«Buy American» - Stürzt Trump die Welt in einen «Handelskrieg»?

Foto: dpa/Maurizio Gambarini
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BERLIN/WASHINGTON (dpa) - «Buy American» lautet das ökonomische Credo des neuen US-Präsidenten Donald Trump - «Kauft Amerikanisch». «Viele Jahrzehnte lang haben wir ausländische Industrien auf Kosten der amerikanischen Industrie reicher gemacht», sagte er bei seinem Amtsantritt. «Wir müssen unsere Grenzen vor den Verwüstungen durch andere Länder schützen, die unsere Produkte herstellen, unsere Firmen klauen, unsere Arbeitsplätze zerstören.»

Mit solch markigen Worten bekräftigte Trump, was er schon im Wahlkampf angedeutet hat. Ist das alles nur Rhetorik, oder will er die USA wirklich wirtschaftlich abschotten - und geht das überhaupt? Müssen die Amerikaner auf Haribo Gold Bears oder Mercedes verzichten? Und auf iPhones, die lediglich «designed by Apple in California» sind, aber in China zusammengebaut? Und müssen sich viele Firmen neue Absatzmärkte suchen? Viele Fragen und vorerst nur einige Antworten zum Wirtschafts-Kurs der neuen US-Führung:

Was könnte auf die globalisierte Wirtschaftswelt zukommen?

Solange keine detaillierten Pläne vorliegen, sind nur Mutmaßungen möglich. Im Extremfall, so wird befürchtet, könnte Trump die Idee haben, den amerikanischen Markt mehr oder weniger dicht zu machen für ausländische Produkte oder Waren, die nicht «Made in America» sind. Konkret hat Trump allerdings bislang nur gesagt, dass er einen Rückzug aus der geplanten transpazifischen Partnerschaft (TPP) plant - und das nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) mit Kanada und Mexiko neu verhandeln oder im Notfall kündigen will. Solche Abkommen sollen Hürden für den gegenseitigen Handel beseitigen, etwa indem Zölle abgeschafft werden. Verstöße anderer Länder gegen Handelsabkommen will er «mit allen Mitteln» bekämpfen. Die Welthandelsorganisation WTO, die mit ihren 162 Mitgliedern über die Einhaltung von Handelsregeln wacht, hat Trump bislang nicht infrage gestellt.

Wie begründet Trump seinen Kampf für neue Handelsregeln?

Amerikaner hätten, so argumentiert er, viel zu lange Handelsabkommen akzeptiert, die an den Interessen der arbeitenden Menschen vorbei gingen. «Als Ergebnis, mussten Arbeiterstädte mit ansehen, wie ihre Fabriken geschlossen wurden und gut bezahlte Jobs nach Übersee wanderten - während Amerikaner mit einem wachsenden Handelsdefizit und einem verwüsteten Produktionsstandort konfrontiert sind», schreibt der Präsident auf der Website des Weißen Hauses.

Ist die wirtschaftliche Lage der USA denn wirklich so verheerend?

Nein. Wir reden immer noch von der weltweiten Wirtschaftsmacht Nummer eins. Mit ihren mehr als 320 Millionen Einwohnern stehen die USA für eine Wirtschaftsleistung von mehr als 18 Billionen Dollar. Das ist immer noch weit mehr, als die Nummer zwei China mit ihrer mehr als vier mal so großen Bevölkerung schafft. Auch auf den Weltmärkten spielen die USA in der Topliga: Hinter Exportweltmeister China liegen die USA auf Platz zwei der größten Warenexporteure, seit Jahren sogar vor dem einstigen Spitzenreiter Deutschland.

Aber vielen Leuten geht es doch schlecht?

Nach der Finanzkrise und der verheerenden weltweiten Rezession 2009 lag die Arbeitslosenquote jahrelang über 8 Prozent. So lange waren seit der «Großen Depression» vor mehr als 80 Jahren noch nie so viele Amerikaner ohne Arbeit. Das ist inzwischen überwunden: Die Zahl der Arbeitsplätze steigt ununterbrochen. Die Arbeitslosenquote lag zum Jahresende 2016 bei 4,7 Prozent. Im November hatte sie mit 4,6 Prozent den niedrigsten Stand seit August 2007. Auf der Sonnenseite stehen indes nicht alle Gegenden der USA. Zum Beispiel der Großraum Detroit: Die einstige «Motortown» wurde nach mehreren Krisen zum traurigen Zentrum der verfallenden Schwerindustrie im «Rust Belt» (Rost-Gürtel) der nördlichen USA.

Wo liegt das Problem?

Seit Anfang der 90er Jahre hat vor allem das Defizit im Handel mit Konsumgütern - von Kleidung über Spielzeug bis zu TV-Geräten - massiv zugenommen. Ökonomen erklären das damit, dass derartige Güter nicht mehr wettbewerbsfähig herzustellen waren. Mit der Integration von China, Indien und Co. in die Weltwirtschaft wurden denn auch viele arbeitsintensive Produktionsprozesse ins Ausland verlagert. «Die Probleme im Autohandel gelten zudem als «Made in Detroit». Verfehlte Modellpolitik und Qualitätsmängel hätten die Käufer in die Arme ausländischer Anbieter getrieben, wird argumentiert.

Zudem leben die USA als Importweltmeister seit Jahren ökonomisch über ihren Verhältnissen. Anders als bei Produkten «Made in Germany» reichen die Ausfuhren aus Kalifornien, Texas, Michigan und Co. bei weitem nicht aus, den noch viel größeren Strom an Einfuhren auszugleichen. Neben den Nachbarn Mexiko und Kanada ist China einer der wichtigsten Handelspartner. Vor allem Unterhaltungs- und Haushaltselektronik kommt in Unmengen aus Asien. China allein steht für einen guten Teil des US-Handelsbilanzdefizits gerade. Ein Grund, warum die USA seit Jahren mit Peking im Clinch liegen. Der Vorwurf: China halte seine Währung künstlich billig und fördere damit seine Ausfuhren über Gebühr.

Dann klingt es doch nach einem guten Rezept, Importe zu beschneiden?

Nur auf den ersten Blick. Der US-chinesische Wirtschaftsrat USCBC argumentiert im Gegenteil, dass die Handelsbeziehungen mit China aktuell 2,6 Millionen Jobs in den USA sicherten - einschließlich der Arbeitsplätze, die chinesische Firmen in Amerika geschaffen hätten. USCBC nennt als Beispiele den Hausgerätehersteller Haier, der Anfang 2016 die Hausgerätesparte des US-Riesen General Electric kaufte, oder den Autozuliefer Wanxiang, die beide für jeweils mehr als 10.000 Arbeitsplätze stünden.

Was sagen Ökonomen zum Nutzen von Einfuhrhemmnissen?

Die Idee, die heimische Wirtschaft über Importzölle zu schützen, zählt für die Ökonomen der Bertelsmann-Stiftung zu den «Makro-Mythen» der Volkswirtschaft. Sie schienen nur ein geeignetes Mittel, um die Wirtschaft im eigenen Land zu verbessern. «Tatsächlich aber schwächt diese Einschränkung des internationalen Handels Wachstum und Beschäftigung in allen Volkswirtschaften, die von diesen Handelseinschränkungen betroffen sind.»

Was würde geschehen?

Zum einen würden etliche importierte Waren teurer. US-Kunden müssten also bei Toys«R»Us möglicherweise viel mehr Geld für Spielzeug «Made in China» zahlen - oder fänden nur noch teurere Produkte aus heimischer Fertigung vor. Außerdem müsste mit Vergeltung gerechnet werden, was die Exportchancen eigener Produkte einschränkt. Langfristig droht indes noch ein viel größeres Problem: Lasse der Druck durch ausländische Firmen nach, sinke auch der Zwang, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den ausländischen Konkurrenten zu verbessern, so Bertelsmann-Autor Thieß Petersen.

Müssen sich die Deutschen Sorgen machen?

«Wenn die US-Wirtschaft hustet, bekommen Europa und Deutschland eine Lungenentzündung» - diese Faustformel galt über Jahrzehnte. Mittlerweile hat die direkte Bedeutung der US-Wirtschaft aber abgenommen. In den sechziger und siebziger Jahren gingen noch bis zu 14 Prozent der deutschen Ausfuhren in die USA. Der Anteil hat sich inzwischen glatt halbiert. Als Abnehmer viel wichtiger ist unser europäischer Nachbar Frankreich. Am stärksten nach vorn kam in den vergangenen Jahren China. Für einzelne Branchen könnten Handelshindernisse indes schon empfindlich sein, zum Beispiel für den Maschinenbau. Die USA sind der größte Einzelmarkt für den Export von Maschinen «Made in Germany». Deshalb warnte der Branchenverband VDMA auch schon: «Präsident Trump spielt mit dem Feuer.»

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Leserkommentare

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Peter Platzer 25.01.17 16:40
Der einzigste Schaumschläger
der es weltweit bis zum Präsidenten geschafft hat! Das muß ihm erst mal Einer nach machen! Nur gut das seine Vorgänger da aus einem ganz anderen Holz geschnitzt waren! Danke für diesen Hinweis John Mujo. (Ironie aus)
Peter Platzer 24.01.17 14:31
.... Ist das alles nur Rhetorik?.......
Nein! Nein, nein! Keine Rhetorik, nein! Die Amis werden demnächst ihre Apples selbsthändig zusammenschrauben! Shure!
......und wenn dann mal der Herr Cook auf ein Tässchen Kaffee bei Trumps Ronald eingeladen ist, dann........
Peter Platzer 24.01.17 10:45
Dieser Präsident wird sicherlich keine .......
Man könnte auch schreiben: Ist doch egal wer Präsident ist, die wichtigen Entscheidungen werden von der Wirtschaft getroffen. ...Oder hat jemand das bereits in einem anderen Zusammenhang schon getan?
Jürgen Franke 23.01.17 16:50
Dieser Präsident wird sicherlich keine
vier Jahre im Amt überstehen, wenn er diesen Unsinn, den er nun wiederholt verbreitet, auch wahrmacht. Die Hürden für ein Präsidenten Endhebungsverfahren sind zwar hoch, aber nicht unüberwindlich. Auch in den USA wird man sehr schnell feststellen, dass dieser Trump von Politik nun wirklich keine Ahnung hat
Ingo Kerp 23.01.17 16:47
Erstaunlich
das der neue amerik. Präsident sich für ein «Buy American» so vehement einsetzt. Als Global Player, der er als Geschäftsmann ist, sollte er es doch besser wissen. Oder, das könnte die andere Seite der Medaille sein, der Satz ist für die "Vergessenen und Verlassenen" gedacht, die für ihn gestimmt haben. Also, abwarten und Tee trinken.