Chinas globaler Einfluss wächst

 Foto: Orlando Bellini / Fotolia.com
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Vor mittlerweile fast einem Jahr, als Washington seine europäischen Verbündeten aufforderte, im Zusammenhang mit der Annektierung der Krim durch Russland Sanktionen gegen Russland zu verhängen bzw. zu verschärfen, wagte ich die Prognose in dieser Kolumne, dass diese Maßnahmen lediglich zu einer Vertiefung und Verbesserung der Beziehungen zwischen Russland und China führen wird, ohne Russland wirklich in Verlegenheit zu bringen.

Daran erinnerte ich mich kürzlich, als ich ein Memorandum einer Konferenz des Pekinger KP-Komitees für ausländische Angelegenheiten zu lesen bekam, in dem sich Chinas Führung Ende 2014 zu den Prioritäten der zukünftigen chinesischen Außenpolitik äußerte. Chinas Präsident, Xi Jingping, nannte Russland, die BRICS-Staaten, Afrika sowie die Nachbarn Chinas als Prioritäten. Im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen der letzten Jahre fällt auf, dass der Westen und vom Westen gesteuerte Institutionen wie Weltbank oder IWF keine Top-Priorität mehr darstellen. Der chinesische Präsident sprach insbesondere von den „großen Entwicklungsländern“, die derzeit wirtschaftlich rasch Fortschritte machen. Klar ist, dass China die Kooperation mit diesen Ländern deutlich ausweiten will und – mehr noch – die Entwicklung Chinas mit der Entwicklung dieser Länder stärker verbinden möchte.

US-Außenpolitik spielt Peking in die Hände

Man darf annehmen, dass dieser Prozess, der ohnehin bereits im Gange war, durch die Politik der ständigen Einmischung Washingtons in die inneren Angelegenheiten anderer Länder noch beschleunigt wurde. Überhaupt könnte man den Eindruck gewinnen, dass die gegenwärtige Außenpolitik der USA Peking geradezu in die Hände spielt. Zwei weitere Beispiele: Die offene Sympathie von US-Diplomaten hier in Thailand mit den Rothemden bzw. Besuche dieser Diplomaten im Nordosten des Landes vor einigen Wochen wurden von der gegenwärtigen Regierung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten Thailands empfunden. Die Intensivierung der Kontakte zu China sowie der Abschluss diverser Großprojekte und Joint Ventures mit China folgten unmittelbar. Genauso ungeschickt mischte sich Washington bzw. der Westen in Hongkong ein, als im letzten Quartal 2014 die „Regenschirm-Revolution“ für Aufsehen sorgte. Am lächerlichs­ten waren wohl die lautstarken Forderungen des letzten britischen Gouverneurs, Chris Patten, nach absoluter Demokratie für Hongkong, nachdem London bis zur Übergabe der Kronkolonie an China im Jahre 1997 ca. 150 Jahre lang Dutzende von Gouverneuren direkt in London ernannte.

Gewollt oder nicht, die Vorzeichen einer Änderung der internationalen Ordnung sind nicht mehr zu übersehen. Es fällt dabei nicht nur auf, dass der Westen derzeit seine Stellung als Top-Priorität für China verliert, Peking ist auch dabei, offen Pläne zu verfolgen alternative Organisationen zum US-kontrollierten IWF und der Weltbank aufzubauen. Sobald diese Organisationen funktionieren, dürfte die uneingeschränkte Vorherrschaft der USA – nicht nur auf den Finanzmärkten – relativ rasch bröckeln. Falls es dann auch noch gelingt, eine eigene chinesische Version einer Freihandelszone im asiatisch pazifischen Raum aufzubauen, werden sich die wirtschaftlichen Schwerpunkte des Welthandels immer mehr und schneller nach Osten verschieben.

Während der letzten APEC-Konferenz in Peking (Asia-Pacific Economic Cooperation) im November letzten Jahres haben sich Russland und China auf den Bau einer Gaspipeline von Sibirien nach China geeinigt. Sobald diese fertiggestellt ist, wird sie 40 Prozent des in China benötigten Erdgases liefern und Russlands Abhängigkeit vom Westen deutlich reduzieren. Es scheint, Washington würde die lange nicht besonders tragfähige Achse zwischen Moskau und Peking derzeit gezielt fördern. Auch als im letzten November der Währungskrieg der USA gegen den Rubel in vollem Gange war, verkündete der chinesische Außenminister Wang Yi prompt , China werde seinem russischen Partner im Notfall zu Hilfe kommen. Man darf annehmen, dass ein verstärkter Einsatz des Yuan im bilateralen Handel zwischen beiden Ländern nicht lange auf sich warten lassen wird. Richtig spannend wird es werden, wenn sich beide Länder entschließen, trotz des Jahrzehntelang gepflegten Misstrauens, auch auf militärischem Gebiet ernsthaft zusammenzuarbeiten.

Über den Autor

Christian Rasp ist Rechtsanwalt und seit 1992 in Thailand, Hongkong und China tätig. Er leitet ein spezialisiertes Consulting-Haus, lebt und arbeitet in Hua Hin, Bangkok und Hongkong. Die Kolumne Nachgefragt“ beschäftigt sich vorwiegend mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen, die es verdienen, etwas genauer unter die Lupe genommen zu werden.

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