Christentum und Buddhismus Teil 5

Der Tod des Erlösers

Der auferstandene Christus mit Segensgeste, San-Damiano-Kreuz (l.). Buddha`s Eingehen in das Parinirvana, Tham-Khao-Luang-Höhle bei Petchaburi (r.).
Der auferstandene Christus mit Segensgeste, San-Damiano-Kreuz (l.). Buddha`s Eingehen in das Parinirvana, Tham-Khao-Luang-Höhle bei Petchaburi (r.).

Wer als Christ für längere Zeit in Thailand lebt, wird unweigerlich auf die Zeugnisse buddhistischen Glaubens stoßen. Gerade die Legenden zur Lebensgeschichte des Gautama Buddha zeigen streckenweise überraschende Ähnlichkeiten zu dem, was die Bibel über die Lebensgeschichte Jesu Christi berichtet. Bei näherem Hinsehen werden dann aber auch Unterschiede deutlich, die bei allem Respekt gegenüber anderen Religionen zum Nachdenken darüber einladen, was die Besonderheit der christlichen Botschaft ausmacht.

Buddha („der Erwachte“) wirkte 45 Jahre lang als Weisheitslehrer, bis er nach Abschluss seiner Lehrtätigkeit im Alter von 80 Jahren starb.

Christus („der Gesalbte“) dagegen wirkte nur wenige Jahre, bis er, nicht einmal 40 Jahre alt, verhaftet und hingerichtet wurde. Sein Tod erschien zunächst als Scheitern seiner Mission.

Der Tod des Buddhas kam trotz seines hohen Alters nicht „natürlich“: er starb an den Folgen einer Lebensmittelvergiftung. In den Berichten darüber wird ausdrücklich betont, dass Buddha schon vorher wusste, dass die Speise, die ihm ein Anhänger mit Namen Cunda reichte, verdorben war – weshalb er seinen mitreisenden Mönchen verbot, von dieser Speise zu essen. Später nahm Buddha Cunda gegen den Vorwurf in Schutz, ihn vergiftet zu haben – er hatte ja nur Verdienste in der Verehrung des Buddha sammeln wollen.

Auch am Tod des Chris­tus war einer seiner Jünger mit Namen Judas beteiligt: er lieferte Jesus an die Tempelwachen in Jerusalem aus, die ihn dann später zur Hinrichtung an die römische Besatzungsmacht überstellten. In der christlichen Tradition wurde dieser Judas später zum Urtyp des „Verräters“. Die biblischen Berichte bleiben demgegenüber zurückhaltend: Judas tut im Auftrag des Christus, „was getan werden muss“ – und zerbricht an dieser Aufgabe, als er erkennen muss, dass Jeshua sich nicht als Befreier Israels von der römischen Besatzungsmacht erweist. Die Bilder vom Sterben des Buddha und des Christus unterscheiden sich vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Geschichten:

Buddha geht, auf der rechten Seite liegend, mit einem gelös­ten Gesichtsausdruck in das Parinirvana ein – in das „Verlöschen“ ohne weitere leidvolle Wiedergeburten.

Christus dagegen stirbt gewaltsam als einer der vielen Aufständischen und Staatsfeinde, die das römische Imperium durch öffentliche Kreuzigung hinrichten ließ. Der Schock über dieses blutige Scheitern hatte zur Folge, dass sich erst 500 Jahre später die ersten Bilder eines gekreuzigten Christus finden – und dann in zwei unterschiedlichen Darstellungen: der auferstandene Christus als königlicher Sieger über Tod und Unrecht, und der gekreuzigte Christus als schmerzhaft Leidender.

Die Darstellungen des leidenden Christus haben immer wieder Menschen abgestoßen – obwohl gerade sie eine erstaunliche Nähe zur Geschichte des Buddhas aufweisen: denn erst die Begegnung mit dem Leiden und dem Sterben brachte den Prinzen Siddharta auf den Weg des Mönchslebens, und erst am Ende seines fast tödlichen Fastens, abgemagert bis auf die Knochen, erkannte er den „mittleren Weg“, auf dem sich die Erlösung nicht erzwingen lässt. In der christlichen Tradition hatten die Darstellungen des leidenden Christus übrigens häufig eine seelsorgerliche Funktion: gerade in Zeiten der mittelalterlichen Pestepidemien wurden sie Todkranken gezeigt –mit der tröstenden Zusage, dass der auferstandene Christus ihnen auch im tiefs­ten Leiden nahe ist.

Die Sterbegeschichten des Buddha und des Christus berichten schließlich auch noch darüber, was unmittelbar nach dem Tod der beiden geschah:

Buddha wird eingeäschert – wobei das erst gelingt, als sein Jünger Maha Kassapa anwesend ist, der die Autorität zur Weitergabe der Lehren des Buddhas hatte. Um die Verteilung der Asche des Buddhas kommt es danach fast zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Königen.

Der hingerichtete Christus wird in einem Felsengrab bestattet – wobei später in manchen biblischen Schriften berichtet wird, dass der Leichnam des Christus aus diesem Grab verschwunden sei. Doch schon wenige Tage nach seinem Tod erleben seine Jüngerinnen und Jünger Erscheinungen, die sie zunächst für Geisterspuk halten, oder in den Erscheinungen Christus lange nicht erkennen. Erst allmählich entsteht in der Rückbesinnung auf die jüdische Tradition der neue Glaube, dass mit den Erscheinungen des Christus die Auferstehung aller Toten und das Wachsen einer neuen Welt begonnen hat.


Über den Autor:

Ulrich Holste-Helmer (56) lebt und arbeitet – auf geteilter Stelle mit seiner Ehefrau Annegret Helmer – seit 2011 als Pastor der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache in Thailand.

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