Bergdorf beschließt Zuzugsprämie

 Das Dorf Albinen am 30. November 2017. Foto: epa/Cyril Zingaro
Das Dorf Albinen am 30. November 2017. Foto: epa/Cyril Zingaro

ALBINEN (dpa) - Ein paar Hunderttausend Franken wird die Sache wohl kosten. Doch die Prämie eines Bergdorfs für Zuziehende soll sich für alle auszahlen. Sie ist ein Beispiel im Kampf gegen die Abwanderung aus Alpendörfern.

«Demokratie ist doch wunderbar.» Beat Jost, der Gemeindepräsident von Albinen, ist erleichtert. In der Urversammlung des Schweizer Bergdorfs im Wallis segneten am Donnerstagabend die anwesenden 100 Bürger seine Idee mit großer Mehrheit ab: Wer nach Albinen zieht, kann - unter bestimmten Voraussetzungen - mit einem «Willkommensgeschenk» von mindestens 25.000 Franken (21.400 Euro) rechnen. Dank Zulagen für Kinder könnte eine vierköpfige Familie sogar 70.000 Franken Zuzugsprämie einstreichen. Der Griff in die Gemeindekasse soll das malerische Dorf mit seinen insgesamt 240 Einwohnern in der Nähe von Leukerbad vor dem schleichenden Tod durch Abwanderung bewahren.

In der lebhaften Bürgerversammlung hatte Jost eindringlich für die Prämie geworben. Das Dorf bewege sich auf einen Abgrund zu. «Wir haben in den letzten 30 Jahren viel verloren. Von der Post bis zur Schule. Dank einiger Schulkinder haben wir noch die Busverbindung», sagte Jost. Nächstes Jahr werde nur noch ein Kind in Albinen in den Kindergarten und eines in die Grundschule gehen. Mehr als die Hälfte der Bürger seien dann Rentner, sagte Jost laut Liveticker des Newsportals «20 Minuten». Auch dank der Bedingungen für die Prämie rechne sich die Investition für die Gemeinde nach ein paar Jahren, erklärte Jost. Die Voraussetzungen: Interessenten müssen jünger als 45 Jahre sein, in eine Immobilie mindestens 200.000 Franken investieren, im Dorf ihren Erstwohnsitz anmelden und mindestens zehn Jahre bleiben.

Der Vorstoß des Dorfes hat international für Aufsehen gesorgt - und auch manche Neugierige ins Dorf gelockt. Interessenten kamen aus Italien, Brasilien und Kamerun - und manche wollten etwas vorschnell das Geld in einem Koffer gleich abholen. Dass Ausländer ins Dorf ziehen könnten, spielte auch in der abendlichen Diskussion eine Rolle. «Wenn jemand alle Vorgaben erfüllt und aus Argentinien oder China kommt, dann kommt der halt aus Argentinien oder China», sagte ein Einwohner unter dem Applaus der Zuhörer. Nach dem grünen Licht durch die Bürger startet die Gemeinde nun das Verfahren und bereitet entsprechende Formulare vor.

Die Probleme von Albinen mit der Abwanderung sind verbreitet. Die Schließung einer Poststelle sei für sich allein genommen noch nicht unbedingt schlimm, aber wenn auch der Dorfladen schließe, das letzte Restaurant dicht mache und der Doktor nicht mehr zum Hausbesuch komme, könne es dramatisch werden, sagte Thomas Egger, Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), der Nachrichtenagentur sda. Berggemeinden versuchten es deshalb schon mal mit Rabatten für Einheimische im Dorfladen oder verlockenden Tickets für Jugendliche für den öffentlichen Nahverkehr.

Albinen hat zu einer deutlich spektakuläreren Maßnahme gegriffen. Das Ziel: «Wenn wir in fünf Jahren zehn Familien haben und jede hat ein bis zwei Kinder - das wäre eine super Sache», sagte Jost.

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