Besuch aus Deutschland

Inge und Anton kamen aus Hamburg, wo ich sie vor zwei Jahren kennengelernt hatte, und wo sie sich sehr liebevoll um mich gekümmert hatten. Nun war ein Gegenbesuch angesagt:

Zum ersten Mal Thailand, Ängste, Erwartungen und viele Fragen. Was sollte ich ihnen sagen? Sollte ich sie ermuntern, alles zu genießen, was sich ihnen anbietet? Oder sollte ich sie warnen vor all den Gefahren, die hier möglicherweise auf sie warteten? Ich begann, einige Vorteile zu erwähnen: Die Freundlichkeit der Thais, das gute Wetter, Strände, von denen einige sogar richtig, in erreichbarer Nähe, sauber sind, preisgünstige Hotels und nicht zuletzt kulturelle Bauwerke und Tempel.

„Toll!“ sagte Anton, „und wovor müssen wir uns schützen?“

Ich dachte kurz nach: „In der großen Stadt solltet ihr nicht allein in einsame Gegenden gehen.“

„Und?“ - „Nun Gefahren lauern hier genauso wie bei euch zu Hause. Wer sich auf Drogen einlässt, ist hier schlimmer dran als in Deutschland, und was den Sex angeht, so kann ich nur warnen.“

„Das kommt für uns sowieso nicht in Frage“, lächelte Inge.

Ich versuchte, meinen beiden Besuchern die Zeit so angenehm wie möglich zu machen, aber das war nicht ganz einfach. Zu allem Überfluss stürzte Inge mit dem rechten Fuß in ein vom Regen unterhöhltes Loch und brach sich den Knöchel. Vier Tage im Krankenhaus, Gehgips und Krücken. Ihre Krankenkasse zahlte alles. Leider war das Wetter nicht so, wie es normalerweise zu dieser Jahreszeit erwartet wird: Viel Regen, Sturm und Gewitter.

Was sagt man, wenn man hier permanent lebt, zu den Neulingen, um sie zu trösten? „Weltweite Klimaveränderung, Russeninvasion, falsche Zeit, aber nächstes Jahr, ganz bestimmt…“

„Du siehst uns hier bestimmt nicht wieder“, entgegnete Inge mir. Sie fand Pattaya absolut schlimm. „Wie kannst du hier nur leben? Das ist doch…“

„Wie auf Sankt Pauli?“, fragte ich.

„Quatsch. Ganz Pattaya ist doch ein öffentlicher Puff. Zum Kotzen!“

Anton hielt sich ein wenig zurück. Er fand den Nong Nooch-Park sehr schön und das Unterwasser-Aquarium sehenswert. Ich versuchte alles, ihnen die guten Seiten von Thailand und Pattaya zu zeigen. Es war beschwerlich. Ich lud sie in die besten Thai-Restaurants ein, wo das Essen für Inge zu scharf und für Anton zu „lapperig“ war. Die Bettwäsche in ihrem Hotel empfanden sie als schmuddelig und das Lächeln der Thais als verlogen. Eigentlich war der ganze Urlaub für sie eine einzige Enttäuschung.

Vor wenigen Tagen erst, sechs Monate nach ihrer Abreise, fragten sie an, ob sie nicht noch einmal kommen könnten. Erst jetzt haben sie im Reiseführer gelesen, was sie alles versäumt haben. Sollen sie ruhig kommen. Die Stolperfallen in den sogenannten Fußwegen gibt es immer noch. Böse Zungen behaupten sogar, die Krankenhaus-Lobby sei daran interessiert und verhindere ihre Beseitigung.

Aber das nur nebenbei notiert.

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Jürgen Franke 22.03.15 14:59
Besuch aus Deutschland
Super Bericht. Füge nur noch hinzu, dass die Thais sehr laut (Tuktuks extra mit Lautsprecher) und teilweise im Straßenverkehr rücksichtslos sind. Die Bedeutung von Zebrastreifen offensichtlich nicht kennen. Nach Patong würde ich nicht kommen, denn dann kommen einem die Tränen, wenn man sieht, wie das Land verkommt. Zu viele Hotels, teilweise noch nicht fertiggestellt. Schade eigentlich. Bei Polizeikontrollen keine Quittung verlangen, denn das gehört mit zu Einnahmequelle der Polizei. Die können nämlich das Bußgeld behalten. Wusste ich auch noch nicht. Aber sonst ist es sehr schön hier. Ich lebe hier.