Brandanschläge an Bahnstrecken in ganz Deutschland

Foto: epa/Focke Strangmann
Foto: epa/Focke Strangmann

UPDATE - BERLIN (dpa) - Knapp drei Wochen vor dem G20-Gipfel in Hamburg haben Unbekannte in mehreren Bundesländern Feuer in Bahnanlagen gelegt. Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz der Polizei in den Ländern nahm die Ermittlungen auf. Ein mögliches Bekennerschreiben aus der linksextremistischen Szene wurde geprüft.

Sachsens Innnenminister Markus Ulbig (CDU) ging von einer politischen Motivation der Täter aus und sagte in Richtung von radikalen G20-Gegnern: «Das hat nichts mehr mit Globalisierungs- und Gesellschaftskritik zu tun, das ist einfach nur hoch kriminell und erfordert eine harte Bestrafung.»

In der Nacht zum Montag wurden laut Bundesinnenministerium 13 Anschläge verübt. Zudem seien zwei Brandsätze vor einer Zündung sichergestellt worden, teilte die Bundespolizei mit. Ziel waren vor allem Kabel an Bahnstrecken. Menschen wurden nicht verletzt. Züge fielen aus, Reisende mussten mit Verspätungen zurechtkommen.

Die Brandsätze seien bundesweit zwischen 1.00 Uhr und 4.30 Uhr gelegt worden. Laut dem Bekennerschreiben «Shutdown G20 – Hamburg vom Netz nehmen!» hatten die Täter «mehrere Hauptstrecken der Bahn» im Visier. Die Polizei ließ in der Nacht in Leipzig einen Hubschrauber aufsteigen, um nach möglichen weiteren Brandorten zu suchen.

Die Bundespolizei, die für die Sicherheit von Bahnanlagen zuständig ist, hatte die Zahl der Anschläge zunächst mit zwölf angegeben - weil ein Feuer in einem Kabelschacht auf dem Gelände des Bremer Güterverkehrszentrums neben den Gleisen in der Nähe zum Hafen in die Zuständigkeit der örtlichen Polizei falle. In Bremen sagte eine Sprecherin der Behörde, ein Zusammenhang zu den anderen Vorfällen werde geprüft.

Auf der Internetplattform «linksunten.indymedia.org» tauchte ein mögliches Bekennerschreiben auf. Bei der Polizei hieß es, das Schreiben sei bekannt und werde geprüft.

Vor dem G20-Gipfel hatten Linksextremisten wiederholt Aktionen und Anschläge angekündigt. Am 7. und 8. Juli treffen sich Staats- und Regierungschefs aus den führenden Industrie- und Schwellenländern sowie Vertreter der EU. Mit dabei: US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Nach Einschätzung des Operativen Abwehrzentrums (OAZ) der sächsischen Polizei haben die Vorfälle möglicherweise einen Bezug zum G20-Gipfel.

Aus Sicherheitskreisen hieß es, das mutmaßliche Bekennerschreiben passe ins «Raster». Es sei aber noch unklar, ob es authentisch sei. Indymedia versteht sich als offene Plattform zur freien Verbreitung von Informationen. In der Vergangenheit waren dort im Zusammenhang mit Bekennerschreiben zu Straftaten auch Fälschungen aufgetaucht.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, es sei noch zu früh für Aussagen, ob es einen Zusammenhang zwischen den Angriffen und dem bevorstehenden Gipfel gebe.

Generell sei ein Zusammenhang zwischen den Angriffen und linken Protesten gegen den G20-Gipfel möglich, hieß es aus den Sicherheitskreisen. «Angriffe auf die Infrastruktur passen ins Muster linksextremistischer Mobilisierung vor dem G20-Gipfel.»

Im Raum Leipzig wurden nach Angaben der Bundespolizei seit 2.40 Uhr Brandanschläge auf Kabelschächte und elektronische Stellwerke verübt. Brandvorrichtungen konnten auch unschädlich gemacht werden, bevor sie Schaden anrichteten, wie ein Sprecher sagte. Mit einem Hubschrauber sei aus der Luft nach weiteren Brandorten gesucht worden.

Am Berliner S-Bahnhof Treptower Park wurde vermutlich ein Feuer in einem Kabelschacht gelegt. Der Anschlag führte zu erheblichen Beeinträchtigungen im Berufsverkehr. Mehrere S-Bahn-Linien waren betroffen. Eine Bahn-Aufsicht hatte am frühen Morgen starken Rauch neben den Gleisen bemerkt.

In Hamburg gab es zwei Brände an Zuggleisen, es brannten Kabel neben den Gleisen. Der Zugverkehr auf der Strecke Hamburg-Lübeck war unterbrochen. Nach dem Fund einer herrenlosen Umhängetasche am Hauptbahnhof war zudem der S-Bahn-Verkehr teilweise unterbrochen.

Am Nachmittag teilte die Deutsche Bahn mit, nach den nun abgeschlossenen Ermittlungen an den Brandorten arbeiteten nun Techniker daran die Vandalismus-Schäden zu beseitigen. Der Zugverkehr werde nach und nach wieder aufgenommen. Es gab aber noch Einschränkungen. Die Bahn setzte nach eigenen Angaben zusätzliche Mitarbeiter an den betroffenen Bahnhöfen sowie im Telefon-Service ein.

Es waren nicht die ersten Anschläge dieser Art auf technische Bahnanlagen. Im Mai 2011 war nach einem Feuerangriff auf eine Kabelbrücke am Berliner Bahnhof Ostkreuz ein großer Teil des Nahverkehrs zusammengebrochen. Die Polizei hielt ein im Internet verbreitetes Bekennerschreiben aus der linksautonomen Szene für authentisch. Demnach wollte eine Gruppe mit dem Namen Hekla mit der Aktion gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr protestieren.

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