Banale Exoten in diesem Botanischen Garten

Frühlingsblüten in allen Farben sind momentan in Grüningen zu bestaunen

Immer im Frühling blüht der Rhododendron ganz üppig und sehr früh: Auch in Grüningen ist das spektakulär. Fotos: hf
Immer im Frühling blüht der Rhododendron ganz üppig und sehr früh: Auch in Grüningen ist das spektakulär. Fotos: hf

Auf dem Weg nach Brasilien mache ich in meiner Heimatstadt Zürich Station. Und mit meiner Cousine Susi – sie hatte die gute Idee – haben wir in Grüningen einen Botanischen Garten besucht, an der ersten Führung in diesem Jahr teilgenommen. Zwar hat es dort nur wenige exotische Pflanzen im Gewächshaus, aber die Unterschiede zwischen einer „heißen“ und einer „kalten“ Kultur werden sofort klar.

Diese attraktiven Beeren sind wahrscheinlich giftig, doch Vögel können sie trotzdem essen, sie haben kurze Därme.
Diese attraktiven Beeren sind wahrscheinlich giftig, doch Vögel können sie trotzdem essen, sie haben kurze Därme.

Der Botanische Garten in Grüningen, einer hübschen mittelalterlichen Stadt im Zürcher Oberland, ist nur vom 1. April bis zum 31. Oktober geöffnet. Und zufällig war ich gerade in der Gegend, als am Sonntag dem 3. April die allererste diesjährige Führung stattfand. Das Thema waren die Frühlingsboten, die ersten Frühlingsblüten, die von den Bewohnern der Länder mit Jahreszeiten freudig begrüßt werden.

Thais können nicht gut planen, aber...

Wer schon länger in Thailand lebt, dem wird aufgefallen sein, dass unsere lieben Thais nicht vorausplanen können. Sie sind hingegen Meister im Improvisieren, was dann meistens auch ganz gute Resultate liefert. Dieser Mangel an Vorausplanung in tropischen Ländern generell ist auf den Umstand zurückzuführen, dass die Thais (oder Brasilianer) einer „heißen Kultur“ entstammen und wir Farangs kommen demgegenüber aus einer „kalten Kultur“, wo es die vier Jahreszeiten gibt: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Gerne hätten wir auch ein paar Tulpen in den Gärten in Pattaya oder Nong Khai, doch der Import von Tulpenzwiebeln bringt es nicht.
Gerne hätten wir auch ein paar Tulpen in den Gärten in Pattaya oder Nong Khai, doch der Import von Tulpenzwiebeln bringt es nicht.

Da im Winter in solchen Ländern nichts wächst, müssen deren Bewohner planen: Heu für die Kühe bunkern, Esswaren so verarbeiten, dass sie lagerfähig werden. Man denke dabei an die berühmte Witwe Bolte mit ihrem Sauerkohl, an Konfitüren, Rauchwürste und Speckseiten.

Demgegenüber können unsere lieben Thais immer auf eine Banane zurückgreifen, wenn sie ein akuter Hunger plagt, Chilis, Tomaten und grüne Papayas wachsen auch rund ums Jahr, ja fast rund um die Uhr. Die Notwendigkeit der Planung entfällt.

Tulpen brauchen Frost zum Blühen

Chilis sind hier ganz tolle, exotische Gewächse.
Chilis sind hier ganz tolle, exotische Gewächse.

Ganz anders ist es um die Sache in Grüningen bestellt, das 500 Meter über dem Meer liegt. Hier ruht die Natur im Winter, stirbt gewissermaßen einen jährlichen Tod. Nur winterharte Pflanzen überleben den Kälteschock. Die meisten werfen ihre Blätter ab und gehen in die innere Emigration. Doch dann im Frühling, der hoffnungsfrohen Zeit, fangen sie zu Blühen an, oft noch bevor sie Blätter bilden. Besonders Pflanzen die windbestäubt werden, müssen enorme Mengen von Pollen bilden, damit die Befruchtung gelingt und Blätter wären da nur im Weg. Das haben wir bei unserem Besuch im Botanischen Garten von Grüningen gelernt.

Gewisse Tulpen blühen dort momentan schon, andere kommen demnächst. Gerne hätten wir auch ein paar Tulpen in den Gärten in Pattaya oder Nong Khai, doch der Import von Tulpenzwiebeln bringt es nicht: Die brauchen nämlich unbedingt Frost, sonst machen sie rein gar nichts, so dass wir unsere tropischen Tulpenpläne glatt vergessen können und sie halt in Europa bewundern müssen.

Umgekehrt kann man im Gewächshaus des Botanischen Gartens von Grüningen Papaya und Chilis bewundern, die in Thailand eher als banal gelten.

Und – keine Angst -, wem dieser Abstecher in die „kalte Kultur“ zu kalt war, in der nächsten Folge berichte ich aus dem berühmten Botanischen Garten von Rio de Janeiro, also aus gewohnten, aus heißen Gefilden.

Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an hansfritschi1957@gmail.com oder besuchen Sie seine Webseite www.discovery-garden.net oder Facebookseite.

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