeier saß bereits im Vorzimmer von Schröder, als der noch Ministerpräsident in Hannover war und räumte damals schon den Schreibtisch Schröders auf, damit der Zeit hatte, sich auf die Kanzlerschaft vorzubereiten. .
Ingo Kerp 02.11.16 16:14
Bundespräsident
Was ein Gezerre um den total überflüssigen Job eines Frühstücksdirektiors der BRD. Außer für viel Steuergeld repräsentieren und nachbeten, was ihm Kanzler/in und der Bundestag vorgeben, sind keine Aufgaben zu erledigen, da es sich verbietet, das Amt politisch zu nutzen.