Das Geschäft mit der Schönheit bei TV-Shows und Miss-Wahlen

Foto: epa/Joerg Carstensen
Foto: epa/Joerg Carstensen

RUST (dpa) - Heidi Klum sucht Topmodels und lässt vor der Fernsehkamera publikumswirksam junge Frauen aufmarschieren. Schönheitswettbewerbe locken auf den Laufsteg und versprechen Erfolg im Scheinwerferlicht. Und auch die RTL-Kuppelshow «Der Bachelor» sowie andere Sendungen setzen auf weibliche Reize. Das Geschäft mit der Schönheit in Show und Fernsehen spricht Zuschauer an, zieht aber auch Kritik auf sich. Die diesjährige «Miss Germany», die am Samstag (18.2.) in Rust bei Freiburg gewählt wird, ist ein Teil dieses gesellschaftlichen Phänomens.

«Die Ladys zeigen im Bikini, was sie haben», wirbt die derzeit laufende RTL-Sendung «Der Bachelor» für sich und um die Gunst der Zuschauer. Frauen, leicht bekleidet, präsentieren sich und buhlen um den gleichen Mann, der sie auswählen soll.

Auch die ProSieben-Show «Germany's Next Topmodel» mit Model Heidi Klum rückt junge Frauen und deren Äußeres ins Blickfeld. Es lockt eine spätere Karriere als Topmodel. Die Show, deren aktuelle Staffel derzeit ausgestrahlt wird, läuft nach Angaben des Senders gut. Doch seit dem Start 2006 gibt es auch Kritik.

In der Klum-Show gebe es eine Fokussierung auf Äußerlichkeiten, sagen Medienexperten von «Flimmo», einem Portal für Medienerziehung aus München. Es werde, um Einschaltquoten und möglichst große Aufmerksamkeit zu erreichen, mit den Hoffnungen junger Frauen gespielt. Eine Karriere als Topmodel sei unwahrscheinlich. Und «Der Bachelor» vermittle ein fragwürdiges Frauenbild.

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen warnt davor, ahnungslos an solchen Sendungen teilzunehmen. Es bestehe die Gefahr, vorgeführt und öffentlich in ein schlechtes Licht gerückt zu werden, sagt eine Sprecherin des Verbandes. Vor allem labile Persönlichkeiten könnten Schaden nehmen, auch dauerhaft.

Miss-Wahlen haben eine längere Geschichte als die TV-Sendungen. «Wir sind die älteste aller Castingshows», sagen die Veranstalter der Wahlen zur «Miss Germany», die in diesem Jahr 90 Jahre alt sind. Vom Boom der Castingshows im Fernsehen haben Schönheitswettbewerbe profitiert, sagt Organisator Ralf Klemmer. Die Zahlen der jungen Frauen, die sich um einen Platz auf dem Laufsteg bemühen, sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. 5.000 bis 6.000 Bewerberinnen sind es den Angaben zufolge allein bei «Miss Germany» jährlich. Die Veranstaltung ist laut den Organisatoren die größte der Branche.

«Wir versuchen uns, von den Fernsehshows abzugrenzen», sagt Klemmer: «Inszenierte Zickenkriege oder eine Beschränkung allein auf das Äußere wollen wir nicht.» Dies würde ein Schmuddel-Image bringen, das dem Wettbewerb auf Dauer schade. Es gebe daher ein Umdenken hin zu vergleichsweise dezentem Auftreten: Bei der Miss-Wahl präsentieren sich die Frauen zwar auch in Badebekleidung, doch das sei nicht der Fokus. Vielmehr gehe es darum, was die Frauen sagen und ausstrahlen.

Wer mitmachen will, müsse trainieren. So gebe es Benimm-Kurse und Rhetorik-Seminare. Zu den Regeln gehöre auch, dass Nacktaufnahmen tabu sind. Wer sich hüllenlos präsentiert oder präsentiert hat, darf bei «Miss Germany» nicht mehr antreten - auch in einer Zeit, in der das US-Männermagazin «Playboy» nach einem Jahr der Enthaltsamkeit entscheidet, wieder Bilder nackter Frauen zu zeigen.

«Wir sehen uns als Unterhaltungsshow für einen Abend», sagt der Seniorchef der Miss Germany Corporation, Horst Klemmer: «Was daraus wird, entscheiden die Frauen.» Den meisten von ihnen sei bewusst, um was es gehe. «Sie entscheiden sich mit klarem Verstand für diesen Weg.» Meist, sagt Klemmer, sitzen die Familien im Publikum und drücken die Daumen. Eine spätere Model-Kariere oder finanzielle Vorteile würden nicht versprochen: Das Amt der Schönheitskönigin ist auf ein Jahr beschränkt.

«Miss Germany» ist nach Angaben der Veranstalter eine Marke «und 98,7 Prozent der Deutschen ein Begriff». Die Frauen selbst stehen langfristig weniger im Rampenlicht, zeigt die Erfahrung. Nur wenige der Siegerinnen der Vorjahre sind der Bühne treu geblieben. Die amtierende «Miss Germany» Lena Bröder (27) wird nach dem Ende ihrer Amtszeit zum 1. März wieder Lehrerin.

Die Friseurmeisterin Viola Kraus (26) aus München ist eine der wenigen, die zurzeit gleichzeitig auf der Bühne und im Fernsehen zu sehen ist. Als amtierende «Miss Süddeutschland» steht sie am Samstag bei der Wahl zur neuen «Miss Germany» im Finale. Gleichzeitig ist sie eine der Frauen, die in der RTL-Show «Der Bachelor» dabei sind. «Es macht beides Spaß. Was daraus wird, muss man sehen», sagt sie. Vorerst plane sie solide: Im Hauptberuf bleibe sie Friseurin.

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Ingo Kerp 17.02.17 17:13
Miss-Wahlen
sind doch ok für die Mädchen, sonst würden sie sich doch nicht in Scharen melden. Sie möchten halt auch mal für kurze Zeit eine "Prinzessin" sein.