Bayer will Monsanto-Übernahme sichern

Foto: epa/Oliver Berg
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LEVERKUSEN/LUDWIGSHAFEN (dpa) - Wachsen in der EU-Kommission die Bedenken gegen die Übernahme des Saatgutriesen Monsanto durch Bayer? Auch das Pflanzengift Glyphosat gerät immer stärker in die Kritik. Jetzt versucht Bayer, mit Verkäufen aus dem Agrargeschäft die Regulierer gnädig zu stimmen.

Bayer-Chef Werner Baumann zieht alle Register, um die umstrittene Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto durchzubringen. Mit dem heimischen Rivalen BASF sei eine Vereinbarung zum Verkauf von Geschäften aus der Agrarsparte Crop Science im Wert von 5,9 Milliarden Euro unterzeichnet worden, berichtete der Konzern am Freitag. Damit gehe man aktiv auf Bedenken der Aufsichtsbehörden ein, um einen Abschluss des Monsanto-Deals zu ermöglichen.

Seit der Jahresmitte prüfen unter anderem die EU-Wettbewerbshüter den vielfach kritisierten Zusammenschluss. Im August hatte Kommissarin Margrethe Vestager Zweifel geäußert und eine vertiefte Untersuchung angekündigt. Bis Anfang 2018 will Brüssel abschließend über die Fusion entscheiden. Auch in den USA steht eine Genehmigung noch aus.

Auf dem Weg zu einer erfolgreichen Übernahme von Monsanto könnte der Teilverkauf an die BASF für Bayer ein Befreiungsschlag sein. In den vergangenen Monaten wurde bereits darüber spekuliert, welche Zugeständnisse die Leverkusener machen könnten, um eine Zustimmung zu erhalten. Im großen und ganzen sei das Verkaufspaket vom Umfang her erwartet worden, sagte Volker Braun, Analyst des Bankhauses Lampe.

Betroffen sind Bayer-Geschäfte, die sich mit Monsanto überschneiden. So steht neben dem Pflanzengift Glufosinat mit den dazugehörenden Liberty-Link-Produkten vor allem die gesamte Sparte für Saatgut in Feldkulturen auf der Verkaufsliste. Hierbei handelt es sich um Baumwollsaaten, das Rapsgeschäft in Nordamerika und Europa sowie die Aktivitäten mit Soja-Saatgut. Insgesamt erzielte Bayer 2016 in dem Bereich mit 1.800 Beschäftigten Erlöse von 1,3 Milliarden Euro.

Dass Bayer zügig alle in Frage stehenden Teile in einem Stück abgebe, bezeichnete Analyst Braun als positiv - und der Preis sei angemessen. BASF könne sein Angebot um konventionellen Pflanzenschutz erweitern. Der Vorstandschef der Ludwigshafener, Kurt Bock, sagte: «Mit dieser Investition ergreifen wir die Gelegenheit, äußerst attraktive Geschäftsfelder in wichtigen Feldkulturen und Märkten zu erwerben.»

Auch der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG BCE begrüßten den Schritt. «Beide Unternehmen sprechen in vielerlei Hinsicht dieselbe Sprache und pflegen seit Jahrzehnten die Kultur der Tarif- und Sozialpartnerschaft», erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Michael Vassiliadis. Die Transaktion beinhaltet die Standorte und den Übergang von mehr als 1800 Beschäftigten vor allem in den USA, Deutschland, Brasilien, Kanada und Belgien an BASF.

Doch Kritiker halten dagegen. «Die Konzentration in der Branche bleibt bestehen, weil BASF ebenfalls ein großer Spieler in der Industrie ist», betonte Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft und Gentechnik am Münchener Umweltinstitut. Bayer werde nur marginal kleiner, und die Übernahme von Monsanto rücke so ein Stück näher. «Nachhaltige Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft werden auf der Strecke bleiben», fürchtet Dirk Zimmermann, Experte für nachhaltige Landwirtschaft bei Greenpeace.

Ob sich die EU-Kommission durch die Bayer-Zugeständnisse beeindrucken lässt, ist ebenfalls fraglich. Die Behörde steht unter hohem Druck - es geht auch um ihr Image als Wettbewerbsinstanz, die unabhängig entscheiden will. Und sie hatte sich mit der Genehmigung von zwei Großfusionen am Jahresanfang - ChemChina/Syngenta und Dow Chemical/Dupont - nicht nur Freunde gemacht.

Ungünstig zudem: Die Fusionsprüfung fällt zeitlich zusammen mit der anstehenden Entscheidung in der EU über die Verlängerung der Zulassung für das umstrittene Mittel Glyphosat. Das Pflanzengift, das Monsanto unter der Marke Roundup vertreibt, wollen einige Länder wie Frankreich, Luxemburg und Österreich verbieten. In Deutschland gehört das Ackergift zu den am meisten genutzten Totalherbiziden. Rund fünf Millionen Tonnen des Unkrautvernichters werden jährlich laut einer Studie der Universität Göttingen auf die Felder gebracht.

Doch die Lage ist verworren. Während einige Studien auf Krebsgefahren hinweisen, halten andere wie Analysen der Europäischen Chemikalienagentur ECHA Glyphosat für unbedenklich. Dass dabei Ergebnisse kritiklos übernommen worden sein sollen, sorgt für weiteren Zündstoff. Und so schlägt das Pendel inzwischen zunehmend gegen das Ackergift aus. Sollte Glyphosat in der EU keine Verlängerung erhalten, stünde Bayer nach einer Genehmigung der Monsanto-Übernahme in diesen Ländern womöglich ohne Pflanzengift da.

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